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Gemeinderat, 30. Sitzung vom 24.01.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 95

 

EURO 2008 können wir diese Verunsicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Wiener Rettung vollkommen verstehen. Wir fordern Sie hier zu dringendem Handeln auf. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die finanzielle Krise mancher Rettungsorganisationen wurde in letzter Zeit auch öffentlich thematisiert. So sagt zum Beispiel der Arbeiter-Samariter-Bund, dass die Gebietskörperschaften bewusst die finanzielle Krise der Non-Profit-Organisationen in Kauf nehmen, denn das erspare dem System viel Geld. Und erst vor wenigen Tagen beklagten sich die Wiener Rettungsdienste lautstark über die bei Weitem nicht kostendeckenden Tarife der Wiener Gebietskrankenkasse.

 

Meine Damen und Herren! Die Liste der Versäumnisse ließe sich weiter fortsetzen. Mediale Inszenierung ist zu wenig. Im Sinne der optimalen Versorgung der Bevölkerung fordere ich Sie auf, sofort zu handeln. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Wagner. Ich erteile es ihm.

 

GR Kurt Wagner (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Zu Beginn meiner Rede ein paar Richtigstellungen: Frau GRin Pilz, da ich Ihrem Redebeitrag entnehmen kann, dass Sie sich immer am Puls der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewegen und sich immer genau erkundigen, wie die Situation in den einzelnen Organisationen ausschaut, erlauben Sie mir aber, hier etwas richtig zu stellen, was Ihnen anscheinend im Zuge der Recherchen entweder abhanden gekommen ist, oder Sie haben nicht richtig nachgefragt.

 

Es stimmt eines: Bei uns wird jemand, wenn er sich bei der Rettung bewirbt und dort beschäftigt wird, zu Beginn als Rettungshelfer eingesetzt. Er fängt im Normalfall nicht als Sanitäter an, sondern beginnt seine dienstliche Tätigkeit als Rettungshelfer. Da stimmt die Zahl, die Sie genannt haben: in etwa 1 300 EUR netto.

 

Ich sage immer dazu: Wenn man Gehälter in Österreich vergleicht, dann leben wir zwar von einem Nettobezug, aber man sollte natürlich den Bruttobezug nennen, weil sonst in der öffentlichen Diskussion ein Durcheinander herauskommt. Denn egal, mit wem Sie diskutieren, es wird in der Regel nicht über einen Nettobetrag geredet, sondern über Brutto. - Aber das ist auch noch egal.

 

Nur: Was Sie unterschlagen haben, ist, dass meist spätestens nach zwei Jahren diese Rettungshelfer als Sanitätshelfer eingestuft werden, und da ändert sich ihr Bezug. Ich habe mir das genau angeschaut, weil ich jetzt nicht mit einem Bruttobezug kommen möchte und damit man dort fortsetzen kann, wo Sie mit Nettobezügen angefangen haben, bezogen auf den Schnitt bei einem 13-Stunden-Dienst, nicht einem 24-Stunden-Dienst. Denn es gibt immer zwei Bereiche in der Wiener Rettung, wenn Mitarbeiter beschäftigt werden. Es gibt eine Kategorie, die einen 13-Stunden-Dienst hat, und eine zweite Kategorie, die einen 24-Stunden-Dienst hat. Beim 13-Stunden-Dienst haben sie nach diesen zwei Jahren im Schnitt netto zwischen 1 500 und 1 600 EUR an Einkommen. Beim 24-Stunden-Dienst steigt dieser Bezug auf zirka 2 000 EUR netto; da sind die Zulagen eingerechnet.

 

Jetzt gebe ich Ihnen recht: Das ist im Verhältnis auch noch kein Haus. Aber man soll bei einer realistischen Gegenüberstellung die Kirche im Dorf lassen.

 

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Vor allem mein sonst geschätzter Kollege Lasar! Sie haben zwei Lieblingsthemen, wie mir in den letzten Monaten auffällt, und beide haben im Namen ein K stehen. Das eine ist der Karlsplatz, und das andere ist das Grüne Kreuz. Dazu muss ich Ihnen etwas leider sehr Wahres sagen.

 

Auch ich bin jemand, der sich immer sehr, sehr genau erkundigt. Nur, wenn Sie das hier so darstellen, als ob es eine Bagatelle wäre, dass es da eine Organisation gibt, die sich bewirbt, deren kaufmännischer Geschäftsführer, der dort im Prinzip die ordnungsgemäße Gepflogenheit eines Kaufmannes einhalten müsste, einen Vertrag vorgelegt bekommt, diesen unterschreibt und dann im Nachhinein damit argumentiert, dass er sagt, mit diesen Sätzen kann er nicht ordnungsgemäß wirtschaften, deswegen werden bei ihm die Mitarbeiter unterm Kollektivvertrag bezahlt - meine Damen und Herren, das ist eine Schweinerei! Denn wenn alle Unternehmen so arbeiten würden, dann könnten wir in Österreich die ganze Sozialpolitik in den Rauchfang schreiben, nicht mehr und nicht weniger. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Es ist auch schlicht und einfach eine Ausrede, dass man dann sagt: Wenn der Vertrag abgeschlossen wird, so wie bei allen anderen auch, und er bekommt auch das Gleiche, dann ist er bereit, denen den Kollektivvertrag zu zahlen. Herr Kollege, ich darf Ihnen sagen, es gibt keine Rettungsorganisation in Österreich und in Wien, wo so viele Rechtsberatungsstreitigkeiten für Mitarbeiter laufen, wie für jene Organisation, die Sie diesbezüglich vorhin selbst genannt haben. Ich kenne mich da wirklich einigermaßen aus, und ich darf Ihnen sagen, dass wir in der Rechtsabteilung der Gewerkschaft der Privatangestellten mindestens jede Woche drei bis vier Mitarbeiter haben, die sich diesbezüglich bei uns Rechtsauskunft holen. Und bei Auflösung der Dienstverhältnisse bei dieser Organisation gehen wir fast in jedem zweiten Fall vor das Arbeits- und Sozialgericht.

 

Jetzt ist es nicht meine Aufgabe, mich in die kaufmännischen Gepflogenheiten dieser Institution einzumischen. Aber ich sage Ihnen, es ist schlicht und einfach gesetzeswidrig, wenn ein Unternehmen unter dem Kollektivvertrag zahlt. Das ist mit keiner Ausrede zu entschuldigen! Das muss man sich vorher genau überlegen. Wenn ich glaube, ich kann es kalkulationsmäßig nicht einhalten, dann darf ich so einen Vertrag nicht unterschreiben. Das aber zu Lasten der dortigen Mitarbeiter zu machen und zu sagen: „Ja, ich würde ihnen eh mehr zahlen, wenn ich auch mehr bezahlt bekäme", wo ich bewusst mit Kampfpreisen versuche, im Prinzip Marktanteile zu bekommen, dann darf man sich nicht wundern, dass sich das die Mitarbeiter in diesen Organisationen nicht gefallen lassen.

 

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