Gemeinderat,
43. Sitzung vom 29.01.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 70
darauf schauen, dass
künftig langfristige Verträge erstens zwischen Russland und der Ukraine und
zweitens zwischen der EU und den betreffenden Ländern da sind, die durchsetzbar
sind und die dann garantieren, dass das Gas von dort kommt.
Aber, wie gesagt,
hundertprozentige Sicherheit gibt es nie. Deshalb gebe ich dem Kollegen
Stiftner recht: Man braucht auch Nabucco, das ist eine zusätzliche Sicherheit.
Auch dort kann etwas passieren, aber dass überall gleichzeitig etwas passiert,
bei allen Quellen, die es irgendwo gibt, ist relativ unwahrscheinlich. Insofern
geht es eben so, dass man so viel wie möglich diversifizieren muss. - Das
einmal dazu.
In Wien haben wir es, wie
gesagt, durch große Speichermengen und den Zugriff darauf gut im Griff gehabt,
und wir haben zu den Spitzenzeiten morgens und abends den hohen Verbrauch
erfolgreich bewältigt. Wir haben - das hat teilweise Kollege Ekkamp schon
gesagt - freiwillige Maßnahmen von Wien Energie auf verschiedensten Ebenen, die
weiterhin wichtig sind.
Zu den Zahlen:
48 Prozent im Wiener Raumwärmemarkt sind wirklich aus Erdgas - also etwa
die Hälfte, das ist relativ viel -, 34 Prozent sind Fernwärme,
4 Prozent Stromheizung und der Rest anderes. Von den Erdgaslieferungen
nach Österreich ist gut die Hälfte aus Russland, 17 Prozent sind
Inlandsförderung, 13 Prozent aus Norwegen. Natürlich würde ich mir mehr
aus Norwegen wünschen, aber das geht eben nur bis zu einem gewissen Grad. Zu
sagen, wir treiben nur Handel mit den besten und schönsten Demokratien, wo
überall die Menschenrechte gesichert sind, das würde eben heißen, man hat
relativ wenige Partner und kann sicher nie alles sichern.
Deshalb müssen wir die
Welt nehmen, wie sie ist, und natürlich auch die Leitung durch die Ostsee
bauen. Ich habe das angesprochen: Natürlich braucht Europa auch das durch die
Ostsee, und das sollte nicht verhindert werden, weil das Problem ja, wie ich
gesagt habe, primär nicht Russland ist, sondern die ukrainische Leitung. Wenn
die Leitung dort oben verläuft und es zusätzlich noch mehr Nord-Süd-Leitungen
gibt - von denen es auch zu wenige gibt -, dann wäre das weiter verbessert.
Aber natürlich bin ich
absolut dafür, dass wir vom Gas unabhängiger werden, dass wir von den fossilen
Energieträgern unabhängiger werden. Die Bundesregierung hat jetzt einen Plan
aufgestellt, dass der Anteil an nachhaltiger Energie von derzeit
23 Prozent auf künftig 35 Prozent der Gesamtsumme perspektivisch
angehoben wird. Das ist realistisch, das ist machbar, und das heißt, es sind
dann 12 Prozent weniger.
Wir in Wien wollen unseren
Beitrag dazu leisten, und da ist ein wichtiger Schritt natürlich der, dass wir
im Wohnbereich schon sehr, sehr viel geleistet haben. StR Ludwig und auch seine
Vorgänger haben außerordentlich viel beim Thewosan gemacht, eben auch bei der
Niedrigenergiebauweise und natürlich auch bei den Passivbauten. Ich halte
nichts davon, dass man 70 Prozent Passivbauten per Gesetz verordnet, das
ist unrealistisch und wäre auch nicht möglich. Aber ich bin sehr dafür, dass
die Niedrigenergiebauweise und die Niedrigstenergiebauweise sozusagen
flächendeckend sind und Standard werden und dass es zusätzlich auch relativ
viele Passivbauten gibt.
Das ist, glaube ich, das Richtige. Es ist natürlich
bei den Passivbauten – der Herr Bürgermeister hat es gesagt - manches noch
unsicher, manches noch nicht ausreichend erforscht; dazu kommt, dass auch noch
nicht alle Leute dort hinein wollen. Mir hat übrigens unlängst der
Bürgermeister einer mittelgroßen Stadt in der Steiermark gesagt, sie haben dort
Passivbauten errichtet, aber die bekommt er jetzt nicht voll, weil die Leute
das einfach nicht wollen. In Wien haben wir zum Glück 1,7 Millionen
Einwohner, wobei es derzeit wirklich kein Problem ist, dass wir für die, die es
wollen, genug Passivbauten haben. Und wir werden das auch weiter fortsetzen.
Dieses Projekt der Passivbauten ist gut und wird
weiter fortgesetzt, aber im realistischen Rahmen und nicht in einem völlig illusionären
Rahmen. Denn eines ist auch klar: Dass man von einem normalen Bau mit einer
normalen Dämmung auf ein Niedrigenergiehaus oder Niedrigstenergiehaus geht, ist
ökonomisch relativ leicht schaffbar und bringt einen sehr großen ökologischen
Effekt. Mit dem nächsten Schritt quasi, vom Niedrigstenergiehaus zum
Passivhaus, hat man ökologisch relativ wenig Gewinn, aber einen sehr großen
zusätzlichen ökonomischen Aufwand.
Das heißt, dass es ökonomisch und ökologisch gar
nicht sinnvoll wäre, in einer Millionenstadt im mehrgeschoßigen, im
hochgeschoßigen Bau wirklich flächendeckend Passivbauten zu errichten. Das wäre
nach derzeitigem Stand der Wissenschaft und der Technik nicht sinnvoll - das
muss man auch einmal ganz eindeutig sagen. Wir gehen daher hier in Wien, wie in
den meisten Dingen, den goldenen Mittelweg. (Beifall bei der SPÖ. – GR Heinz
Hufnagl: Wir stehen dazu!)
Jetzt könnte ich noch aufzählen, wie viele
Passivhäuser - das habe ich hier noch alles genau aufgelistet. Die Kosten für
die Errichtung der Passivhäuser liegen derzeit aber noch deutlich höher als bei
der Niedrigenergiebauweise - das habe ich auch bereits gesagt -, und es ist
auch so, dass wir natürlich die soziale Dimension im Wohnbau im Auge behalten
wollen. Irgendwo schneidet sich das nämlich dann: Bis zu einem gewissen Grad
kann man ökologisch und sozial verbinden; doch wenn man sozusagen per
Verordnung oder per Gesetz oder per Förderrichtlinie alles ausschließlich auf
Passivhaus hin orientieren würde, dann würde das zwar bedeuten, dass man mehr
Passivhäuser hätte, dass man andererseits aber weniger Neubauten errichten und
weniger sozusagen normal auf Niedrigenergiehäuser sanieren könnte. Das heißt,
man würde die Wohnungsnot, die es derzeit de facto nicht gibt, wieder
einführen, man würde soziale Spannungen erzeugen, und man würde für die sozial
Schwächeren eine Verschlechterung herbeiführen. Und dafür geben sich die
Sozialdemokraten sicher nicht her! (Beifall bei der SPÖ.)
Nur, weil ich mir das
„ausgegraben" habe: Es ist auch
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