Gemeinderat,
36. Sitzung vom 25.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 101 von 108
werden diesem Antrag auch zustimmen.
Ich versuche, es kurz zu machen. Wir haben schon im
Mai im Gemeinderat darüber diskutiert. Es geht uns darum, auch wenn es sich den
Informationen zufolge, die wir im Ausschuss bekommen haben, um einen Einzelfall
handelt, auch für die Zukunft für die Restitutionsfälle von Kunst- und
Kulturgegenständen, die in Deutschland vor 1938 enteignet, also geraubt worden
sind, Rechtssicherheit zu schaffen.
Es ist nicht gesagt, dass nicht doch Fälle in der
Wien Bibliothek oder wo auch immer auftreten, die nicht unter den
Gemeinderatsbeschluss fallen, der jetzt gültig ist. Ich habe sehr wohl
Gespräche mit den zuständigen Stellen geführt, sowohl mit der MA 7 als auch
mit dem Stadtratbüro, und mir ist bekannt, dass auf Bundesebene derzeit eine
entsprechende gesetzliche Lösung gesucht wird. Mir wurde auch im Ausschuss
gesagt, dass es in Wien dann eine Lösung geben soll, die dem Bund folgen wird.
Ich meine, dass es jetzt in diesem konkreten Fall,
der jetzt Anlassfall und möglicherweise ein Einzelfall ist, auch die
Möglichkeit gäbe, dass Wien als erstes Bundesland hier Rechtsicherheit schafft.
Deswegen werden wir jetzt auch einen Antrag einbringen, der wie folgt lautet:
„Der Wiener Gemeinderat fordert den zuständigen
Stadtrat für Kultur und Wissenschaft auf, bis Herbst dieses Jahres einen neuen
Beschluss des Gemeinderates für Kunstrestitution vorzubereiten, der auch Kunst-
und Kulturgegenstände, die vor 1938 im nationalsozialsozialistischen
Deutschland entzogen wurden, berücksichtigt und somit Rechtssicherheit schafft.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige
Abstimmung.“
Ich wurde schon im Vorfeld gefragt, ob das nicht ein
Antrag auf Zuweisung sein soll. Das haben wir schon im Mai gemacht, und diesem
Antrag will ich jetzt wirklich Zeit geben. Bis Herbst hätte man gerne eine
Regelung. Der Herbst dauert allerdings bis Mitte Dezember. Ich appelliere noch
einmal vor allem an die Mehrheitsfraktion der Sozialdemokratie, diesem Antrag
zuzustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Jetzt
ist es so weit: Nun gelangt Herr Mag Ebinger zu Wort. – Bitte.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Danke schön, Herr Vorsitzender.
Dem Antrag des Kollegen Schreuder können wir nicht
zustimmen. Wir könnten ihm nur dann zustimmen, wenn – wie wir zuerst schon
besprochen haben – eine Ergänzung dabei wäre, nämlich
„... ausgenommen jene Kunstgegenstände, die nach 1945 regulär und
rechtmäßig erworben wurden, und die Vorbesitzer-Frage eindeutig geklärt ist.“
Früher hat es so etwas gegeben wie einen redlichen
Käufer. Das gibt es auch bei Auktionen. Das hat nichts mit der
Restitutionsfähigkeit zu tun. Ich glaube, dass es auch völlig korrekt ist, dass
das, wenn es jetzt zurückgegeben wird, als Schenkung zurückgegeben wird, das
heißt, als unentgeltliche Übereignung. Dem stimmen wir zu.
Es müsste aber meines Erachtens nicht in Form der
Restitution zurückgegeben werden, das wäre falsch. Deswegen können wir diesem
Antrag von Kollegen Schreuder nicht zustimmen. Dem Aktenstück stimmen wir
jedoch sehr wohl zu. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr
Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Ernst Woller: Sehr
geehrte Damen und Herren!
Bei der Restitution hat der zuständige Stadtrat
wirklich alles richtig gemacht. Es hat in den letzten Jahren in diesem Zusammenhang
einhellig Unterstützung und Zustimmung im Gemeinderat gegeben. Die Restitution
wurde in Wien sehr überlegt und konsequent durchgeführt. Von den über eine
Million Objekten, die es in unserem Besitz gibt, wurden 50 000 untersucht
und 5 000 Objekte restituiert. Wir sind hier auf einem sehr guten Weg, und
wir sind auch fast am Ende dieses Restitutionswegs angekommen.
Der aktuelle Antrag ist ein Sonderfall, weil er
zeitlich und inhaltlich nicht in den Rahmen des Gemeinderatsbeschlusses des
Jahres 1999 fällt. Wir haben das auch schon in der letzten Sitzung des
Landtages und im letzten Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft
diskutiert. Der Antrag, dass dieses Werk an die Nachfolgeerben zurückgegeben
wird, wird ohnedies von allen Parteien unterstützt.
Zu dem konkreten Antrag, der jetzt von den Grünen eingebracht wurde: Der Herr
Stadtrat hat im Gemeinderatsausschuss schon den Weg aufgezeigt, den er gehen
möchte. Er möchte so besonnen und überlegt, wie das in den vergangenen neun
Jahren geschehen ist, auch diesen Punkt mit seinen Experten von der
Provenienzforschung weiter diskutieren und klären, ob es, wenn wir einen
solchen Gemeinderatsbeschluss fassen, gleichbedeutend mit einer Verpflichtung
ist, sämtliche eine Million Objekte noch einmal auf den erweiterten zeitlichen
Rahmen zu untersuchen.
Alle Experten sagen, dass dieser konkrete Fall
„Pappenheims Tod“ ein absoluter Sonderfall ist, und dieser Sonderfall wurde
auch rasch und ohne Wenn und Aber umgesetzt. Daher ist jetzt auch nicht Gefahr
im Verzug, sodass wir nunmehr im Gemeinderat etwas beschließen müssen, weil
über den Sommer etwas passieren könnte. Der Herr Stadtrat wird das mit seinen
Experten und auch mit den Juristen und Juristinnen des Hauses über den Sommer
noch einmal prüfen, und er wird sich mit dem Bund abstimmen, zu welcher
Entscheidung die Bundesregierung kommt. Wir wollen nämlich in dieser
Angelegenheit mit dem Bund gemeinsam vorgehen. Und der Herr Stadtrat wird, wenn
es notwendig ist, im Herbst im Gemeinderat einen entsprechenden Antrag
vorlegen.
Heute brauchen wir keinen
Beschluss des Gemeinderates. Der Herr Stadtrat wird in diesem Sinne vorgehen,
und wenn es notwendig ist, wird er im Gemeinderat einen Antrag stellen, so wie
er das auch heute getan hat. Wir werden auf ungeduldige Teile dieses Hauses
oder der Öffentlichkeit nicht Rücksicht nehmen können, sondern wir werden so
vorgehen, wie wir es in den letzen
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