Gemeinderat,
27. Sitzung vom 21.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 58
Ich bin schon der Meinung, jeder kann seinen Lebensstil selbst wählen, ich bin aber nicht der Meinung, dass man sagen kann, wenn jemand sich mit 20 Jahren dafür entscheidet, dass er eigentlich nicht arbeiten will und keine weitere Ausbildung machen will und ihn das eigentlich alles nicht interessiert: Der Gesellschaft ist das eigentlich egal. Daher ist ein ganz wesentlicher Aspekt in dem Projekt, auch individuell abzuklären: Wo sind Ressourcen? Wo sind Probleme? Wie kann man die Menschen auch darin unterstützen, zukünftig ein Leben zu leben, wo wirklich derjenige oder diejenige auf eigenen Beinen stehen kann? Das wird der wesentliche Punkt sein.
Ich kenne das Projekt in Graz auch, Sie ja auch. Da
wissen wir auch beide, da können wir nicht von einem 100-prozentigen Erfolg bei
allen ausgehen. Wichtig ist zu schauen, wo Ressourcen da sind, diese zu nützen,
um zu einer Veränderung des Lebens beitragen zu können.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke, Frau Stadträtin. – 4. Zusatzfrage: Herr
GR Lindenmayr, bitte.
GR Siegi Lindenmayr (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Ich hätte gerne gewusst, ob es schon Kontakt zu den
umliegenden Einrichtungen gegeben hat.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Den
hat es selbstverständlich gegeben. Nach der Information des Bezirks und auch
der Festlegung, dass es die Bürgerversammlung geben wird, gab es sofort vom
Fonds Soziales Wien bereits am 7.11. Termine mit der Volksschule, mit dem
Kindergarten, mit dem Hort, mit der Berufsschule und natürlich auch mit dem
Meiselmarkt. Es finden seither laufend Gespräche statt, wo es eben ganz konkret
darum geht, die Vereinbarung, die mit den Bewohnerinnen und Bewohnern getroffen
wird, auch ganz genau darauf abzustellen, was für die umliegenden Institutionen
sehr wichtig ist. Das heißt, es gibt Ansprechpersonen und der Dialog ist da.
Man muss auch eines ganz klar sagen: Im Gegensatz zu
dem, was hier insbesondere von einer Partei dargestellt wird, ist es nicht so, dass
alle die Welle machen, dass das Projekt dort hinkommt, auch von
Untergangsstimmung ist keinesfalls die Rede. Es ist der Kontakt da und es
finden auch sehr, sehr gute Gespräche statt.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Die letzte Zusatzfrage: Herr GR Mag Kowarik.
GR Mag Dietbert Kowarik
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadträtin!
Ich empfehle Ihnen einmal, dass Sie tatsächlich mit
den Anrainern dort oben sprechen. Die werden Ihnen vielleicht etwas anderes
erzählen. Sie haben auch davon gesprochen, dass eine Vereinbarung mit den
Herrschaften, also mit den Anrainern gemacht werden soll oder gemacht wurde.
Vereinbarung ist immer zweiseitig. Ich weiß nicht, ob die Anrainer und
Geschäftsleute in dem unmittelbaren Grätzel gerne eine Vereinbarung diesbezüglich
eingehen würden. Ich kann es mir nicht vorstellen und empfehle, dass Sie heute
Abend auch zur Informationsveranstaltung gehen. Da werden Sie ja hören, was die
Anrainer wirklich meinen.
Zur 1. Zusatzfrage von mir bezüglich der
Information haben Sie gesagt, dass der Fonds Soziales Wien die Johnstraße schon
länger als Option hat. Der Bezirk hat davon offensichtlich nichts gewusst, auch
das haben wir schon gesagt. Soll so sein, wir müssen uns leider jetzt damit
auseinandersetzen.
Meine 2. Zusatzfrage betrifft die Kosten, die
kolportiert wurden. Es wurde gesagt, dass 750 000 EUR für den Ankauf
des Hauses aufgewendet werden müssen, 50 000 EUR rund für Sanierung
und 500 000 EUR Betreuungskosten pro Jahr. Das sind die Zahlen, die
in den Medien herumgeistern. Sie werden uns vielleicht heute sagen, wie es
wirklich ist. Das wären 1,3 Millionen EUR im ersten Jahr. Wenn man mit 30 Punks rechnet – Sie
haben gesagt, bis 35, ich sage einmal 30 Jugendliche –, die dort
reinkommen, ist das eine doch ziemlich hohe Zahl. Das wäre dann
43 000 EUR pro Jugendlichen pro Jahr, wenn Sie das so rechnen wollen
beziehungsweise 3 600 EUR im Monat.
Glauben Sie, dass diese Kosten wirklich
gerechtfertigt sind für Jugendliche, die unsere Gesellschaft bewusst ablehnen,
gerade auch im Hinblick auf jene Bürger, die täglich arbeiten gehen und die
tatsächlich mit ihren Steuergeldern dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft
erhalten wird?
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Herr
Gemeinderat!
Zunächst einmal: Das ist ein Missverständnis, ein
bewusstes oder unbewusstes. Selbstverständlich gibt es keine Vereinbarung mit
den Anrainerinnen und den Anrainern, sondern es gibt eine Vereinbarung mit den
Bewohnerinnen und Bewohnern, wo es ganz klare Regeln gibt, an die es sich zu
halten gilt. Es ist auch die Konzeption so, dass es dort keinen
Veranstaltungsraum geben wird. Es wird dort überhaupt kein autonomes Projekt
geben, sondern es wird 24 Stunden, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr
Betreuung diesbezüglich geben.
Schauen Sie, Herr Kollege Kowarik, wir werden in dieser Frage auf keinen
grünen Zweig kommen, weil wir unterschiedliche gesellschaftspolitische Konzepte
vertreten. Die Frage ist: Ist der soziale Friede in dieser Stadt uns das wert
oder nicht? Und diese Frage kann man mit Nein beantworten, wenn man der Meinung
ist, man möchte eigentlich möglichst viele Wickel, und überall dort, wo
Wickelpotenzial ist, gießt man noch möglichst viel Öl ins Feuer oder schneidet
sich die Wange auf oder sonst irgendetwas. Das ist die eine Variante. Die
andere Variante ist zu wählen, wenn man der Meinung ist, dass man das in dieser
Stadt nicht möchte, und wenn man nicht möchte, dass Häuser besetzt werden, und
keine Gewalt möchte. Man möge nur in das sonst oft hoch gelobte Skandinavien
schauen. Schauen wir nach Dänemark, schauen wir nach Stockholm, schauen wir
aber auch nach Belgien, wo es regelmäßig Krawalle gibt. Das möchte ich in
dieser Stadt nicht, und dafür sind es mir die eingesetzten Mittel auch wert,
jawohl! (Beifall bei der
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