Gemeinderat,
43. Sitzung vom 29.01.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 70
ja auf die Stadt Wien umfangreiche Klagen zukommen
können, und da insbesondere John Hancock einer jenes Drittels von Investoren
ist, die dieses Vergleichsangebot nicht angenommen haben, während zwei Drittel
der Investoren es angenommen haben. John Hancock war auch einer der Ersten, der
sofort bei einem technischen Fehler geklagt hat und versucht hat, sein Geld
durch eine vorzeitige Beendigung des Cross-Border-Leasing-Vertrages
zurückzuerhalten.
Daher meine Frage: Wurde seitens der Stadt Wien mit
dem Investor Kontakt aufgenommen, um die Cross-Border-Leasing-Transaktionen
vorzeitig zu beenden? Und wenn ja, unter welchen Bedingungen?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Frau Vizebürgermeisterin!
VBgmin Mag Renate Brauner: Ich kann
diese Begrifflichkeiten nur auf einen morgendlichen jugendlichen Überschwang
zurückführen. Ich persönlich habe mir für heute vorgenommen, eine höfliche und
zurückhaltende Position einzunehmen, um das, was ich für richtig halte, selbst
zu erfüllen, dass man nämlich über wirtschaftliche Fragen und Steuerfragen sachlich
diskutieren und sich nicht selbst in einen Wirbel hinein steigern soll, der
damit endet, dass man am Schluss selber glaubt, dass man eigentlich den
Wirtschaftsnobelpreis verdient hätte. Das scheint hier nämlich, nach dem, was
ich da gehört habe, der Fall gewesen zu sein! Daher werde ich versuchen, auch
diese Frage sachlich zu beantworten.
Nichtsdestotrotz möchte ich solche Begrifflichkeiten
entschieden zurückweisen. Die Rahmenbedingungen, unter denen dieses Cross
Border Leasing stattgefunden hat, waren damals rechtens. Es bestand die
Möglichkeit, steuerliche Vorteile zu lukrieren. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu
sorgen, dass die Wiener und Wienerinnen wirtschaftlich die bestmöglichen
Rahmenbedingungen vorfinden, und das ist geschehen.
Ansonsten kann ich Ihnen nur sagen, dass unsere
Experten und Expertinnen im Zuge des laufenden Vertragsmanagements sowohl die
Entwicklungen auf dem Finanzmarkt permanent beobachten, als sich auch immer
alle vertraglichen Handlungsoptionen offen halten, unter denen bei gegebenen
Umständen auch eine vorzeitige Vertragsauflösung wirtschaftlich sinnvoll
erscheinen kann. Die Kosten einer solchen Vertragsauflösung sind ganz
unterschiedlich und überhaupt nicht bezifferbar. Insofern ist über diese
Beobachtung und Offenhaltung aller Optionen hinaus keine Initiative gesetzt
worden.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Frau
Vizebürgermeister! Ich danke für die Beantwortung der 2. Frage.
Die 3. Frage (FSP –
00229-2009/0001 – KVP/GM) wurde von Herrn GR Dr Franz Ferdinand
Wolf gestellt und ist an den Herrn Bürgermeister gerichtet. (Die jüngsten rechtfertigenden Aussagen des
Wiener Gemeinderatsmitgliedes Dipl-Ing Omar Al-Rawi zu den verhetzenden
Äußerungen eines Wiener Imams über den aktuellen Gaza-Krieg missachten das
tragische Leid der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten des Konfliktes,
beschädigen das Ansehen der Gemeinde Wien insgesamt und belasten das Verhältnis
der Stadt zu ihren jüdischen Mitbürgern. Werden Sie angesichts dieser Aussagen
eine Klarstellung der Position der Stadt Wien in dieser Angelegenheit treffen?)
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Gemeinderat!
Ganz nachvollziehen kann ich es nicht, wenn ein
Gemeinderat den Wiener Bürgermeister über die Meinung eines anderen
Gemeinderates befragt! Es könnte ja dann irgendeinmal jemand auf die Idee
kommen, mich über Ihre Meinungsäußerungen zu fragen und ich glaube, Sie hätten
es auch nicht so gern, wenn ich das kommentiere!
Wie dem auch immer sei. Ich möchte nur der Form
halber festhalten: Sie können ganz sicher sein, dass der Ruf und das Image der
Stadt Wien nicht von der Meinungsäußerung eines einzigen Gemeinderates abhängig
sind! Darüber bin ich gelegentlich auch sehr froh, das verhehle ich nicht,
Stichwort: Wien darf nicht Chicago werden!
Wir haben jedoch, gerade was die Aktivitäten in
diesem Bereich betrifft, einen ganz ausgezeichneten Ruf, und das hängt vielfach
mit dem zusammen, was wir real tun, etwa das Leisten von Hilfestellungen bei
der Errichtung gemeinsamer Schulen oder gemeinsamer Krankenhäuser, wobei sich
auch andere namhafte Österreicher entsprechend finanziell engagiert haben.
Darauf beruht der sehr gute Ruf der Stadt Wien. Im Hinblick darauf möchte ich
darauf hinweisen, das dieser Ruf mit Sicherheit nicht durch wie auch immer
geartete Äußerungen eines Einzelnen gefährdet werden kann.
Meine Haltung dazu habe ich geäußert. Ich habe es
vorher angedeutet. Es ist überhaupt keine Frage, dass eine derartige Kritik an
Israel aus meiner Sicht völlig unzulässig ist. Ich bin zwar nicht der Auffassung,
dass die Politik irgendeines Staates, auch nicht des Staates Israel, der
Vereinigten Staaten oder auch Österreichs sich im demokratiefreien Raum
abspielt und sakrosankt ist. Selbstverständlich unterliegt man in der
Demokratie der Kritik, und es ist auch zulässig, die Politik des Staates Israel
zu kritisieren, so wie auch jene anderer Staaten. Die Meinung, die jedoch in
diesem Zusammenhang geäußert wurde, ist nicht akzeptabel. Es handelt sich
nämlich diesfalls nicht um Kritik, sondern um eine durchaus bösartige
Beschimpfung, die auch von der Wortwahl in keinster Weise zu akzeptieren ist.
Ich selbst habe dazu auch eine Aussendung auf der
Basis der UNO-Resolution gemacht, die sich auf die sofortige Herbeiführung
eines Waffenstillstandes und die Öffnung der Grenzen für humanitäre Zwecke und
Nahrungszulieferung bezieht. Man kann nämlich offensichtlich einen Haufen
Kassamraketen nach Gaza hinein schmuggeln, jedoch keine Nahrungsmittel oder
Medikamente. Da besteht auch für mich ein gewisser Widerspruch. – Ich
plädiere also für eine Öffnung der Grenzen und die Aufnahme von
Friedensverhandlungen auf der Basis des seinerzeit unter Clinton ausgehandelten
Friedensabkommens.
Völlig unbestreitbar ist auch
unsere Position, dass wir
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