Gemeinderat,
38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 73 von 106
absolut die Verpflichtung bestehen, einen
Schienenersatzverkehr einzurichten. Es ist doch nicht möglich, dass erst nach
mindestens 24 Stunden ein Schienenersatzverkehr gewährleistet ist! Dann
würde es zum Beispiel 24 Stunden überhaupt keinen öffentlichen Verkehr bis
Unterpurkersdorf geben. Das kann es wohl nicht sein! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich bin von der Ausbildung her Jurist und weiß auch,
wie man als i-Tüpferl-Reiter einen Vertrag negativ auslegen könnte. – Zur
Pünktlichkeit und Einhaltung des Fahrplanes im Bereich des Qualitätsmanagements
heißt es, dass Fahrplanabweichungen aus Gründen, welche die ÖBB
Personenverkehr AG nicht zu vertreten hat, nicht als Unpünktlichkeiten
gelten. – Wissen Sie, was das heißt, meine Damen und Herren? Das heißt,
wenn die ÖBB Infrastruktur Betrieb AG, die nicht identisch mit der ÖBB
Personenverkehr AG ist, dafür verantwortlich ist, dass auf der Schiene
eine Baustelle eingerichtet wird und somit nicht pünktlich gefahren wird, dann
trifft das Unternehmen kein Verschulden. Das muss nicht einmal angezeigt oder
näher erklärt werden. Das ist i-Tüpferl-Reiterei! Die meisten Leute wissen
nämlich ohnedies nicht, dass die ÖBB filetiert ist und dass das, was für die
Personenverkehr AG zutrifft, nicht für die Infrastruktur Betrieb AG
zutrifft.
Meine Damen und Herren! Ich meine, da sollte man
schon ein bisschen genauer sein, damit die KundInnen der ÖBB nicht ihre Wunder
erleben. So haben wir etwa jetzt schon erlebt, dass die ÖBB verkündet haben,
dass 95 Prozent ihrer Züge immer pünktlich sind. Wenn man sich auf der
Anzeige auf dem Westbahnhof allerdings die Ankunftszeiten ansieht, dann stellt
man fest, dass 95 Prozent der Züge verspätet sind. Wie passt das
zusammen? – Das ist dadurch zu erklären, dass die ÖBB sagen, dass alle
Verspätungen unter zehn Minuten keine Verspätungen sind. Daher gibt es laut ÖBB
nur so wenige Verspätungen!
Meine Damen und Herren! So kann man Statistiken und in
der Folge Verkehrsdiensteverträge auslegen, und so kann man Qualitätsmanagement
betreiben. Ich meine, das sollte man wirklich viel genauer definieren, damit
der Kunde wirklich ernst genommen und nicht, so wie früher, nur als
Beförderungsfall gesehen wird.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, damit habe ich
den Verkehrsdienstevertrag erschöpfend behandelt. Ich bitte Sie, dass Sie beim
nächsten Verkehrsdienstevertrag die Bestimmungen genauer fassen und vor allem
auch hinterfragen, ob das, was Sie mit der ÖBB vereinbart haben, wirklich dem
entspricht, was im Text steht. Und ich bitte meinen Nachredner von der SPÖ noch
um diesbezügliche Aufklärung. Ich hoffe, er kann sie geben! Wenn nicht, dann
möge er bei den magistratischen Dienststellen nachfragen, was tatsächlich
vereinbart wurde, damit wir hier eine konkrete Information bekommen.
Ich möchte diesen Tagesordnungspunkt aber auch noch
dazu benutzen, um ein paar andere Punkte, die im Verkehr in den letzten Wochen
angefallen sind, mit ein paar Anträgen zu untermauern.
Erstens zu den Fahrradunfällen, die es gegeben hat:
Ich bin sehr dankbar, dass das auch schon von einigen Medien aufgegriffen
wurde. Wir wollen aber auch hier festhalten, dass es wichtig ist, dass wir in
der Stadt einen Dialog zwischen allen Verkehrsteilnehmern führen. Man kann von
Seiten der Stadt nicht immer nur einen separaten Dialog mit den Radfahrern, mit
den Autofahrerverbänden und mit dem Fahrgastbeirat der Wiener Linien et cetera
führen. Ich glaube, dass es notwendig wäre, dass wir uns in regelmäßigen
Abständen, eventuell einmal im Halbjahr oder im Quartal, im Rahmen eines
Dialogforums „Öffentlicher Verkehr" – wie ich es letztes Mal genannt
habe – zusammensetzen, in dem
alle Verkehrsteilnehmer zusammenkommen und die anstehenden Probleme besprechen.
Ich bin in der Wortwahl vollkommen offen und bin auch
für jeden anderen Vorschlag dankbar. Wichtig erscheint mir dabei, dass wir alle
Verkehrsteilnehmer zusammenkommen lassen und Lösungen in den verschiedenen
Punkten finden, die von den verschiedenen Verkehrsteilnehmern angesprochen
werden, damit es nicht mehr zu solchen Unfällen kommen kann.
Ich bringe daher folgenden Antrag ein: Die
zuständigen Stellen der Stadt Wien werden aufgefordert, in Zusammenarbeit mit
den Wiener Linien ein Wien-weites Diskussionsforum „Öffentlicher Verkehr“ zu
installieren, das den Wienerinnen und Wienern ermöglicht, an der Gestaltung des
öffentlichen Verkehrs aktiv mitzuwirken. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Es gibt eine neue Studie der Planungsgemeinschaft
Ost, die am kommenden Montag nun auch in der Stadtentwicklungskommission
behandelt wird, aus der hervorgeht, dass es eine besondere Zunahme des
grenzüberschreitenden Straßenverkehrs im Zeitraum 1995 bis 2008 gibt, was an
der Wiener Stadtgrenze bedeutet, dass wir ein zusätzliches Wachstum an
grenzüberschreitendem Verkehr nach Wien herein von 1995 bis 2008 um
25 Prozent haben. – Ich glaube, das ist der beste Beweis dafür, dass
die Stadt Wien endlich mit ihrer isolierten Verkehrspolitik innerhalb Wiens
Schluss machen und über Wien hinaus denken muss! Ich glaube, es muss Schluss
damit sein, dass U-Bahnen grundsätzlich immer an der Stadtgrenze enden. Die
Wiener Stadtgrenze soll keine Grenze für die öffentlichen Verkehrsmittel sein,
sondern man soll sich darüber hinaus in einem geordneten Ausmaß bewegen können.
Wir wissen, dass dieser grenzüberschreitende
Straßenverkehr zu einem Großteil im motorisierten Individualverkehr
stattfindet. Wir müssen daher gegenteilige Maßnahmen setzen, nämlich den
öffentlichen Verkehr hier ganz besonders ausweiten. Es muss mehr öffentlichen
Verkehr über die Stadtgrenze hinweg geben. Diesbezüglich müssen wir gemeinsam
mit Niederösterreich, dem Burgenland, aber auch mit der Slowakei und mit
Tschechien verhandeln.
Daher bringen wir in diesem
Zusammenhang noch einmal unseren Antrag auf Intervallverdichtung zwei, drei
vier ein. Das heißt, es soll alle zwei Minuten eine
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular