Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 89 von 118
wir haben uns dieses Jahr die Mühe gemacht, die letzten sieben Jahre zu vergleichen –, dann sehe ich eine Auffälligkeit, die darin besteht, dass es, wenn man die großen Budgetbrocken wie das Mozartjahr und so weiter wegrechnet, schlussendlich ein Budget der Fortschreibungen und der Fortsetzungen ist.
Es ist zwar richtig, dass das Budget immer wieder gestiegen
ist. Es ist aber nun einmal zugunsten der sehr großen Institutionen und der
großen Events gestiegen, etwa zugunsten Mozartjahres, des Theaters an der Wien
oder der Vereinigten Bühnen, nicht aber zugunsten der sehr vielen
interessanten, innovativen kleineren
Institutionen und Initiativen dieser Stadt. Das finden wir bedauerlich, weil
wir glauben, dass eigentlich von den Rändern – und das meine ich jetzt im
ernsten Sinne sehr positiv – die spannenden Ansätze kommen, die stärker
gefördert werden sollten. Ich meine nämlich, dass die großen Institutionen sehr
gut auf sich selbst schauen können und sehr viel besser in der Lage sind, an
Sponsoren zu kommen und auf diese Weise unsere Stadt auch zusätzlich zu
bereichern.
Das Budget ist also im
Rückblick eher von Fortschreibungen geprägt. Das bedaure ich sehr, und das
lässt mich fragen, wann denn zum Beispiel die Ruster Ankündigung des Herrn
Stadtrats umgesetzt wird, die aus unserer Sicht durchaus positive Idee des
„Fast Money" aufzugreifen. Ich lese auch im Kulturbericht von dieser Idee,
aber vergangenes Jahr ist sie nicht umgesetzt worden, und wir haben jetzt
immerhin schon Juni, und sie ist auch heuer noch nicht umgesetzt worden. In
Anbetracht dessen habe ich den Eindruck, dass die Bereiche, in denen es wirklich
Innovatives gäbe, eher links liegen gelassen werden.
Zum Bereich der
Netzkultur, wo man zum Beispiel versucht hat, Neues zu entwickeln, müssen wir
rückblickend sagen, dass es trotz des ehrenhaften Versuchs, neue Fördermodelle
und Methoden zu erarbeiten, wie man Gelder vergibt, in diesem Bereich leider
sehr viele Probleme gibt. Gerade im Bereich der Netzkultur mussten wir jetzt
zwei Jahre lang zusehen, wie eine Szene, die ursprünglich sehr blühend und
interessant war, in diesen Rädern des Sich-selbst-Geld-Zuschiebens eher
zermahlen wurde, so dass sich die Leute mittlerweile vor Gericht treffen. Ich
glaube, dass man sehr ernst nehmen muss, was da passiert ist, und dass man
dieses Fördermodell dringend reformieren muss.
Auch in der letzten
Tranche des Netzkulturfördermodells ist es zu Problemen gekommen, die man
einfach nicht verschweigen kann. Es gab da einen zweistufigen Prozess einer
Wahl und einer so genannten Validierung, und dabei haben sich Dinge ereignet,
die mit einer transparenten Fördervergabe nichts zu tun haben und uns sehr
bedenklich stimmen. Wir halten das für sehr problematisch und regen daher
dringend an, endlich das zu tun, was seit vielen Jahren vereinbart ist, nämlich
dieses Fördermodell extern zu evaluieren und grundsätzlich neu zu überdenken!
An dieser Stelle möchte
ich noch etwas festhalten: Wir sind sehr dafür, dass man auch neue Modelle
ausprobiert. Wir meinen aber, dass es der falsche Weg ist, das gesamte Geld in
einer sehr fragilen Szene auf diese Weise zu vergeben. Es war dies jedenfalls
eher ein Weg in den Streit als in Richtung Auftauen einer wichtigen,
innovativen und interessanten, aber sehr fragilen Community.
Nun noch ein paar
Bemerkungen zum Rechnungsabschluss: Wir haben uns Beispiele angeschaut, wie
diese Gelder vergeben werden, und es gibt da ein paar sehr interessante Fakten,
die einen doch bedenklich stimmen: 50 Prozent der Gelder werden nämlich an
1,2 Prozent der Institutionen vergeben. 75 Prozent der Gelder gehen an 5
Prozent der Institutionen. 90 Prozent der Gelder gehen an 14 Prozent der
Institutionen. Schlussendlich gehen 99 Prozent an 48 Prozent der
Institutionen, und das eine restliche Prozent teilen sich dann mehr als die
Hälfte aller Geförderten auf.
Diese ungleiche Verteilung
sollte man sich auch einmal anschauen! Verteilungsfragen sind nämlich immer
auch Teil einer politischen Debatte, und ich glaube, dass man sehr wohl auch
genau überlegen sollte, was das bedeutet! Das Thema Verteilung und
Verteilungsgerechtigkeit liegt uns GRÜNEN grundsätzlich sehr am Herzen,
insbesondere die Frage der sozialen Verteilungsgerechtigkeit.
Es gibt da ein grün-rotes
Projekt betreffend den Kulturpass, das wir für sehr positiv halten, und wir
freuen uns sehr darüber, dass es in den nächsten Monaten mit neuem Elan starten
wird. Dabei geht es darum, gerade sozial und finanziell schwächer gestellten
Leuten die Möglichkeit des Zutritts zu Kunst und Kultur zu ermöglichen. Wir
glauben, dass das ein sehr wichtiger Beitrag zur Verteilungsgerechtigkeit in
dieser Stadt ist, weil es dabei eben um die sozial und finanziell schlechter
gestellten Menschen geht, die sich oft an den Rand unserer Gesellschaft
gedrängt fühlen und gar nicht mehr wissen, was sie mit ihrer Freizeit tun
können, weil heutzutage fast schon alles, was man in der Freizeit tut, Geld
kostet. Und wenn man von so wenig Geld wie Sozialhilfeempfänger in dieser Stadt
leben muss, dann sind auch 5 EUR für eine Kinokarte zu viel. Deshalb
glauben wir, dass es sehr wichtig ist, dass dieser Kulturpass in ausgeweiteter
Form im Herbst starten kann, weil wir meinen, dass das ein sehr wichtiger
Beitrag zur Verteilungsgerechtigkeit in dieser Stadt ist. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Lassen
Sie mich noch ein paar Kritikpunkte zu jenen Punkten dieses
Rechnungsabschlusses anbringen, die uns bei Durchsicht des Kulturberichts
aufgefallen sind. – Grundsätzlich ist festzuhalten, dass wir uns natürlich
gar nicht darüber freuen, dass wir den Kulturbericht acht Stunden vor der
Debatte bekommen, denn das ist natürlich eine massive Erschwernis unserer Arbeit.
Klarerweise ist es sehr problematisch, wenn wir erst heute in der Früh den
Kulturbericht in Händen halten, heute am Abend schon eine profunde Analyse
desselben abzugeben. Und leider haben unsere Bemühungen der letzten Jahre, zu
erreichen, dass wir den Kulturbericht früher bekommen, nichts gefruchtet. Das
tut uns leid, weil das natürlich die Tiefe der Debatte
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