Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 117
und Wiener Krankenanstaltenverbund.
Einen Antrag bringe ich gemeinsam mit meiner Kollegin
Ines Anger-Koch und GRin Smolik von der Grünen Alternative ein, betreffend mehr
SozialarbeiterInnen in den Regionalstellen des Amts für Jugend und Familie. -
Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin
Matiasek. Ich erteile es ihr.
GRin Veronika Matiasek
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Auch wenn es sehr unangenehm
ist und weh tut, halte ich es für gut und für richtig, dass dieses Thema heute
auf den Tisch gekommen ist. Auch ich hätte eine entsprechende Initiative,
glaube ich, ergriffen, weil, auch wenn der Sachverhalt vielleicht in der
öffentlichen Darstellung nicht der richtige war, darauf komme ich noch, es doch
immer wieder ein bisschen weiter bewegt, wenn ein Anlassfall für Trauriges ist,
dass es einen Anlassfall geben muss, um etwas positiv weiterzubewegen, wenn ein
Anlassfall dafür sorgt, dass die eine oder andere Maßnahme vielleicht in
Zukunft für eine Verbesserung in diesem Bereich sorgt.
Ich muss schon die Frage
stellen. Wir haben heute zum ersten Mal den konkreten Sachverhalt in der Früh
von der Frau Vizebürgermeisterin und jetzt vom Herrn Bürgermeister gehört. Die
mediale Berichterstattung hat es anders dargestellt und so war es eigentlich
auch für die Menschen nicht anders wahrnehmbar. Wenn Sie heute den Sachverhalt
punktuell genau erklärt haben, wieso ist das nicht sofort geschehen? Es bleibt in
der Öffentlichkeit ein wesentlich bittererer Nachgeschmack zurück, wenn man den
Sachverhalt, so wie er tatsächlich war, nicht kennt.
Zur öffentlichen
Wahrnehmung: Sie haben das heute in der Früh bedauert, Frau
Vizebürgermeisterin, trotzdem, ich muss das noch einmal ansprechen, war es
wirklich, sagen wir, befremdlich, wie die Sprecherin des Wiener Jugendamts im
ORF reagiert hat. Das habe nicht nur ich so empfunden, das haben sehr viele
Menschen so empfunden. Das war auch Thema, der nächste Tag war ein Samstag, man
ist einander stark begegnet, mit einer derartigen Eiseskälte über so einen Fall
zu sprechen, wenn man auch darstellen will, dass das Jugendamt keinen Fehler
gemacht hat. Man könnte es vielleicht so ausdrücken, dass man sich bemüht hat.
Ich finde es auch sehr überheblich, wenn man sagt: „Wir haben keinen Fehler
gemacht." Wer kann das schon in welcher Situation tatsächlich behaupten?
Also ich glaube, da sollte man vielleicht auch mit der Diktion in einer so
sensiblen Frage ein bisschen anders umgehen, vor allem in der Öffentlichkeit.
Ich denke, man kann auch Worte des Bedauerns finden, weil eine solche
Geschichte hat nicht nur die Seher empört, man hat auch am befragenden
Journalisten gemerkt, dass er eigentlich sehr entsetzt war, als ihm die Sprecherin
des Jugendamts diese wirklich traurige Geschichte dargestellt hat: „Wir haben
recht gehabt. Es ist kein Fehler passiert."
Es ist sicher nicht nur auf
den Einzelfall zurückzuführen, aber eines wird schon anhand dieses Falls klar.
Es gibt natürlich immer Schwächen und Fehler im System. Das kann man nicht
wegdiskutieren. Es ist natürlich immer angesagt, eine Fehleranalyse zu machen.
Es haben sich im Zuge der Diskussion um diesen einen Fall sehr viele Menschen
zu Wort gemeldet, vor allem betroffene Mitarbeiter. Ich glaube, der Schrei nach
mehr Personal, nach mehr Ressourcen darf nicht ungehört verhallen. Ich bin
jetzt nicht so vermessen, dass ich sage, ich weiß genau, wie viele neue
Dienstposten wo geschaffen werden müssen, das würde ich doch den Fachleuten
überlassen, aber ich kann mich doch diesem Ruf ganz eindeutig anschließen. Wir
müssen im Bereich der Jugendarbeit, der Sozialarbeit, der Jugendwohlfahrt
sicher mehr Ressourcen freimachen, finanzielle Mittel freimachen und vor allem
auch das gut geschulte Personal aufstocken! (Beifall bei der FPÖ.)
Klar ist geworden, dass es
offensichtlich Schwächen in der Vernetzung einzelner Dienststellen gibt. Wie
die letzten bedauerlichen Fälle in Österreich gezeigt haben, bleiben solche
Ereignisse auch nicht in den eigenen Bundesländergrenzen, sondern Menschen
übersiedeln und nehmen sozusagen ihr Problem mit. Ich glaube, hier wäre es ganz
wichtig, dass es länderübergreifend eine gute Zusammenarbeit und ein wachsames
Auge gibt, wenn es schon einen Problemfall gibt, dass es bei einer Übersiedlung
in ein anderes Bundesland, und da ist einfach jedes Bundesland betroffen und
damit natürlich auch wir in Wien, zu einer doch raschen Reaktion kommt.
Denn eines ist auch klar,
es ist schwer, Eltern oder Elternteile, die mit ihrer Situation nicht
zurechtkommen, sozusagen - unter Anführungszeichen - zu fassen oder zu
erwischen, denn sie sind zum Teil, vor allem betrifft das Alkoholiker, recht
schlau in der Umgangsweise und können nach außen oft über lange Zeit ein
anderes Bild darstellen als es in Wirklichkeit ist. Daher bedarf es natürlich
auch eines extrem gut geschulten Personals. Hier muss man halt wahrscheinlich
von Zeit zu Zeit die Methodik, da sich die Zeiten und die Fälle und die
Ausprägungen unterschiedlicher Formen von Gewaltaktionen in den Familien selbst
auch ändern, immer wieder evaluieren und anpassen.
Ich denke, einen ganz
wichtigen Beitrag zur Früherkennung sollten auch die Schulärzte in Wien
leisten. Hier hört man immer wieder, dass diese Untersuchungen, die an den
Kindern vorgenommen werden, wirklich in Windeseile gemacht werden oder gemacht
werden müssen, dass also etwa Blessuren oder ähnliche körperliche Auswirkungen
gar nicht festgestellt werden müssen. Auf der anderen Seite ist auch die Frage,
es ist nicht immer nur körperliche Gewalt, der die Kinder ausgesetzt sind, wie
man noch besser die psychische Gewalt, die Kinder in Familien erfahren müssen,
erkennen kann.
Ich denke, dass man sich auch überlegen muss, weiter
Lehrer, Kindergartenpädagogen, aber auch Mitarbeiter in diversen
außerschulischen Betreuungseinrichtungen, etwa im Bereich von Sport oder so,
doch sensibel zu machen, zu schulen, dass sie hier mehr Beitrag zu einer
Früherkennung leisten können, eben in dem Fall,
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