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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 90 von 118

 

bereichern würde!

 

Es gibt aber auch anderes an diesem Kulturbericht zu bekritteln, nämlich die Tatsache, dass zum Beispiel der Posten „Interkulturelles" nicht in einzelne Subventionsvergaben aufgeschlüsselt ist, wie auch andere kleinere Rahmenbeträge nicht aufgeschlüsselt sind. Das führt wiederum dazu, dass die Liste der Subventionsnehmer unvollständig ist, und das ist natürlich umso bedauerlicher, als es bei diesem Kulturbericht ja um Transparenz und nicht um Nebelgranaten gehen soll.

 

Ein paar Dinge haben wir aber doch bereits aus diesem Kulturbericht herausgelesen, die uns durchaus bedenklich stimmen. Da kann ich quasi an die letzten Worte von Herrn Stefan anschließen, und zwar in der Frage der parteinahen Vereine. Wenn ich mir nämlich die Liste der Subventionsnehmer anschaue, dann muss ich feststellen, dass ÖVP und SPÖ durchaus kräftig in die Kassa greifen. All jene Parteivereine, die direkt ÖVP oder SPÖ zuordenbar sind, bei denen Politiker im Vorstand sitzen oder die ganz klar auch mit den Veranstaltungen für ihre Partei werben, bekommen insgesamt 3,5 Millionen EUR aus dem Kulturbudget, und das ist ein ganz schöner Brocken, das sind umgerechnet 50 Millionen ATS! Das ist mehr, als wir für Projektförderung im Bereich der Theaterkultur zur Verfügung haben, das ist wesentlich mehr, als wir für die Literatur zur Verfügung haben, und das ist mehr, als wir für die bildende Kunst in dieser Stadt zur Verfügung haben!

 

Natürlich machen nicht all diese Parteivereine nur schlechte Veranstaltungen. Wir alle wissen, dass das Donauinselfest auch ein schönes Fest ist. Aber es lässt sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass 3,5 Millionen EUR direkt an Parteivereine gehen.

 

Außerdem gibt es sehr wohl einige Vereine, mit denen ich große Probleme habe. Da gibt es zum Beispiel – um jetzt auch die ÖVP in die Pflicht zu nehmen – den Verein Stadtforum. Auf dem Papier macht dieser Verein Stadtforum ganz wunderbare Veranstaltungen zum Diskurs über die Stadt. Ich frage aber, sehr geehrte Damen und Herren: Muss es sein, dass Herr Norbert Walter dort in zentraler Funktion tätig ist? – Nein! Das kommt mir eher vor wie die Förderung einer Nebenparteiakademie als eine kulturelle Bereicherung des Lebens in unserer Stadt!

 

3,5 Millionen EUR sind immerhin 2,12 Prozent des Kunstbudgets, und das ist ganz schön viel Geld! Ich meine, es ist zu viel Geld für parteinahe Vereine! Wir halten diese Politik des Sich-gegenseitig-Geld-Zuschiebens zwischen ÖVP und SPÖ jedenfalls für einigermaßen hinterwäldlerisch und jenseitig

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat in den letzten Monaten natürlich auch viele aktuelle Diskussionspunkte gegeben. Ich möchte es aber bei den von mir angeführten gröberen und größeren Kritikpunkten belassen. Wir werden ja auch morgen im Gemeinderat noch die Chance haben, über das eine oder andere zu diskutieren.

 

Abschließend sei gesagt: Es ist schön, dass das Kulturbudget steigt, aber es wäre noch schöner, wenn noch mehr Positives damit geschehen würde! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr Dr Wolf hat sich zu Wort gemeldet. – Ich erteile es ihm.

 

GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich nehme zur Kenntnis, dass die GRÜNEN zumindest in der Gestalt von Marie Ringler gegen das Wiener Stadtfest auftreten. Sie wollen nicht, dass in Wien auf den Straßen Kunst und Kultur präsentiert wird, und sie sind auch gegen eine intellektuelle Auseinandersetzung. Das ist nämlich das Ziel des Wiener Stadtforums, bei dem eine intellektuelle Auseinandersetzung mit Zukunftsfragen dieser Stadt gepflogen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir lehnen diesen Rechnungsabschluss ab. Jede Zahl dieses Rechnungsabschlusses bestätigt nämlich die Kritik, die wir am Budget geübt haben. Es war ein Hausnummern-Budget, und entsprechend sieht nun auch der Rechnungsabschluss aus. Kaum ein Ansatz des Kulturbudgets wurde eingehalten. Zwischen den Ansätzen wurde hin und her geschoben, Steuergeld wurde hin und her gebucht, und insgesamt wurde überzogen. Das widerspricht allen Grundsätzen der Budgetklarheit, der Budgetwahrheit und der Transparenz!

 

Insgesamt wurde das vom Gemeinderat beschlossene Kulturbudget um 27,6 Millionen EUR überzogen, das sind immerhin rund 12 Prozent. Und noch ehe die Weihrauchfass-Schwinger das Rednerpult besteigen und uns pathetisch auffordern, dem Herrn Stadtrat doch dankbar zu sein, dass er so viel mehr Geld für die Wiener Kultur ausgegeben hat, sage ich Ihnen: Mehr Geld für die Finanzierung der Kultur ist immer gut, aber das ist nicht das Thema des Rechnungsabschlusses!

 

Ich frage: Wozu beschließt der Gemeinderat eigentlich ein detailliertes Budget, wenn sich der Stadtrat nicht daran hält, Millionen zwischen den einzelnen Budgetansätzen hin und her geschoben werden und Steuergelder nach Gutdünken ausgegeben werden, und zwar – und das ist ein weiterer Vorwurf – nach Kriterien, die oft nicht nachvollziehbar sind? Wo bleiben da die Budgetwahrheit, die Budgetklarheit und die Transparenz bei der Vergabe öffentlicher Mittel? (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der Rechnungsabschluss dokumentiert seitenweise Abweichungen vom beschlossenen Budget, was häufig einer gewissen unfreiwilligen Komik nicht entbehrt. – Ich zitiere: „Ansatz 3120, Post 728: Mehrausgaben für die Finanzierung des Projektes Kunst im öffentlichen Raum und für die Anfertigung einer Mozartbüste in Baku: mehr als 230 000 EUR.

 

Ansatz 3120, Post 775: Mehrausgaben für die Finanzierung des Projektes Kunst im öffentlichen Raum und für die Anfertigung einer Mozartbüste in Baku: 320 000 EUR.

 

Ansatz 3120, 777: Mehrausgaben für die Finanzierung des Projektes Kunst im öffentlichen Raum und für die Anfertigung einer Mozartbüste in Baku: 221 000 EUR."

 

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