Gemeinderat,
33. Sitzung vom 08.05.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 89
Ich erteile es ihm.
GR Mag Harald Stefan (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Es geht hiebei um eine Subvention an die KAIROS
Musikproduktion GmbH. – Es ist eher ungewöhnlich, dass eine GmbH eine
Subvention bekommt, und das ist auch der Grund, warum ich hier stehe.
Es soll hier das Werk Olga Neuwirths zu ihrem
40. Geburtstag aufgearbeitet werden, es ist das also sozusagen ein
öffentlich subventioniertes Geburtstagsgeschenk, und dazu braucht diese KAIROS
Musikproduktion GmbH offenbar Geld. Prognostiziert haben Sie Kosten von
74 000 EUR, und die Eigenleistung sollte gerade einmal ein Drittel
davon ausmachen. – Das ist erstaunlich, wenn man weiß, wie
Musikproduktionen üblicherweise stattfinden! Ich habe zumindest noch keine
derartige Subvention gesehen! (GRin Mag Marie Ringler: Wissen Sie, wer
Olga Neuwirth ist?) Ich habe natürlich noch nie etwas von ihr gehört, das
ist vollkommen richtig! Ich wundere mich nur über die Musikproduktion. (Weiterer
Zwischenruf von GRin Mag Marie Ringler.) Ganz genau! Und umso
erstaunlicher ist diese Subvention! Wenn das stimmt, was Sie sagen, und ich
habe das natürlich auch schon so gelesen, ich kann es nur, mit Verlaub, nicht
nachvollziehen, dann ist das genau der Punkt!
Tatsache ist – und das werde ich jetzt
sicherlich auch von meinem Nachredner hören, er hat das ja auch schon im Kulturausschuss
gesagt –, dass es sich hiebei einerseits um ein sehr sprödes Werk handelt
und man daher eine Subvention braucht. Andererseits handelt es sich – wie
dankenswerterweise schon herausgerufen wurde – um ein ganz wesentliches
Werk, das die Musik Österreichs vorantreibt, damit wir nicht mehr an die
historische Dimension der österreichischen Musik gebunden sind, sondern dass es
endlich etwas Zeitgenössisches gibt. In diesem Fall wird nicht von „spannend“,
sondern von „spröde“ gesprochen. – Ich weiß nicht, ob „spröde“ das
Gegenteil von „spannend“ ist, denn sonst wird ja Kunst immer als „spannend“
bezeichnet, daher gibt es dann ja auch ein Publikum und eine Auseinandersetzung
damit. Diesfalls gibt es offenbar keine Auseinandersetzung, weil diese Kunst eben
„spröde“ ist und man daher jetzt subventionieren muss. – Das ist halt der
Punkt.
Wie ist das zu verstehen? Einerseits wird uns
nahegelegt, dass hier die österreichische Musik substanziell transformiert
wird, was immer das heißen soll. Ich nehme das aber zur Kenntnis, das sind doch
ganz schöne Worte. Auf der anderen Seite muss jedoch sogar subventioniert
werden, damit eine Musikproduktion überhaupt stattfindet. Oder ist das
vielleicht doch nicht so bedeutend und gibt es dafür kein Publikum, will das niemand
kaufen, ist das vielleicht doch irgendwo eine Sackgasse? – Ich weiß es
nicht! Es ist aber zumindest erstaunlich, dass diese so genannte neue Musik
offenbar keine Anhänger findet oder zumindest keine Anhänger findet, die bereit
wären, eine CD zu kaufen.
Im Zusammenhang mit dem Hinweis, dass in diesem Fall
sehr eigenartig mit dem Geld umgegangen wird und wir offenbar ein
Geburtstagsgeschenk finanzieren sollen, kann ich natürlich nur feststellen,
dass wir dem nicht zustimmen werden. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächster am Wort ist Herr GR Woller. Ich erteile es ihm.
GR Ernst Woller
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates):
Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Prinzip muss ich Kollegen
Stefan dankbar sein für diese Wortmeldung, weil sie wirklich Klarheit schafft!
Ich habe selten einen Kulturpolitiker so viel Ahnungslosigkeit und Ignoranz
verbreiten gehört, wie er es jetzt gerade gemacht hat! Daher ist es gut, dass
er gesprochen hat und dass er dagegen stimmt, weil wir jetzt darüber reden
können.
Ich meine, Wien ist eine
tolle Musikstadt. Wenn es so etwas wie Weltmeisterschaften oder
Europameisterschaften in Musik gäbe, dann wären wir zweifellos Weltmeister oder
Europameister. Wir erleben das derzeit gerade beim Musikfest der Wiener
Festwochen. Und es gab einige Kommentare in Zeitungen, in denen nicht wir von
der SPÖ und auch nicht der Kulturstadtrat, sondern andere gesagt haben: Es ist
Weltklasse, was sich da im Musikverein abspielt, das ist so, als wäre die
Champions League sechs Wochen in Wien, das ist großartig! Die größten Werke
werden gespielt, und die bedeutendsten Orchester, die größten Dirigenten und
die bedeutendsten Solisten und Solistinnen treten in Wien auf.
Wir können wirklich
glücklich sein, dass wir diese Musik und diese Musiktradition haben, und wenn
man glücklich über die Musiktradition ist, dann muss man heute auch
Musikgegenwart produzieren und fördern, damit sich auch in 100 Jahren
jemand über die Musiktradition von heute freuen kann!
Das heißt, wenn wir das so
genannte Klassische fördern und uns darüber freuen, dann müssen wir auch das
Neue, das Zeitgenössische, das „Spröde“ oder das „Spannende“ fördern – wie
immer Sie das nennen wollen, Sie machen sich soundso nur lächerlich darüber –,
damit es auch in 100 Jahren noch Kunstschaffen gibt, auf das man dann sehr
stolz ist.
Wir sind heute schon sehr
stolz auf unsere zeitgenössischen Komponistinnen und Komponisten wie Olga
Neuwirth. – Dazu möchte ich einen passenden Vergleich bringen: Die
3. Symphonie von Gustav Mahler hat man 1895 nicht verstanden. Damals hat
es keine Tonträger gegeben, aber man hätte sie damals wahrscheinlich nicht
gekauft. Es hat interessanterweise acht Jahre gedauert, bis sie 1903 erstmals
aufgeführt worden ist. Und jetzt haben wir die viel umjubelte 3. Symphonie
von Gustav Mahler gehört – Sie sollten sie sich vielleicht auch einmal
anhören, 100 Minuten großartige Eröffnung der Wiener Festwochen! –,
und wir haben uns jetzt gefreut über ein Stück, das vor 100 Jahren als
sehr spröde galt und acht Jahre gebraucht hat, bis es überhaupt einmal
aufgeführt wurde.
Das
heißt, wir brauchen einfach die zeitgenössische Musik und die zeitgenössischen
Komponistinnen und Komponisten. Olga Neuwirth hat es heute fast so schwer wie
Gustav Mahler, Arnold Schönberg, Anton von
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