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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 106

 

GR Dr Helmut Günther (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich kann Kollegen Tschirf nur recht geben, denn das, was Kollege Strobl jetzt gesagt hat, hat er heute Vormittag bei der Aktuellen Stunde auch schon gesagt, nämlich dass das schon im Finanzausschuss besprochen worden sei. (GR Dr Matthias Tschirf: Dadurch wird es nicht richtiger!)

 

Es stimmt schon, dass dort einiges angedeutet wurde. Es besteht aber ein Unterschied, Herr Kollege, ob ein Finanz- oder Wirtschaftsgipfel unter Vorsitz des Bürgermeisters durchgeführt wird oder ob man unter Ausschluss der Öffentlichkeit unter dem Punkt „Allfälliges“ ein paar Fragen stellen darf! Mehr war es nämlich nicht!

 

Natürlich kann der Finanzdirektor jede Antwort geben und gibt sie auch. Ich habe ja auch nicht gesagt, dass wir vom Finanzdirektor jemals schlecht informiert worden wären. Aber dafür, dass Tschirf verlangt, dass die Probleme in Wien proaktiv von Ihnen in Angriff genommen werden sollen, habe ich sehr wohl Verständnis! Und ich verstehe auch die andere Oppositionspartei, wenn sie kritisiert, dass nichts gesagt wird, damit ja keiner etwas erfährt. Ich werde dann noch einmal zu diesem Thema zurückkommen.

 

Herr Molterer hat wenigstens alle informiert. (GR Kurt Wagner: Worüber?) Worüber? – Genau über den Status des Bundes! Aber ich stehe nicht da, um den Finanzminister zu verteidigen!

 

Ich kann mich mit dem Bankenpaket des Bundes auch nicht ganz identifizieren, obwohl ich es für richtig halte. Dazu muss man sagen: Kollege Margulies hat hier den Teil der Erste Bank besprochen. Die Erste, die sich jedoch überhaupt gerührt hat, um Geld vom Bund zu bekommen, war die Kommunalkredit AG. Im Hinblick darauf frage ich mich, wie das Ganze zustande gekommen ist. – Die Kommunalkredit AG wurde in der Zeit der SPÖ-Alleinregierung Anfang der 70er Jahre zur Finanzierung von Städten, Ländern und Gemeinden im Infrastrukturbereich ins Leben gerufen. Das ist eine wichtige Aufgabe, der sie meist über Banken als Kreditgeber und Zuschussgeber et cetera nachgekommen ist.

 

Die Kommunalkredit ist in den letzten Jahren intensiv gewachsen und hat auch eine andere Besitzerstruktur angenommen. Knapp über 50 Prozent der Anteile hält die Volksbank und 49 Prozent der Anteile die Dexia, eine belgisch-französische Bank, und nur mehr 0,22 Prozent der Gemeindebund. Sie hat ihre Aktivitäten sehr stark in die östlichen Länder verlegt. Interessant ist, dass die Dexia auch schon intensive Probleme hatte und in Frankreich und Belgien bereits insgesamt 6 Milliarden EUR in die Dexia gepumpt wurden. Bei den Krisen, die es bei unseren östlichen Nachbarn jetzt gegeben hat, hat die Kommunalkredit eher den Teil westlich von Österreich bedient und die Dexia den Teil östlich.

 

Etwas verstehe ich nicht: Beim Abschluss 30.6.2008 hatte die Kommunalkredit noch einen Eigenmittelanteil von 13 Prozent. Der Mindestanteil liegt bei 4 Prozent. Was hat die Kommunalkredit AG also getan, dass sie unter 4 Prozent gesunken ist, denn ansonsten dürfte sie an sich nicht beim Finanzminister um Unterstützung vorstellig werden. Solange sie über dieser Marke liegt, ist das nicht möglich. Es wäre also durchaus interessant herauszufinden, was zwischen 30.6.2008 und heute geschehen ist, dass die Kommunalkredit, die mit einem sehr positiven Eigenmittelanteil ausgestattet war, jetzt die Notwendigkeit hat, zum Finanzminister zu gehen und um Unterstützung zu werben. – Wir werden sehen, wie das weitergeht! Diese Fragen wird der Finanzminister gewiss auch stellen.

 

Nun noch einmal zu der neuen Bankeneinrichtung: Diese sollte ein Teil der ÖIAG werden. Wirklich interessant daran sind zwei Punkte. Das wurde schon lange angekündigt, bis jetzt hat es zwar noch keine Hilfe gegeben, aber es gibt eine Struktur, und diese ist wiederum – obwohl es noch keine Regierung gibt – hervorragend großkoalitionär ausgestattet. Es gibt einen Vorstand, und der Vorstandsvorsitzende ist der ehemalige Gouverneur der Nationalbank Liebscher, ÖVP, und sein Stellvertreter ist Direktor Walla, ebenfalls Ex der Nationalbank, SPÖ.

 

Dann gibt es einen Aufsichtsrat. Als Aufsichtsratsvorstand war zuerst Mitterbauer im Gespräch. Jetzt ist es Veit Sorger, der Chef der Industriellenvereinigung, ÖVP. Und sein Stellvertreter, den man noch eine ganze Zeit überreden musste, ist ein Getreuer des zukünftigen Herrn Bundeskanzlers, nämlich Androsch, der das durchaus kritisch betrachtet hat.

 

Interessant dabei ist, dass die zukünftig regierungsstärkere Partei immer nur die Stellvertreter stellt und nicht die Vorsitzenden dieses Ausschusses. Und in Wirklichkeit gibt es ein Gremium im Finanzministerium, das aus sechs oder sieben Leuten besteht, das über alles Vorberatungen abhält. Das heißt, der Bereich, der ausgelagert und der ÖIAG untergeordnet ist, darf dann nachvollziehen, was zuerst im Finanzministerium beschlossen wurde. Es wird spannend sein, wer der nächste Finanzminister ist und welcher Fraktion er angehört!

 

Meine Damen und Herren! Mit einem Thema haben wir uns heute noch überhaupt nicht befasst, und zwar mit dem furchtbaren Pfusch, den es in den letzten Monaten rund um die AUA gegeben hat. Es hat einen neuen Vorstand gegeben, und man hat gesagt, dass in der AUA vieles repariert und redimensioniert werden muss. Man hat dort zirka 1 000 Mitarbeiter entlassen, und man hat die einzig guten Maschinen der AUA, nämlich die Airbusse, die verhältnismäßig wenig Treibstoff brauchen, verkauft. Unter den 1 000 Leuten, die entlassen wurden, befanden sich Piloten, die man zuerst mit einem Golden Handshake verabschiedet und dann wieder zurückgeleast hat, weil man sie gebraucht hat.

 

Ende des Vorjahres hat der Generaldirektor erklärt: Die AUA ist saniert. Anfang des heurigen Jahres beziehungsweise im Frühjahr des heurigen Jahres hat es geheißen: Saniert ist sie nicht, und wir brauchen einen strategischen Partner, weil wir uns sonst auf dem Weltmarkt nicht halten können. Das hat noch jeder in Österreich eingesehen, und der fachlich zuständige Minister Faymann hat zugestimmt, aber gesagt, dass wir eine

 

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