Gemeinderat,
37. Sitzung vom 01.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 72
Kindergartengruppen, die einfach keine Fachkräfte drinnen haben, die Sondergenehmigungen bekommen. Das muss auch so sein, es können die Kinder nicht auf der Straße stehen. Es ist aber besonders wichtig, sich auch da zu überlegen, ob es für die Menschen, die sich für diesen Beruf interessieren – und da gibt es genug –, nicht ein größerer Anreiz wäre, wenn die Ausbildung auf tertiärer Ebene stattfände.
Noch ein Wort zur Fort- und Weiterbildung. In diesem
Schuljahr sollte es einen Fort- und Weiterbildungskurs an den Pädagogischen
Hochschulen geben, einen einzigen Kurs zur sprachlichen Frühförderung, aber
sogar dieser Kurs kam wegen Wirrnissen wegen der Zuständigkeiten für
KindergartenpädagogInnen und LehrerInnen nicht zustande. Für die
Lehrerfortbildung ist der Bund zuständig, für die Fortbildung der
KindergartenpädagogInnen das Land – so steht es im Gesetz –, und nur für die
Ausbildung der KindergartenpädagogInnen ist wieder der Bund zuständig. Das ist
ziemlich schwierig, denn es heißt, man muss zwischen Ausbildung und Fortbildung
unterscheiden.
Dabei kann ein Kurs, ein Lehrgang für beinahe
10 000 KindergartenpädagogInnen in Wien nicht ausreichen, um die
Qualifizierung zu erlangen, die unsere Fachkräfte aber dringend brauchen. Wien
wird daher Geld in die Hand nehmen müssen, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
fachlich weiterzuqualifizieren. Es geht hier immerhin nicht um irgendetwas. Es
kann doch nicht sein, dass auf dem Rücken der Bildung unserer Kinder quasi die
Zuständigkeiten hin- und hergeschoben werden. Es geht darum, in einem
zunehmenden Bildungswettbewerb, auch innerhalb Europas, zu bestehen, und der
Kern jeder Bildungseinrichtung sind nun einmal bestgeförderte Kinder, die
Freude am Lernen haben und die sowohl auf die Schule als auch auf das Leben gut
vorbereitet sind. Frühkindliche Bildung kann nicht beliebig sein.
Daher ist auch das Thema Vergleichbarkeit ein
wichtiges Thema. Wir brauchen eine Form von inhaltlicher Vergleichbarkeit.
Ausbau, Quantität ist eine Seite, aber Sicherung der Qualität ist die andere
Seite. Wir haben nichts davon, wenn die Qualität in Kindergärten von Standort
zu Standort wechselt. Das schafft auch bildungspolitische Ungerechtigkeit. Es
braucht daher in Wien einen Bildungsplan, der für alle vorschulischen
Bildungseinrichtungen Ziele und Inhalte vorgibt, und die müssen verbindlich
sein. Derzeit ist angedacht, einen Bildungsplan in Wien auf freiwilliger Basis
einzuführen. Das ist schön und das ist auch ein wichtiger erster Schritt, aber
es ist meiner Meinung nach zu wenig, um sicherzustellen, dass vorschulische
Bildung wirklich die Bildungschancen aller Kinder sichert.
Wenn es nun in Wien bereits einen Bildungsplan gibt
und sich meinetwegen auch Träger freiwillig dazu verpflichten und es irgendeine
Form von Zertifikation gibt, dann braucht es auch ein Controlling-System. Der
Bildungsplan wird ja sonst zur Farce, wenn eigentlich niemand nachschauen
kommt, ob diese Bildung, die da drinnen steht, auch vermittelt wird, und dann
ist der ganze Bildungsplan das Papier nicht wert, auf dem er steht.
Wenn wir das Thema Bildung und Bildungsprobleme in
dieser Stadt ernst nehmen, dann muss es ein Anliegen sein, die Qualität der
frühkindlichen Bildung zu verbessern. Und wenn wir von Verbessern sprechen – da
möchte ich die Kollegin Smolik unterstützten –, dann müssen wir uns auch die
Rahmenbedingungen anschauen. Die Rahmenbedingungen, die es gibt, sind ein
elementarer Faktor für die Qualitätssicherung, und da sind 25 Kinder in
einer Gruppe einfach zu viel.
Auch international ist das mittlerweile anders. Ich
war vorige Woche in Berlin. Da gibt es in den Kindergartengruppen
15 Kinder – und Berlin ist ja durchaus eine Stadt, die auch von einer sozialdemokratischen
Regierung geführt wird – mit zwei Fachkräften, und zwar verpflichtend und auch
gesetzlich gesichert. Wenn man von qualitativer Arbeit spricht, dann muss man
eben auch Rahmengrößen, Gruppengröße, Personalschlüssel, aber natürlich auch so
etwas wie eine Vorbereitungszeit sichern. In Wien gibt es für
KindergartenpädagogInnen keine einzige Stunde Vorbereitungszeit, die gesetzlich
vorgegeben ist.
Also ein verbindlicher Bildungsplan, eine verbesserte
Ausbildung auf Hochschulebene, der Ausbau von Qualitätssicherung, verbesserte
Rahmenbedingungen: Auf diesen Säulen müssen die Weiterentwicklung des
Kindergartens und die vorschulische Bildungsarbeit aufbauen.
Ich kann daher nur an die Stadt Wien appellieren, den
Weg in Richtung Qualitätssteigerung bei all diesen Säulen energisch
einzuschlagen. Er ist notwendig, um den Kindern jenes Potenzial mitzugeben, das
sie brauchen, um in einer ungewissen Zukunft bestehen zu können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zu
Wort gelangt Herr GR Mag Wutzlhofer.
GR Mag Jürgen Wutzlhofer
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr
geehrter Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren!
Auch ich möchte gleich zu Beginn sagen, dass ich mich
sehr darüber freue, dass wir in den letzten, sagen wir einmal, zwei bis drei
Jahren mindestens genauso oft über das Thema Kindergärten hier sprechen und
diskutieren, wie in den fünf Jahren davor, in denen ich im Gemeinderat sein
durfte, und noch mehr freut es mich, dass wir das in der Regel im Zusammenhang
mit Aktenstücken tun, über die wir uns im Grunde genommen alle freuen, wenn ich
das so sagen darf, so wie ja heute auch. Wir beschließen einen Ausbau der
Kinderbetreuungsplätze im Zusammenhang mit der 15a-Vereinbarung, im
Zusammenhang aber auch – das muss auch gesagt werden – mit dem klaren Ziel der
Stadt, mit unserer Absicht, eine Stadt zu sein, die für alle Kinder
Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stellt, die ideal fördern, bilden und
betreuen können.
In diesem Sinn schlagen wir die
Errichtung der 338 Kinderbetreuungsplätze und der Kindergruppen vor, die
jetzt in dem Akt sind. In dem Sinn besteht aber
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