Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 73 von 117
dass Kinder Gewalt ausgesetzt sind. Das hinkt schon auch nach, das weiß ich, und es ist sehr schwierig. Es ist sehr schwierig für Nachbarn, es ist sehr schwierig auch für Lehrer und es ist sehr schwierig für andere Menschen, die feststellen oder glauben festzustellen, man weiß das ja nie mit hundertprozentiger Sicherheit, dass es Kinder gibt, die in der Familie Gewalt erfahren müssen, in welcher Form auch immer. Wenn sie sich dann an eine Stelle wenden, ist nicht immer gewährleistet, dass sie auch wirklich gehört werden. Ich sage hier, einmal zu viel nachgeschaut ist sicher besser als einmal zu wenig! (Beifall bei der FPÖ.)
Wir müssen das leider immer
wieder hören, dass es eben Stellen gibt, egal, ob es Jugendamt, Polizei oder
andere Stellen sind, wo Menschen, die solche Beobachtungen machen und sie dort
deponieren, wieder zurückgewiesen werden. Wenn man dann die Haltung etwa der
Sprecherin des Jugendamts im ORF sieht, dann denke ich, wird es schon Menschen
geben, die sagen: „Also ich halte mich da heraus." Ein gutes Bild hat das
sicher nicht auf das Jugendamt geworfen.
Frau Vizebürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren, es haben sich die Zeiten geändert. Es war einst,
und da waren auch viele Ihrer sozusagen Altvorderen beteiligt, ein Kinderheim
oder ein Jugendheim eine revolutionäre Idee, etwas Tolles für viele Kinder, der
einzige Hort sozusagen, wo sie Ruhe gefunden haben, wo sie ein warmes Essen
bekommen haben, wo sie ein geheiztes Zimmer und ein ordentliches Bett bekommen
haben. Davon sind wir heute natürlich weit entfernt. Wir haben ja auch auf die
kleinere Betreuungseinheit umgestellt, mehr hin zu Pflegefamilien oder
kleinen Wohngemeinschaften. Aber vielleicht wird es wieder an der Zeit sein,
nachdem die Zeit viel schneller fortschreitet, dass man wieder überlegt, ob es
nicht neue oder andere Betreuungseinrichtungen oder Formen gibt oder wie man
diese weiterverändern kann. Denn was früher vielleicht 50 oder 100 Jahre
gedauert hat, bis es zu verändern war, geht heute in Riesenschritten. Es haben
sich auch die Methoden oder die Formen der Gewaltausprägung oder der Probleme
in den Familien geändert und das geht mit Riesenschritten weiter. Hier meine
ich, man muss eben nicht nur an die personellen oder materiellen Ressourcen
denken, sondern auch die Methodik immer wieder überarbeiten und darauf schauen,
wie man doch das Optimum für die Kinder, die wirklich die Ärmsten oder die
Hilflosesten sind, erreichen kann.
Da muss ich schon noch die eine Bemerkung machen, es
war wirklich zu der Gesamthaltung, dass man hier keinen Fehler gemacht hat, doch
auch bedenklich, als die Sprecherin, Frau Attwood, gesagt hat, die Achtjährige
hat sich eh zu helfen gewusst. Das ist etwas, wo ich sage, so etwas darf ich
einfach überhaupt nicht hören! Ich bitte da wirklich, dass man das nicht
traumatisch so aktiv macht, auch ein zwölf- oder vierzehnjähriges Kind oder ein
Jugendlicher kann sich unter Umständen nicht selbst helfen, wenn er in einer
Notsituation ist. Darauf darf man wohl keinesfalls setzen, sondern hier ist
ganz einfach die öffentliche Hand gefragt, wenn die Familie versagt! (Beihilfe
bei der FPÖ.)
Es gibt unterschiedliche Gründe, warum es in der
Familie zu solchen Problemen kommt. Aber eines ist ganz sicher, ein
wesentlicher Grund ist unter anderem die finanzielle Situation. Daher ist es
auch uns immer wieder ein großes Anliegen, dass es vor allem die Familien sind,
auf die man ganz besonders schauen muss. Wir haben heute eine Preislawine, die
die Menschen belastet, ob es diverse Steuern und Abgaben sind, ob es die
Lebensmittelkosten sind, ob es die hohen Kosten für eine gute Ausbildung der
Kinder sind. Um eine Entlastung, weil eben materielle Sorgen für eine Familie
ganz entscheidend in eine Negativspirale führen können, zu einem kleinen Teil
bemerkbar zu machen, schließe ich meine Ausführung mit der wiederholten
Forderung nach dem Gratiskindergarten für die Wiener Kinder. (Beifall bei der
FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächste am Wort ist Frau GRin Smolik. Ich erteile es ihr.
GRin Claudia Smolik (Grüner Klub im
Rathaus): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
So traurig der Anlassfall ist, der in der Dringlichen
Anfrage angeführt ist, glaube ich, dass wir nicht nur die Tatsache dieses Falls
thematisieren sollten, sondern wie die Situation der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter in den Jugendämtern der Stadt Wien derzeit ist. Mich wundert es ein
bisschen, dass sich die ÖVP, die sich in den letzten Jahren eigentlich sehr
wenig zu diesem Thema gemeldet hat (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager:
Nein, nein! Hunderte Anträge dazu!), jetzt herausstellt und zum Glück die
Forderung der Gewerkschaft nach mehr Dienstposten übernimmt. (StRin Mag
Katharina Cortolezis-Schlager: Na geh! Lesen!)
Wenn wir uns anschauen, wie sich die Arbeit in den
Regionalstellen verändert hat, auch das haben Vorrednerinnen schon gesagt, so
muss man schon sagen, dass die Kolleginnen und Kollegen SozialarbeiterInnen,
die SozialpädagogInnen, die in diesem Bereich arbeiten, das Beste machen, was
sie unter diesen Umständen können. Wo wir sicher nicht mitmachen werden, ist bei
dem Sündenbocksuchen, bei der Schuldzuweisung für Sozialarbeiterinnen und
Sozialarbeiter, die Menschenmögliches tun, um Gefährdungen von Kindern zu
vermeiden.
Es ist nun einmal so, dass es durch die
Kampagnen, die die MAG ELF auch macht, durch die mediale
Berichterstattung, durch zum Glück das steigende Bewusstsein in der Bevölkerung
mehr Meldungen gibt. Zum Glück wird diesen Meldungen auch nachgegangen. Denn
ich möchte nicht wissen, was passieren würde, wenn Meldungen in den
Regionalstellen beim Jugendamt eingehen würden und die MitarbeiterInnen dort
diesen Meldungen nicht nachgehen würden. Das heißt, es wird diesen Meldungen
nachgegangen und es ist logisch, dass mit der Besetzung, die wir im Moment in
den Regionalstellen haben, andere Arbeiten, andere Tätigkeiten einfach zu kurz
kommen. Das haben die Gewerkschaft und der Dienststellenausschuss mehrmals
deponiert, auch bei der Frau Vizebürgermeisterin, auch bei zuständigen
Gemeinderätinnen und Gemeinderäten. Das ist auch in einigen Veranstaltungen,
die in diesem Bereich gemacht wurden, immer wieder zur Sprache
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