Gemeinderat,
27. Sitzung vom 21.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 58
Vorsitzender GR Günther Reiter
(unterbrechend): Bitte den Schlusssatz, Frau Kollegin!
GRin Nurten Yilmaz (fortsetzend): Danke
schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr GR
Mag Jung hat sich zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Herr Vorsitzender!
Die freiheitlichen Kampfrhetoriker im „Kurier"
haben heute wieder die Überschrift verfasst. – Man sieht ja typisch, Frau
Kollegin, welchen Unsinn Sie anbringen. Schlagen Sie heute die Zeitungen auf!
Sie finden keine Zeitung, wo dieses Problem nicht angesprochen wird. (GRin
Mag Alev Korun: Was hat das mit Kurden zu tun? Was hat das mit ethnisch zu
tun?) – Was glauben Sie denn, was sonst da dahinter steckt?! Das sind
ethnisch-kulturelle Probleme, die Sie mit Ihrer verfehlten Einwanderungspolitik
nach Österreich importiert haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Kollege Dr Ulm hat vorhin zwei Worte im
Zusammenhang mit dem Problem sehr richtig verwendet: „derzeit" und
„noch". Das stimmt. Es ist derzeit noch nicht so schlimm, wir hatten noch
nicht wie in Belgien oder in Deutschland 40 000 Kurden auf der Straße, die
die Autobahnen blockiert haben. Wir hatten derzeit noch nicht die Vorfälle, wie
sie aus London oder aus Spanien bekannt sind. Aber wollen Sie warten, bis es
soweit kommt, meine Damen und Herren? Wir sehen das anders; hier wird es Zeit
umzudenken, höchste Zeit umzudenken und nicht die Augen zuzumachen, weil es
unangenehm ist und weil es auch nicht schön ist und man die Realität nicht
erkennen will!
Die Frau Rohrer schreibt heute im „Kurier" ganz
richtig: „Aus tiefsitzender Furcht" – in einem anderen Zusammenhang – „vor
einer falschen Einschätzung der Lage" ist das österreichische Motto:
„Wegschauen, solange es eben geht, nichts in die Wege leiten ... Dieses
nationale Leitbild erfordert dringend eine Änderung."
Und hier gilt es zu erkennen: „Was ist die Wurzel des
Problems?“ Schauen Sie sich die Situation in der Welt an und verschließen Sie
die Augen nicht! In allen Bereichen, wo Völker mit völlig unterschiedlichen
Kulturen und Ethnien ohne äußeren Druck zusammenleben, in einem Staat oder
einer Region, kommt es zu gefährlichen Spannungen, die sich immer wieder – und
das können Sie auf der Weltkarte verfolgen! – explosionsartig entladen. Sie
können das beobachten von Pakistan bis Kurdistan, von Zentralafrika über den
Nahen Osten bis hinunter auf den Balkan.
Ja, auch bei uns in Europa war am Beispiel Jugoslawiens
deutlich zu erkennen, wohin es führt, wenn völlig unterschiedliche Ethnien von
außen her – es war eine Folge des Zweiten Weltkriegs, dass dieser Kunststaat
geschaffen wurde – zusammenleben mussten. (GRin Mag Alev Korun: Das ist
der neue Rassismus!) Es ist blutig ausgegangen! Und das war nur wenige
Kilometer von unserer Grenze entfernt, was sich da abgespielt hat. Und das ist
nicht vorbei. Schauen Sie gerade in diesen Tagen in den Kosovo! Schauen Sie,
was sich in Mazedonien anbahnt, und blicken Sie auch nach Bosnien und
Herzegowina, wo auch drei völlig unterschiedlichen Gruppierungen zum
Zusammenleben gezwungen sind und wo es von einem Monat auf den anderen
schiefgehen kann. (Zwischenruf von GRin Mag Alev Korun.) – Das ist ein
Faktum, Frau Kollegin. Sie brauchen nur die Zeitungen aufzumachen! Terror, Blut
und Bomben sind das Ergebnis dieser verfehlten Politik, nicht nur auf dem
Balkan. (Beifall bei der FPÖ.)
Sie finden das auch im ach so friedlichen Westeuropa,
dass solche Konflikte entstehen. Das beginnt in Irland, das können sie bei den
Basken verfolgen, das können sie in Korsika sehen, und sogar die sonst so
zivilisierten Schweizer haben es im kleineren Ausmaß mit den Jurassen erlebt.
Und sogar einer der Gründungsstaaten der Union
zerfällt aus ethnischen Gründen. Schauen Sie doch, was sich in diesen Tagen in
Belgien tut! Dieser Staat wurde ebenfalls nach den Napoleonischen Kriegen
künstlich geschaffen. Er funktioniert einfach nicht, weil zwei Nationen nicht
miteinander leben wollen und weil in der Geschichte dieser beiden Nationen
immer die eine versucht hat, die andere zu dominieren.
Und ausgerechnet bei uns soll es anders sein, meine
Damen und Herren? Das Problem ist, dass unsere Toleranz von vielen dieser
Zugewanderten als Schwäche ausgelegt wird. Da brauche ich nicht tausende
Terroristen; eine Hand voll hat in Großbritannien oder in Spanien genügt!
Dieser Gefahr gegenüber gilt es nicht tolerant zu sein.
„Wer heute die Werte der Aufklärung verteidigen will,
der muss intolerant sein,“, meine Damen und Herren, „der muss Grenzen ziehen
und darauf bestehen, dass diese nicht überschritten werden (Zwischenruf von
GRin Mag Alev Korun), der darf Ehrenmorde nicht mit dem kulturellen
Hintergrund der Täter verklären und den Tugendterror religiöser Fanatiker nicht
zur Privatangelegenheit einer anderen Rechtskultur degradieren, die man
respektieren müsse, weil es als unfein gilt, Tatsachen anzusprechen, dass nicht
alle Kulturen gleich und gleichwertig sind.“ (Zwischenruf von GRin
Mag Alev Korun.)
„Toleranz gegenüber der Intoleranz ist die Anleitung
zum kollektiven Selbstmord“, Frau Kollegin!, „Wir brauchen nicht mehr Toleranz,
sondern wir brauchen mehr Militanz.“, meine Damen und Herren. (GR Jürgen
Wutzlhofer: Was heißt das? – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)
Und damit Sie sich nicht wieder aufregen: Das stammt
nicht von mir, das stammt von Herrn Henryk Broder anlässlich einer Rede zur
Verleihung des Ehrenpreises für Toleranz und Handeln an Martin Pollak. (Beifall
bei der FPÖ.)
Hätte ich es ausgesprochen, würden manche von Ihnen wahrscheinlich schon
wieder nach dem Staatsanwalt rufen, weil das ein Freiheitlicher tut. Und da
muss ich Ihnen noch etwas sagen: Dürfen eigentlich manche Wahrheiten nicht von
allen ausgesprochen werden? Auch das sollte Ihnen zu denken geben, meine Damen
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