Gemeinderat,
27. Sitzung vom 21.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 58
der SPÖ zu verantworten haben. Man braucht sich nicht zu wundern, wenn beim Arbeitsamt für Jugendliche in Wien 60 Prozent der Jugendlichen Migrationshintergrund haben. Dazu gehört eine verfehlte Wohnungspolitik, eine verfehlte Bildungs- und Spracherwerbspolitik, auch eine verfehlte Subventionspolitik.
Ich lade die SPÖ ein, sich ein Beispiel am
österreichischen Bundesheer zu nehmen, wo es sehr gut funktioniert, muslimische
Österreicher zu integrieren. Der Anteil bei der Garde ist ein ganz hoher. Da
gibt es Gebetsräume in österreichischen Kasernen und da funktioniert das
Zusammenleben ausgezeichnet.
Ich empfehle Ihnen, sich daran ein Beispiel zu nehmen
und endlich zu einer sinnvollen und effizienten Integrationspolitik zu kommen.
(Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau
GRin Nurten Yilmaz hat sich gemeldet. Ich bitte sie zum Rednerpult.
GRin Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Verehrte Damen und Herren!
„Multiethnische Konflikte gefährden Wiens Sicherheit."
Da fällt mir ein Zitat von Erich Kästner ein: „Die Dummheiten wechseln, aber
die Dummheit bleibt."
Wir haben hier von Kolleginnen und Kollegen von der
FPÖ schon ähnliche Behauptungen vor nicht allzu langer Zeit gehört: Wenn wir
der EU beitreten, müssten wir gepresste Blattläuse trinken. Jetzt setzt die FPÖ
mit der Behauptung der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch
multiethnische Konflikte noch eines drauf.
Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich ist der
Wiener Gemeinderat der falsche Ort für diese Aktuelle Stunde. Für die
öffentliche Sicherheit ist nämlich der Bund zuständig. Die Abwehr von
allgemeinen Gefahren gegen Leib, Leben, Gesundheit und Eigentum liegt im
Kompetenzbereich des Bundes. Dieser Bereich ist im Sicherheitspolizeigesetz des
Bundes geregelt. Also, zuständig ist der Herr Innenminister. (GR
Mag Wolfgang Jung: Die Ursachen sind in der verfehlten
Einwanderungspolitik ...!) Aber, für die multiethnischen Konflikte ist die
FPÖ zuständig. Gibt man nämlich diesen Begriff zusätzlich mit dem Begriff FPÖ
in Google ein, kommen 207 Meldungen. Das ist natürlich für eine Partei mit
zwölf Mandaten eine beachtliche Anzahl an Meldungen, die unmittelbar
multiethnische Konflikte in sich birgt.
Ein Zitat noch von Albert Einstein. Er hat gesagt: „Zwei
Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem
Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Er hat aber auch gesagt,
dass alles relativ ist. Und darum sind Aktuelle Stunden dieser Natur leichter
zu ertragen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube eigentlich,
dass die FPÖ einen Modulgenerator mit Zufallsmischung hat. Da werden
offensichtliche übliche FPÖ-Kampfbegriffe von einem Computerprogramm nach dem
Zufallsprinzip immer wieder neu durchgemischt und dann lauthals verkündigt.
(Heiterkeit bei GR Dipl-Ing Omar Al-Rawi und GRin Mag (FH)Tanja Wehsely.)
Da gibt es zum Beispiel Begriffe wie Asylanten, Kriminalität, Islamisten,
Drogenhandel, Schwarzafrikaner, Schlepper, Multikulti-Traum und, nicht zu
vergessen, die linkslinken Anarchos. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS:
„SPÖ-Wien"!) Und dann die Begriffe Sicherheit, Ruhe und Ordnung,
ordentliche Steuerzahler und der kleine Mann und so weiter. Irgendjemand in der
FPÖ-Zentral mischt diese, wirbelt diese Begriffe durcheinander, und dann kommt
als Ergebnis: „Asylanten gefährden Ruhe und Ordnung" oder – wie unser
heutiges Thema – „Multiethnische Konflikte gefährden Wiens Sicherheit“ heraus.
Sehr geehrte Damen und Herren! In Favoriten hat es
vor zwei Wochen eben diese Rauferei gegeben, deren Motiv laut Aussagen der
Exekutive im privaten Bereich liegen. Die FPÖ hat natürlich aber ihre eigenen
Ethnologen ausgeschickt, und die haben dann in der Ferndiagnose einen
kurdisch-türkischen Konflikt attestiert.
Jetzt frage ich Sie: Finden Sie eine Schlägerei wegen
privater Gründe weniger gefährlich als wegen angeblicher ethnischer Konflikte?
Ist das weniger gefährlich? Tut Ihnen ein blaues Auge aus privaten Gründen
weniger weh als ein ethnisch begründetes? (GR Mag Harald STEFAN: Sicher!)
– Ja, das glaube ich Ihnen. (GR Mag Harald STEFAN: Sonst hätten wir
keine ...! Sonst bräuchten wir keine Diskriminierungsgesetze!) Wenn
nationale schlagende Verbindungen sich gegenseitig das Gesicht aufschlitzen, ist
das ja bei Ihnen nur Brauchtumspflege. (Beifall bei der SPÖ.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir von der SPÖ lehnen
jede Form von Gewalt ab. Wir von der SPÖ haben auch nicht die Anzahl der
Polizistinnen und Polizisten in Wien verringert. (Ruf bei der FPÖ: Verharmlosung!)
Das haben Ihre KollegInnen in der letzten abgewählten Bundesregierung getan.
(Beifall bei der SPÖ.)
Die Beamten, die jeden Tag in Wien ihren schwierigen
Dienst tun, werden leider vom Innenminister im Stich gelassen. In Favoriten –
das muss man sich einmal vorstellen – wurden vom Oktober bis Dezember 2007
8 000 Überstunden der Polizei einfach gestrichen. Das ist ein Skandal,
werte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Wir in der SPÖ wollen mehr Polizeibeamte für Wien.
Wir bereiten mit eine Vielzahl von Maßnahmen vor, dass Wienerinnen und Wiener
in Frieden leben können. Das Aufhetzen der Menschen gehört selbstverständlich
nicht dazu. Ich sage Ihnen noch eines: Wären die Muslime in Wien so
gewaltbereit, wie Sie es immer wieder unterstellen, dann wäre die Demonstration
vor wenige Wochen in Brigittenau ganz anders verlaufen. Denn der von Herrn
Strache mit der Unterstützung von Herrn Aigner angeführte Mob hat vor der
Kulturzentrale „anzünden, anzünden“ gekreischt. (GR Dr Herbert Madejski:
Mob! Das ist gut!) Frauen mit Kopftuch wurden beschimpft, und Familien haben
sich aus ihren Häusern nicht rausgetraut. (GR Dr Herbert Madejski: Mob!)
Vorsitzender GR Günther Reiter
(unterbrechend): Bitte zum Schluss zu kommen!
GRin Nurten Yilmaz (fortsetzend): Sogar
Kinderhetzer wurden in Frieden gelassen! Also, erzählen Sie uns nicht, woher
die Gefährdung für die Sicherheit kommt!
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