Gemeinderat,
30. Sitzung vom 24.01.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 95
Leute krank werden, wundert aber nicht, denn sie haben einen mörderischen Dienstplan. In Spitzenmonaten arbeiten sie 96 Wochenstunden! 96 Wochenstunden in einem Job, wo Sie und ich und jeder Bürger, jede Bürgerin dieser Stadt erwarten, dass es wache, ausgeschlafene, nicht erschöpfte Mitarbeiter gibt. Oft müssen sie bis zu acht Dienste hintereinander leisten, das macht 192 Arbeitsstunden in acht Arbeitstagen. Stellen Sie sich vor, dass Sie dann so jemandem vielleicht gegenüberliegen, verunglückt oder mit Herzinfarkt oder sonst wie in einer Notsituation, und ein so überarbeiteter Mitarbeiter kommt, um Ihnen zu helfen.
In diesen Diensten wird Schlag auf Schlag gearbeitet.
In 24 Stunden leisten diese Teams 15 bis 25 Einsätze. Das kann man
sich ausrechnen: Da ist Zeit von etwa 45 Minuten bis einer Stunde pro
Einsatz, und daraus lässt sich schließen, dass es dazwischen so gut wie keine
Ruhezeiten gibt.
Weil die Personaldecke so dünn ist, kann man sich bei
der Wiener Rettung offensichtlich noch etwas leisten: Wenn
Sanitäter/Sanitäterinnen oder jemand von der Ärzteschaft ausfällt oder wenn
kein Dienstantritt in der Früh oder zu Dienstbeginn erfolgt, dann wird nicht
nur zur Kenntnis genommen, dass eben jemand krankheitshalber nicht kommt,
sondern es wird gleich das gesamte Auto nicht in Dienst gestellt. Das heißt, es
ist einfach ein Auto tagsüber oder nächtens in der Garage, weil man zu wenig
Personal hat, um diesen Ausfall zu kompensieren. Wie man mit solchen
Verhältnissen meint, die Versorgung für die Stadt sicherstellen zu können und
zu wollen, muss man mir erklären.
Weil die Personaldecke so gering ist, können auch die
Rayons nicht eingehalten werden, die jeweils jedes Fahrzeug der Rettung zu
versorgen hat. Es kommt drei bis vier Mal pro Monat zu Rayonüberschreitungen
pro Fahrzeug. Das heißt, dass längere Anfahrtszeiten die Folge sind, denn wenn
man aus seinem Rayon hinaus muss, braucht man klarerweise länger. Da wartet man
dann als Patient oder als Patientin, als Verunglückter, als jemand in
Notsituation bis zu 15 Minuten! Und wenn dann im eigenen Rayon ein Notruf
eingeht, dann wartet man dort umso länger, weil die Fahrzeuge ja außerhalb des
Bereichs sind. Es kommt dadurch systematisch zu 120 Überschreitungen der
Rayongrenzen bei 30 Fahrzeugen pro Monat.
Man leistet sich Verhältnisse, wo einem
offensichtlich ganz gleichgültig ist, dass das alles die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an
der Basis auszubaden haben. Die Leute sind frustriert, sie sind überarbeitet,
sie tragen hohe Verantwortung, sie leisten hervorragende Arbeit - und sie
werden schlecht von Ihnen betreut, sie werden schlecht bezahlt, und wenn sie
krank sind, müssen sie sich sorgen, dass ihnen auch noch disziplinäre Folgen
drohen.
Wir finden diese ... (Amtsf StRin Mag Sonja
Wehsely: Unglaublich!) Ja, wir wissen das vom Personal. Du weißt das nicht,
wir wissen es. Die Leute informieren uns. Die Taktik, es nicht zu glauben,
funktioniert eben nicht durchgängig. Wir haben eine Anfrage gestellt; ich
hoffe, wir bekommen mehr als die üblichen globalen, nichtssagenden Antworten.
Denn Probleme, Frau Stadträtin, werden nicht besser,
wenn man versucht, den Deckel auf den Drucktopf zu drücken. Da explodiert nur
irgendwann etwas. Es wäre nicht im Interesse der Stadt, wenn das passiert. -
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum Wort gemeldet
ist Frau GRin Praniess-Kastner.
GRin
Karin Praniess-Kastner (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte
Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr
Vorsitzender!
Meine
VorrednerInnen sind schon auf die Arbeitsbelastungen, auf die Überlastungen und
auf die mangelnden Ressourcen bei der Wiener Rettung eingegangen. Lassen Sie
mich kurz zu dem Akt sprechen, der uns vorliegt. Hier geht es ja um die
Erhöhung der Gebühren für die Rettungs- und Krankentransporte der Stadt.
In
diesem Akt fehlt uns leider wieder - und das wie jedes Jahr - die Erklärung
über die konkrete Zusammensetzung der Kosten, die wir bereits letztes Mal per
Antrag eingefordert haben. Das heißt, uns erschließt sich nicht, wie sich diese
Kostenerhöhung, die Gebührenerhöhung zusammensetzt. Aber klar ist, dass die
Gebühren für die Rettungs- und Krankentransporte in den letzten fünf Jahren um
13 Prozent erhöht wurden, und das schließt sich natürlich nahtlos an die
Gebührenerhöhungen dieser Stadt an.
Meine
Damen und Herren! Mit dieser übermäßigen Gebührenerhöhung von 13 Prozent
gibt es aber weitere Probleme bei der Wiener Rettung. Meine VorrednerInnen,
Frau Dr Pilz und Herr Lasar, haben ja schon darauf hingewiesen, dass bei
der Wiener Rettung bereits seit einigen Jahren der Haussegen schief hängt. „Wir
stehen vor dem Kollaps", so haben sich bereits im Frühjahr einige SanitäterInnen
der Wiener Rettung zu Wort gemeldet. Sie klagen über Arbeitsüberlastung - das
haben wir heute schon gehört -, zu wenig Verdienst, stressbedingte lange
Krankenstände und zu wenige Einsatzwägen.
Meine
Damen und Herren! Die Einsatzkräfte bei der Wiener Rettung arbeiten
hervorragend. Es fehlt an den Ressourcen, und für die Ressourcen bei der Wiener
Rettung sind Sie als SPÖ-Stadtregierung zuständig. (Beifall bei der
ÖVP.)
Zu Silvester - und das konnten wir alle medial
verfolgen - kam es einmal mehr zu Engpässen bei der Wiener Rettung, das
Funksystem ist zusammengebrochen. Sanitäterinnen/Sanitäter und
Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen der Wiener Rettung machen sich bereits Sorgen,
weil sie in Ungewissheit darüber sind, wann sie mit der Fertigstellung der
neuen Leitzentrale rechnen können. Das Funksystem, diese neue Leitzentrale, die
geplant ist, soll künftig die optimale Vernetzung der Organisationen
sicherstellen. Ursprünglich hat man mit Frühjahr gerechnet, mittlerweile ist es
nicht sicher, ob das im Juni fertig sein wird.
Meine Damen und Herren! Im
Hinblick auf die
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