Gemeinderat,
29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 117
unmittelbares Weisungsrecht als Bürgermeister oder als Stadtrat hätten. Das ist der einzige Unterschied!
Ausgliederung, aber mit vollem politischen Einfluss
und mit erhöhten Gehältern - das ist das, was Sie sichern, und das ist nicht
das, was wir unterstützen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Lassen Sie mich noch ein Letztes dazu sagen: Weil wir
in den letzten Tagen gerade wieder eine Feieraktion für 15 neue U-Bahn-Züge
erleben durften, seien im Zusammenhang mit den Wiener Linien auch die
150 ULFs erwähnt, die Wien gekauft hat, und sei auch hier nochmals darauf
hingewiesen, wie viel Geld wir hier in Wirklichkeit sparen hätten können und
besser investieren hätten können:
Wien hat 150 ULFs für 2014 bestellt, um
357 Millionen EUR, was bedeutet: 2,38 Millionen EUR pro
Stück; und in Graz hat man 45 solcher ULFs bestellt um 91 Millionen, das
heißt: pro Stück um rund 2 Millionen EUR. - Das gibt es
wahrscheinlich nur in der Stadt Wien, dass man bei einer höheren Stückzahl
einen höheren Preis pro Stück zahlt, während es in anderen
Gebietskörperschaften möglich ist, dass man bei einer geringeren Stückzahl
einen besseren Kaufpreis verhandelt. Wenn Sie hier so verhandelt hätten wie die
Stadt Graz unter einem ÖVP-Bürgermeister, dann hätten Sie sich
57 Millionen EUR erspart, und mit diesen 57 Millionen EUR
hätten Sie schon mehr als zwei Jahre lang den vollen 15-Minuten-Takt auf den
Wiener Schnellbahnen finanzieren können. Das hätte Sinn gemacht im öffentlichen
Verkehr! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zum
Wort gemeldet ist nun ein zweites Mal Herr GR Dipl-Ing Margulies. – Bitte.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): In aller Kürze: Kollege Gerstl, es ist zwar schön, dass Sie
den Akt durchaus aufmerksam gelesen haben, aber es dürfte Ihnen dabei
wahrscheinlich entgangen sein, dass es sich um eine Darstellung der Wiener Linien
über die geplante Entwicklung handelt. - Gut und schön, mit der geplanten
Entwicklung der Wiener Linien sind wir nicht in allen Teilen zufrieden, nur:
Über diesen Teil wird nicht abgestimmt!
Es gibt einerseits den Motivenbericht, dem
Motivenbericht folgen drei Punkte, und es gibt den Aufsichts- und
Kontrollvertrag. Dass in den Unterlagen die Entwicklung der Wiener Linien
vorliegt, ist gut und schön; und das, was gerade dieser Vertrag ermöglicht,
ist, dass wir jetzt als Gemeinderat stärker als bisher auf die zukünftige
Entwicklung der Wiener Linien Einfluss nehmen können, und nicht das Gegenteil.
Aber es entspricht anscheinend tatsächlich Ihren
Ambitionen, öffentliche Verkehrsmittel immer möglichst weit weg von
öffentlichen Körperschaften zu betreiben. - Wir halten das für falsch. Wir
stehen dazu, dass öffentliche Verkehrsmittel nicht weiter ausgegliedert und
privatisiert werden. Sie wollen das Gegenteil. Ich nehme das zur Kenntnis. -
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zum
Wort ist niemand mehr gemeldet. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Franz Ekkamp: Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und
Herren!
Die Debatte hat ja jetzt gezeigt, wie wichtig der
Aufsichts- und Kontrollvertrag für unsere öffentlichen Verkehrsmittel in Wien
ist. Weil da von der Volkspartei in der Präambel solch ein Konnex zur EU
hergestellt wurde, darf ich schon an die ersten Debatten seinerzeit erinnern,
als es noch geheißen hat: freie Ausschreibung von Verkehrsdienstleistungen! Das
ist auch mehrfach diskutiert worden, und wir alle wissen, was das für eine so
schöne Stadt wie Wien bedeutet hätte.
Dass die Volkspartei gerne privatisiert, das liegt in
der politischen Unterschiedlichkeit. Es ist eben so: Sie sehen das ein wenig
anders. Und wenn man hier schon ein möglicherweise durchaus positives Beispiel
anführt, so hätte ich mir doch gewünscht, dass man sich die Zeit nimmt, sich
auch die negativen Beispiele, auch in Europa, anzusehen, auf die zu verweisen
ist, wenn öffentliche Verkehrsmittel, -netze, Schienennetze oder -infrastruktur
privatisiert werden. Da gibt es ein sehr namhaftes Land, wo das passiert ist.
Ich bin aber froh, dass der Großteil der Kolleginnen
und Kollegen in diesem Haus dieser Ansicht nicht folgt. - Entschuldigen Sie
diese kleine Bewertung.
Ich glaube auch nicht, dass mit diesem Vertrag die
Wiener Linien der Kontrolle entzogen werden, denn das Kontrollamt kann nach wie
vor prüfen, und - ich weise noch einmal darauf hin - wir haben auch einen
Unterausschuss im Finanzausschuss. Ich weiß nicht, ob Sie da drinnen sitzen,
Kollege Gerstl, aber in diesem Unterausschuss sitzen namhafte Vertreter auch
der Volkspartei, und dort wird demnächst wieder das Thema Wiener Linien auf dem
Programm stehen, genauso wie wir alle Abteilungen, alle Betriebe de facto, wenn
es gewünscht wird, natürlich auf die Tagesordnung nehmen. Und da haben Sie
genauso das Recht, Fragen zu stellen und Informationen über alles zu bekommen.
Der zweite Punkt, den ich noch anmerken möchte - ich
will nicht allzu lange reden -, geht dahin, dass mit diesem neuen Aufsichts-
und Kontrollvertrag, den wir jetzt beschließen werden, natürlich auch die
Möglichkeit der In-house-Vergabe geschaffen wird und dass durch die neue Vorgangsweise,
dass die Konzessionen jetzt aus einer Hand vergeben werden, auch die Linien
besser optimiert werden, noch besser optimiert werden können. Ich sage gleich
dazu: Es wird keine Rücknahme privater Aufträge geben. Aber das ist im
Finanzausschuss auch schon diskutiert worden; die Mitglieder hätten Ihnen das
sagen können, das ist ihnen schon mitgegeben worden.
Vor einem warne ich jedoch: Dass man glaubt, jetzt
kann der Gemeinderat da alles bestimmen. Es ist natürlich im Vertrag schon festgehalten:
Auch mit dem neuen Eigentümereinfluss, wie im Vertrag eben vorgesehen, obliegt
die wirtschaftliche Gestionierung nach wie vor der Geschäftsführung, auch die
Tarifgestaltung. Das steht sehr deutlich drinnen im Punkt C
„Gesellschaftliche Begleitmaßnahmen", dass die Festlegung der Befassung
des Aufsichtsrates mit wichtigen Angelegenheiten, zum Beispiel
Tarifangelegenheiten oder die Sicherstellung der Partnerschaften, faktisch
damit gegeben ist.
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