Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 91
Kinderfreunden unterstützen?
Ich hoffe, es liegt nicht daran. Ich will hier
niemandem böse Absichten unterstellen (GRin Barbara Novak: Sie haben es
gerade getan!), aber es fällt auf.
Die Entscheidung, wie es weitergeht, wird in den
nächsten Monaten getroffen werden. Die Frage, die sich für mich stellt, ist:
Wie wird sie getroffen werden? Derzeit wird Politik durch Fakten geschaffen,
etwa durch den Ankauf von Microsoft-Lizenzen, der im Februar in Höhe von
7,6 Millionen EUR bewilligt wurde, wo mir zwar glaubhaft versichert
wird, dass man noch nicht entschieden hat, ob es wirklich Microsoft-Lizenzen
werden oder nicht. Tatsache ist, dass entsprechende Passagen in diesem
Subventionsantrag ganz klar und eindeutig in diese Richtung formuliert sind.
Oder der Ankauf der Microsoft-Lizenzen, den wir jetzt hier als GRÜNE nicht
mitbeschließen werden, der schlussendlich diesen schweren Rückschlag für das
Projekt Linux-Umstellung bedeutet. Und das alles, bevor die zweite
Evaluationsstudie zum Linux-Umstieg, „STOSS II" in den nächsten
Monaten veröffentlicht wird.
Das mutet schon etwas seltsam an. Und es ist schade.
Es ist schade, weil es sich hier um eine richtige, wichtige und gute
Entwicklung gehandelt hat, die wir immer sehr unterstützt haben.
Das, was wir als GRÜNE wollen, ist, dass wir eine
ernsthafte politische Debatte über dieses Thema führen. Es handelt sich hier
nicht ausschließlich um die Frage der Software. Es geht hier nicht nur um die
Frage, was haben Sie auf Ihrem Laptop, was haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Wien an Software auf
ihren Computern. Es handelt sich hier um eine strategische, um eine
wirtschaftspolitische und eine politische Frage.
Und die Stadt München hat diese Frage schon vor
Jahren sehr klar beantwortet, und diese wird bekanntlich auch von einer
sozialdemokratischen Stadtregierung geführt. Damals hat die SPD sogar groß in
der Stadt für mehr Freiheit plakatiert. Das war ein großer Wahlkampfschlager.
Das wäre eine Chance, die die SPÖ hier durchaus auch hätte, die sie bisher
nicht genutzt hat.
Was wollen wir? – Wir wollen eine politische Debatte
über dieses Thema. Wir wollen nicht, dass die nächste IKT-Strategie der Stadt
Wien und die Frage der Umstellung ausschließlich auf der Ebene der Beamten
entschieden wird und haben auch einen entsprechenden schriftlichen Antrag heute
in der Früh eingebracht, den wir hier nicht abstimmen lassen wollen, weil uns
die Debatte und die Diskussion wichtig und wert ist und weil wir sie führen
wollen und weil wir sie gerne ernsthaft führen wollen und hoffen, dass auch die
SPÖ diese Signale von unserer Seite ernst nimmt und diese Diskussion auch
führt. – Vielen Dank. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Frau GRin Novak. Ich erteile es ihr.
GRin Barbara Novak (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Auch wenn das nicht die Geschäftsgruppe ist, zu der
ich normalerweise spreche, so ist das Thema eines, das durchaus sehr stark in
den Bereich der Geschäftsgruppe Laska hineinwirkt. Daher ein paar Worte von mir
auch dazu.
Auch wenn Sie gesagt haben, Sie wollen es nicht
unterstellen, so haben Sie es doch gemacht, indem Sie es so ausgedrückt haben.
Ich möchte damit beginnen, das zurückzuweisen. Ich verwende mich in keinster
Weise in dieser Frage für Microsoft. Ich gebe Vorworte oder unterstütze
sinnvolle Bücher auf Grund des Inhaltes. Das haben Sie leider vergessen zu
sagen, dass dieses Buch sich damit beschäftigt, Kinder auf eine sehr adäquate
Weise in einer Abendteuergeschichte darauf aufmerksam zu machen, welche
Gefahren und Risken es im Internet gibt. Das sollten Sie eigentlich auch
unterstützten! Dass die Kinderfreunde diese Idee hatten und gemeinsam mit
Microsoft umgesetzt haben, ist in Ordnung.
Auf der anderen Seite unterstütze ich sehr, sehr
viele Linux-Projekte. Eines der erfolgreichsten – durchaus auch im Bereich der
Kindergärten, nicht nur der Wiener Kindergärten, sondern auch der Kindergärten
der Wiener Kinderfreunde, und nicht nur in Wien, sondern darüber hinaus auch in
den Bundesländern – eingesetzten Linux-Produkte ist die JUXlala, die ja auch vom
Gemeinderat unterstützt wird, die inzwischen dritte selbststartende
Linux-Version, die sich jetzt mit der Zielgruppe der Kindergartenkinder
beschäftigt hat. In Vorbereitung befindet sich auch schon die nächste, die noch
ein bisschen größer sein wird und auch von der Stadt Wien unterstützt wird.
Darüber hinaus – nebenbei gesagt – betreibt die Stadt
Wien über den Wiener Bildungsserver schon seit vielen Jahren einen
Linux-Server, der im pädagogischen Bereich zum Einsatz kommt und zahlreiche Open
Source E-Learning Plattformen anbietet. Alles, was im Bereich von E-Learning in
den Schulen und in Folge auch in den Kindergärten an Content angeboten wird,
wird auf diesen Plattformen laufen und läuft dort auch. Da haben wir uns nicht
auf eine festgelegt, sondern bieten mehrere an, weil sich die Zielgruppen
unterschiedlich anfreunden können. Die einen wollen ein bisserl mehr Moodle,
Moodle liegt den anderen wieder überhaupt nicht. Das ist auch von den Lehrern
abhängig. Auch das bieten wir seit Jahren in dieser Stadt an und werden wir
auch weiterhin anbieten.
Die Entscheidung, ob man im Kindergarten und in der
Schule Microsoft oder Open-Source-Produkte beziehungsweise Linux einsetzt, ist
keine Frage, die eine ideologische ist, sondern für mich ausschließlich eine
Frage der Pädagogik. Wir haben uns dazu entschlossen, dass wir den Kindern, den
LehrerInnen in den Schulen und auch den PädagogInnen in den Kindergärten die
Möglichkeit bieten, beide kennenzulernen, weil beide dann auch in der großen
weiten Welt draußen zum Einsatz kommen werden. Genau das tun wir. Wir haben
Linux und Open Source und wir haben Microsoft. Wir erklären den Kindern
genauso, was Open Source ist, genauso wie wir ihnen zeigen, was Microsoft ist.
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