Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 91 von 118
Da kann man nur fragen: Was ist Kunst im öffentlichen Raum in Baku? Wo bleiben die geforderte Nachvollziehbarkeit und die Transparenz?
So geht es seitenweise weiter mit Abweichungen und
Über- und Unterschreitungen von dem, was als Budget beschlossen wurde und dem
Stadtrat als Ausgabenrahmen vorgegeben wurde.
Typisch für diesen Arbeitsstil ist zum Beispiel die
Begründung für Mehrausgaben in Höhe von fast 5 Millionen EUR. Diese
Mehrausgaben resultieren – ich zitiere wörtlich: „aus nicht veranschlagten
Förderungen diverser Institutionen". Da kann man nur fragen: Wurden diese
Fördermittel bei der Budgeterstellung einfach vergessen? Oder hat der Stadtrat
bei seiner Förderung mit der Subventionsgießkanne einfach ein paar Millionen
mehr verschüttet, als ursprünglich vorgesehen? Oder hat er vielleicht auch nur
einen Wink von besonderer Seite bekommen, teure Wünsche zu erfüllen, und das
somit getan? – Dieser Rechnungsabschluss zeigt den Zustand des
Kulturressorts und den lockeren Umgang mit öffentlichen Geldern ganz
dramatisch! (Beifall bei der ÖVP.)
Es wurde von meinen Vorrednern schon zu Recht
kritisiert, dass uns ein mehr als 100 Seiten dicker Kulturbericht wenige
Stunden vor einer Kulturdebatte mit dem Hinweis präsentiert wird, man könnte ja
nun darüber diskutieren.
Im Kulturbericht sagt der Herr Stadtrat wörtlich:
„Mehr Geld allein ist nicht genug für Kultur. Die oberste Aufgabe einer
verantwortungsvollen Kulturpolitik besteht in der nachhaltigen Investition der
öffentlichen Mittel." – Richtig! Ich frage nur: Warum geschieht es
nicht?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Wie war das eigentlich
mit der Förderung des Theatervereins Wien für die Errichtung eines
Kulturzentrums auf dem Gelände des ehemaligen Kabelwerks? Dabei geht es
immerhin um 5 Millionen EUR. Im November vergangenen Jahres wurde binnen
weniger Tage ein dünner Subventionsakt angefertigt, und einige Stunden bevor
der Kulturausschuss mit dieser Millionen-Subvention befasst wurde, folglich
noch ehe überhaupt ein Beschluss gefasst werden konnte, hat der Herr Stadtrat
in einer Presseaussendung diese großzügige Förderung verkündet. Die Mehrheit
hat die Desavouierung brav übersehen. Es wurden 5 Millionen EUR für –
Zitat – „die Errichtung des Kabelwerkes beschlossen“.
Alle unsere Fragen zum Kabelwerk sind damals
unbeantwortet geblieben: Wer leitet das Unternehmen? – Keine Antwort. Was
wird dort gespielt? – Keine Antwort. Wie wird der laufende Betrieb
finanziert? – Keine Antwort.
Beschlossen wurden 5 Millionen EUR für die
Errichtung, und man darf jetzt gespannt sein, was uns der Herr Stadtrat bei der
nächsten Pressekonferenz, die knapp bevor steht, sagen wird. – Bleibt es
bei den hohen Errichtungskosten? Werden sie überschritten? Oder wird der Bau
vielleicht billiger, damit Geld für den laufenden Betrieb bleibt? – Wir
werden an dem Thema dranbleiben, weil diese Vorgangsweise symptomatisch ist:
Statt dass ein klares kulturpolitisches Konzept erstellt und klare,
nachvollziehbare Entscheidungen getroffen werden, wird verwaltet, und zwar
chaotisch. Selbst wenn es klare Beschlüsse gibt, wird nachträglich
uminterpretiert und nach Tagesverfassung Steuergeld ausgegeben.
Diese Kulturpolitik ramponiert die Wiener
Kulturszene. Beispiele wurden von meinen Vorrednern genannt. Die Theaterreform
ist gescheitert. Theaterleichen und Subventionsruinen sind das sichtbare
Ergebnis. Die Theaterschaffenden sind, wie man inzwischen täglich nachlesen
kann, empört. Die Kuratoren befinden über Subventionen, wobei sich der
Stadtrat, wie wir aus anderen Diskussionen wissen, trotz gegenteiliger
Versprechungen und Vereinbarungen immer wieder nicht an deren Empfehlungen
hält, Stichwort: Lustspielhaus – Operettensommer, und üben sich in
Zynismus. Und die Mittel- und Kleintheater wissen nicht, wie es weitergehen
soll.
Aktuelle Beispiele sind das Erste Wiener Lesetheater,
von dessen Ende man heute in den Zeitungen lesen kann, oder auch jene
vernichtende Kritik Kulturschaffender an der Theaterreform, die heute im
„Standard" veröffentlicht wurde. Unterschrieben haben das immerhin Leute
wie Elfriede Jelinek, Holger Neuwirth, Marlene Streeruwitz, Helene Weinzierl et
cetera. Sie kritisieren die Besetzung des Kuratoriums, das über die Vergabe der
Fördermittel zu befinden hat, und sagen: „Die Besetzung des Kuratoriums
erfolgte nach Auswahlkriterien, die entgegen jeglicher Absicht der Theaterstudie
untransparent bleiben. In erster Linie scheint die Bestellung im Interesse der
Politik und nicht der Kunst zu funktionieren, wie man zuletzt demonstriert in
der Antwort der KuratorInnen auf Regisseur Robert Quittas
kabarettistisch-literarische Satire auf die Reform sehen konnte." –
Robert Quitta hat wenige Tage davor einen sehr präzisen Artikel beziehungsweise
eine Fiktion über den Zustand der Wiener Theaterszene während und nach der
Theaterreform geschrieben.
Ich erspare mir, weitere Großbaustellen des
Kulturressorts aufzählen, mein Kollege Bernhard Dworak wird weitere Beispiele
der chaotischen und teuren Wiener Kulturpolitik nennen.
Ähnlich geht es auch in der Wissenschaftspolitik zu. Ich
erlaube mir daher, einen Beschluss- und Resolutionsantrag betreffend Maßnahmen
zur Förderung von Wissenschaft und Forschung in Wien einzubringen:
„Die zuständigen Stellen der Stadt Wien mögen zum
Zweck der Förderung der Wissenschaft und Forschung in Wien folgende Maßnahmen
setzen: Bündelung aller von der Stadt Wien bestehenden wissenschaftlichen
Kompetenzen, Förderprogramme und Fördermaßnahmen in einem Ressort, Erstellung
einer auf mehrere Jahre angelegten und mit genauen inhaltlichen, organisatorischen
und finanziellen Zielsetzungen versehenen Wissenschafts- und
Forschungsstrategie für Wien.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige
Abstimmung.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Ich komme damit schon zum Ende.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch dieser Rechnungsabschluss beweist,
dass der Kulturstadtrat sein Ressort
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular