Gemeinderat,
36. Sitzung vom 25.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 87 von 108
1,4 Milliarden EUR
Schulden, was oft zitiert wird - auf dem Konto 2 Milliarden EUR
liegen hat? (StR David Ellensohn: Ich
habe es gewusst, aber du sagst es öffentlich!)
Ja, mir ist es wichtig, dass
man das weiß: Wien ist nicht arm, und Wien kann weiter mit sprudelnden
Ertragsanteilen rechnen, Ertragsanteilen, die im Übrigen deshalb
zustandekommen, weil es sowohl die vorhergehende Bundesregierung als auch die
jetzige Bundesregierung verabsäumt hat, endlich eine Steuer- und Abgabenreform
zu machen, die den Menschen mehr Reallohn übrig lässt. Würde den Menschen mehr
Reallohn überlassen werden, dann wäre für sie auch die Inflation nicht das
große Problem, als das sie sich jetzt darstellt. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Es geht einfach darum, dass
Menschen real wieder mehr verdienen. Das ist ein entscheidender Punkt, und dazu
brauchen wir eine Steuerreform auf Bundesebene, und zwar eine gerechte Steuer-
und Abgabenreform. Sie kann nur gerecht sein, wenn diejenigen, die viel
verdienen, also diese 77 000 Millionäre und wahrscheinlich 150 000
Leider-knapp-noch-nicht-Millionäre, ein bisschen mehr Steuern zahlen und die
anderen bei den Steuern und Abgaben entlastet werden. Dann können wir gemeinsam ...
(Beifall bei den GRÜNEN.) Dann muss man sich auch
nicht so große Gedanken über die Inflation machen.
Ein letzter Punkt, und dann
bin ich fertig, weil ich im Gegensatz zu den anderen versprochen habe, dass ich
zumindest fünf Minuten von meiner Redezeit einsparen möchte. Vergessen Sie, was
den Bereich Müllgebühren, Strom, Gas betrifft, trotz allem eines nicht. Ich
halte es auch für bedenklich, wie sich momentan insbesondere die Energiepreise
entwickeln, aber wir könnten uns tatsächlich einen Wunsch an die Gemeinde Wien
vorstellen. Es ist ja nicht gesagt, dass, wenn die Energie teurer wird,
tatsächlich jeder Einzelne mehr zahlen müsste. Es ginge darum, im Bereich der
thermischen Sanierung oder im Bereich des öffentlichen Verkehrs tätig zu
werden.
Wichtig wäre es, die Stadt
Wien dazu zu verpflichten: Wenn sie schon die Preise erhöht, dann muss sie die
Möglichkeit schaffen, dann muss sie umgekehrt die Möglichkeit bieten, auch
individuell einsparen zu können. Das ist eben Unterstützung bei der thermischen
Sanierung, das ist mehr öffentlicher Verkehr und besserer öffentlicher Verkehr.
Aber auch bei der
Müllabfuhrabgabe sind legistische Maßnahmen zu treffen - soweit es auf
Landesebene möglich ist, das sage ich bewusst dazu -, die es ermöglichen, das Müllaufkommen
zu reduzieren. Denn wenn das Müllaufkommen reduziert wird, wenn weniger Müll
verarbeitet werden muss, dann kann es in Summe für die Bevölkerung sogar
billiger werden, selbst wenn individuell der Tonnenpreis teurer wird. In diesem
Sinne würde ich mir wünschen, dass die Stadt Wien agiert.
Ich bringe jetzt noch formal
den zweiten Antrag zum kostenlosen Kindergarten ein, und ich bedanke mich für
die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN. -
GR Dr Kurt Stürzenbecher: Mehr Wirtschaftskompetenz als die ÖVP!)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort
gemeldet ist Herr GR Dr Wolf. Ich erteile es ihm.
GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich bedauere, dass der Herr
Bürgermeister nicht mehr anwesend ist, weil ich ihm die Dinge gerne persönlich
gesagt hätte. Aber ich gehe davon aus, dass es ihm weitererzählt wird. Ich bin
nämlich überrascht, wie er auf unsere Anfrage reagiert hat: technokratisch,
spröd, abgelesene Antwort; und er hat jedes politische Gespür, das man
eigentlich von ihm erwarten sollte, vermissen lassen. (Beifall bei der ÖVP.)
Seltsam und überraschend ist auch, wie wenige
Angehörige seiner Fraktion zu dem Zeitpunkt hier waren, als er hier war. Jetzt
sind mehr hier, jetzt ist er weg - das ist auch seltsam und überrascht mich. (Zwischenrufe
bei der SPÖ. - GR Mag Thomas Reindl: Unglaublich!) Unglaublich - ja, das
ist richtig! Politik ist eben nicht der Vollzug von Sachzwängen, wie der Herr
Bürgermeister das dargestellt hat, sondern Politik ist Gestaltung, und die
lässt er vermissen! (Beifall bei der ÖVP.)
Fakt ist nämlich, dass die Inflation Ende Mai bei
3,7 Prozent lag. Fakt ist, dass die Inflation steigt. Fakt ist, dass Wien
die Inflation treibt oder zumindest einen Anteil an der Inflationsentwicklung
hat. Das ist unbestritten, und es hat ja auch der Herr Bürgermeister gesagt,
dass 0,3 Prozentpunkte auf die Tarifgestaltung der Stadt Wien
zurückzuführen sind. (GR Christian
Oxonitsch: In ganz Österreich! - GR Friedrich Strobl: In ganz
Österreich! Ganz offensichtlich nicht aufgepasst! - GR Christian Oxonitsch: In Österreich, nicht in Wien! Nur seriös
zitieren!)
Ja, ja, das heißt, man muss etwas tun. Jeder ist
gefordert, in seinem Bereich etwas zu tun, um die Inflation in den Griff zu
bekommen. Ich finde ja die Appelle, dass irgendwer irgendwas tun muss, ganz
lieb und nett. Ja, man soll auf Bundesebene die Inflation bekämpfen, man soll
etwas gegen die steigenden Energiepreise tun. Aber jeder soll in seinem Bereich
das tun, was er kann. In Wien kann man die Gebühren und Tarife senken, um die
Inflation etwas zu mildern! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich weiß schon, dass es dennoch eine Inflation geben
wird und dass dieses Paket die Inflation nicht aus der Welt schafft. Aber ein
Beitrag wäre es immerhin. Es ist überraschend, dass Sie dem nicht zustimmen,
weil Sie Ihren Beitrag zur Inflationsbekämpfung offenbar nicht leisten wollen -
oder nicht können! Dann frage ich mich: Was steckt dahinter, dass Sie nicht bereit
sind, das zu tun? Was steckt dahinter, dass der Bürgermeister der Stadt Wien zu
28 Fragen 28 Mal Nein sagt oder zu 9 Anträgen die Fraktion auch Nein sagt?
Fakt ist, dass Sie Nein sagen und sich weigern, Ihren Beitrag zur Bekämpfung
der Inflation zu leisten! (Beifall bei der ÖVP.)
Es stellt sich wirklich die Frage: Wollen Sie nicht, oder
können Sie nicht? Das ist die einfache, zugespitzte
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