Gemeinderat,
45. Sitzung vom 26.03.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 92 von 106
merken, nicht gleich, weil da sind dann immer noch
ein paar alte Zahlen angeführt, aber über kurz oder lang wird er wieder dünner
und weniger aussagekräftig werden. Nach den Wiener Stadtwerken, schon vor mehr als
zehn Jahren, dem Krankenanstaltenverbund, Wiener Wohnen, dem breiten Bereich
des Fonds Soziales Wien kommt jetzt Wien Kanal, eigentlich in einer Nacht- und
Nebelaktion, in Form einer Unternehmenswerdung daher. Zumindest 80 Seiten
des Wiener Budgets, des Budgetvoranschlages und des Rechnungsabschlusses wurden
in den vergangenen zehn Jahren eliminiert. Mit dieser Eliminierung der
80 Seiten erfolgte gleichzeitig eine politische Beschneidung des
Gemeinderates, was Mitsprachemöglichkeiten und demokratische Kontrolle
betrifft.
Jetzt kommt es wahrscheinlich nicht von ungefähr und
man muss im Nachhinein sagen, der ehemalige Finanzstadtrat Rieder ist auf dem
besten Wege, seine Pläne von vor zwei Jahren jetzt noch in die Tat umzusetzen.
Denn es war StR Rieder, der vor zwei Jahren gesagt hat, eigentlich ist es sein
Ziel, den Kanal und die Müllentsorgung auszugliedern. (Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Das wird nicht stattfinden!) Diese
Unternehmenswerdung - ich sage das ganz bewusst - ist dermaßen überraschend
hereingebrochen - mit Ausnahme der Diskussion im zuständigen Ausschuss gab es
vorher keine Gespräche mit den anderen Parteien darüber, wie das zu sehen ist,
ob das als sinnvolle Maßnahme zu Interpretieren ist -, dass dieser
Unternehmenswerdung wahrscheinlich ein einziger Grund vorausgeht. Es geht
zunächst einmal um eine klassische Abtrennung aus dem Gesamtbudget, mit dem
Ziel, über kurz oder lang Wien Kanal generell auszugliedern und StR Rieder zu
folgen, wenn es bei Wien Kanal erfolgreich ist, denn es pfeifen die Spatzen von
den Dächern, es geht im Müllbereich weiter.
Ulli Sima, du schüttelst den Kopf! Du hast auch bei
Wien Kanal den Kopf geschüttelt und jetzt sind wir bei der Unternehmenswerdung.
(Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Es ist eine Unternehmung!) - Eine Unternehmung der Stadt Wien,
vergleichbar mit dem Krankenanstaltenverbund, vergleichbar mit Wiener Wohnen. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das ist kein
Unternehmen!) Wir bekommen tagtäglich mit, um wie viel die
Mitsprachemöglichkeit und die Kontrollmöglichkeit selbst bei den Unternehmungen
der Stadt Wien, wie Krankenanstaltenverbund und Wiener Wohnen, eingeschränkt
ist. Das ist eine Problematik, mit der man sich einmal gezielt
auseinandersetzen müsste. Wenn aber die Sozialdemokratische Fraktion keinen
Wert darauf legt, darüber die ernsthafte Diskussion mit der Opposition zu
suchen, dann kann sie beim besten Willen auch nicht erwarten, dass wir in
dieser Situation zustimmen.
Leider wurden wir, gerade, was Entwicklungen
betrifft, die wir als GRÜNE prognostiziert haben, wie sie eintreten werden,
nicht ernst genommen. Dabei geht es jetzt nicht um Cross Border Leasing, wo es
im Übrigen nach wie vor offen ist, was der Vertrag über Cross Border Leasing
für das Kanalnetz bedeutet, wo wir nach wie vor keine Informationen über die
Risikoabschätzung des bestehenden Cross-Border-Leasing-Vertrages im Kanalnetz
erhalten. Darum geht es gar nicht. Aber mit den Einschätzungen bezüglich Cross
Border Leasing haben wir recht gehabt, wie mit vielen anderen Einschätzungen,
zum Beispiel, zu welchen Folgen geplante Ausgliederungen, wie beim FSW, führen.
Wir befürchten, und ich sage ganz offen, es ist der
zentrale Grund, warum wir diese Unternehmenswerdung ablehnen, dass das
lediglich der erste Schritt für eine weitere Ausgliederung ist, dass es
lediglich ein Vorbereitungsschritt für eine Ausgliederung des Müllbereiches ist
(Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Das findet
nicht statt!) und dass es Ihr Ziel ist, und das bedaure ich zutiefst, denn sonst
hätten Sie das Gespräch gesucht, immer mehr zentrale Bereiche der öffentlichen
Verwaltung, der öffentlichen Daseinsvorsorge der demokratischen Kontrolle des
Gemeinderates zu entziehen. Das halten wir für falsch! Daher lehnen wir den
vorliegenden Akt ab. - Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster am Wort ist Herr GR Dipl-Ing Stiftner.
GR Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Schönen guten Abend, Frau Vorsitzende! Frau Berichterstatterin!
Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir unterhalten uns heute hier über ein
Geschäftsstück, das nur bei näherem Hinsehen eigentlich als Vorbedingung für
eine Ausgliederung der MA 30 erkennbar ist. Genauso verschämt, wie sie nun
die Erweiterung der Teilrechtsfähigkeit der MA 30 anpreisen, genauso
versteckt und gemauschelt hat sich eigentlich die ganze Geschichte der
Ausgliederung der MA 30 in den letzten Wochen und Monaten bewegt. Wir
haben es wieder einmal mit einem Ablenkungsmanöver zu tun, das aus meiner Sicht
gar nicht notwendig ist. Man kann aus ideologischen Gründen für oder gegen
Ausgliederungen sein, aber warum man sich dann zu einem solchen Projekt nicht
gleich bekennt und das dann klar und deutlich sagt, entzieht sich eigentlich
meiner politischen Überlegung. Denn in jedem Fall ist das ein Zick-Zack-Kurs,
den Sie, Frau Stadträtin, hier gefahren haben und den man eigentlich nicht
goutieren kann!
Um Ihnen ein bisschen, weil Sie es
ja gleich negieren werden, auf die Sprünge zu helfen, habe ich mir eine kurze
historische Rückblende zusammengestellt, die es, glaube ich, trotz der späten
Stunde wert ist, hier noch einmal in Erinnerung gerufen zu werden. Kurz vor dem
Abgang war es nämlich dem damals scheidenden VBgm Rieder - das ist heute schon
vom Kollegen Maresch angesprochen worden - vorbehalten, Vorschläge zur
Ausgliederung der MA 30 zu machen. Da gab es natürlich große Dementis
seitens der SPÖ-Fraktion und weitergegangen ist diese Dementipolitik, als dann
in einer Debatte erneut die Frage gestellt worden ist, ob denn nicht irgendwo
privatisiert werden soll. Da hat die Frau Stadträtin für Umwelt in einem
Redebeitrag am 23. Juni 2008 wörtlich formuliert - ich habe mir das
herausgesucht -, das ist ein Zitat: „Was die MA 30 betrifft, kann ich
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