Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 118
Fokussierung ist.
Diese Tristesse des österreichischen Films bedeutet
fraglos auf Dauer aber auch ein Verschwinden einer regionalen Kultur. (Zwischenruf
von GRin Mag Marie Ringler.) Es gibt schon Preise, die dazu führen,
dass Filme nachher auch Erfolg haben, aber das sind andere Preise, wie sie etwa
in Cannes, Venedig oder Berlin verliehen werden. Diese Filme finden dann
üblicherweise Zugang zu den Kinos, aber die österreichischen Filme, die bei uns
prämiert werden, haben eben so niedrige Zuschauerzahlen, dass wir bei
2,09 Prozent Marktanteil liegen. Und ich nehme nicht an, dass Sie das gut
finden, Frau Kollegin! Aber Sie können ja nachher sagen, dass Sie meinen, dass
wir auf dem richtigen Weg sind! Ich glaube nicht, dass wir die Steuergelder nur
für eine eingeschworene Clique ausgeben sollten, die sich die Filme dann nur
untereinander anschauen! (Beifall bei der FPÖ.)
Ein ganz wesentlicher Punkt, den wir auch immer
wieder ansprechen, ist, dass Kunst, die vom Steuerzahler finanziert wird, eine
verantwortungsvolle Kulturförderung braucht, welche die Akzeptanz und
Anteilnahme der Bevölkerung zum Ziel haben muss. Das ist nun einmal so, und
daher müssen auch hier objektivierte Leistungskriterien eingeführt werden. Es
kann beim Film ruhig auch einmal ein Regisseur daneben hauen, wie man so schön
sagt, dann bekommt er halt eine zweite Chance. Aber wenn es dann wieder nicht
funktioniert, dann muss man das halt zur Kenntnis nehmen und das Geld anders
einsetzen.
Nun möchte ich mir noch eine kurze Bemerkung zum
Donauinselfest erlauben, das auch immer in die Kultur hineinspielt: Ich bin
immer wieder erstaunt über die Zahlen, die präsentiert werden! Das
Donauinselfest ist sicherlich ein Erfolg. Wenn ich aber höre, dass am Samstag
1,2 Millionen Menschen auf der Donauinsel waren, dann muss ich gestehen:
Das kann ich nicht glauben! (GRin Marianne Klicka: Gehen Sie hin, dann
werden Sie es sehen!) Ich glaube es nicht, tut mir leid! Auch wenn ich
hingehe, glaube ich es nicht. Ich kann nicht glauben, dass die ganze Wiener
Bevölkerung, die gehen kann, abgesehen von alten Menschen und Kleinstkindern,
auf der Donauinsel ist! Das glaube ich nicht, dann das ist schlicht und einfach
nicht wahr.
Ich darf nur zitieren, was Sie selbst publizieren,
und schlage Ihnen vor: Rechnen Sie einmal mit! Ich habe hier ein Bezirksjournal
mit einem Artikel und einem Interview mit Kopietz. Darin ist auch die Rede von
fast 3 Millionen Besuchern. Das Ganze wird ja auch immer als großer wirtschaftlicher
Erfolg hingestellt, und da steht tatsächlich: „Während des Inselspektakels 2004
gab es 48 000 zusätzliche Nächtigungen." – Gut: Die Wiener
schaffen es nicht, 1,2 Millionen Leute dorthin zu bringen, es kommen
einige auch aus dem Umland, das muss ich zugeben. Aber es müsste ja wirklich
jeder dort sein, und selbst wenn noch 48 000 Nächtigungen zusätzlich
hinzukommen, macht das bei 1,2 Millionen Menschen das Kraut nicht fett!
Interessanterweise steht da auch: „Von den
Besucherinnen und Besuchern werden insgesamt 9,5 Millionen EUR ausgegeben,
das sind durchschnittlich 30 EUR pro Besuch! – Wer kann hier rechnen? Dann
wären es nämlich nur 300 000 Besuche! Oder gibt jeder nur 3 EUR aus?
Wie weit kommt man mit 3 EUR? Das ist doch alles ein Schmäh! Wollen Sie
uns das wirklich vorhalten? – Ich glaube nicht, dass Sie den
wirtschaftlichen Faktor wirklich so herunter rechnen wollen, denn es wäre doch
komisch, mit dem zehnfachen Faktor tiefzustapeln, um auf diese Weise Werbung zu
machen!
In Wirklichkeit müssen Sie einmal auf Ihre eigenen
Zahlen schauen! Ich glaube sofort, wenn 120 000 Leute beim
Fendrich-Konzert waren, dass insgesamt 180 000 oder 200 000 Menschen
auf der Donauinsel waren. Das wird schon stimmen! Das glaube ich Ihnen sofort.
Das ist ein riesiger Erfolg! Das ist eine tolle Sache! 200 000 Menschen
sind unglaublich viel, das kann man sich gar nicht vorstellen! Aber das ist
realistisch. Dann werden halt in diesen drei Tagen 350 000 Menschen dort
gewesen sein. Aber bitte übertreiben Sie es nicht!
Sie sprechen in Ihren Broschüren selbst von
3 Millionen „Besuchen": Sie definieren das dann insofern, dass als
Besuch gilt, wenn jemand zu einem Stand geht. Das glaube ich auch, denn jeder
wird schon bei zehn Ständen vorbeischauen. Dann sind es drei Millionen Besuche.
Im Hinblick darauf bitte ich Sie: Lassen Sie die Füße
auf dem Boden! Versuchen Sie nicht immer wieder, uns quasi etwas reinzudrücken!
Viele Leute glauben das, weil sie nicht nachdenken. Wenn man aber ein bisschen
rechnen kann, dann stellt man fest, dass die Zahlen einfach nicht stimmen! (Beifall
bei der FPÖ.)
Ich halte abschließend fest, dass die FPÖ immer
klargelegt hat, dass wir eine Kulturpolitik unterstützen, die einerseits das
große kulturelle Erbe unseres Landes und andererseits zeitgenössisches Kunst-
und Kulturschaffen und Volkskultur gleichgewichtig fördert. Das ist jedoch
nicht der Fall, und daher lehnen wir natürlich auch in diesem Zusammenhang den
Rechnungsabschluss ab. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Frau Mag Ringler. – Ich erteile es ihr.
GRin
Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrte Damen und Herren! Ich muss Herrn Stefan betreffend seine Ausführungen
hinsichtlich Lebenskulturen und Identitäten in unserem Land striktest
widersprechen. Eigentlich möchte ich sogar eine Entschuldigung gegenüber all
jenen von ihm einfordern, die in unserer Stadt als Schwule und Lesben leben und
sehr wohl Teil unserer österreichischen Identität – und zwar ganz
selbstverständlich – sind. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich finde, es ist eine unglaubliche Sauerei, dass Sie
auf diese Art und Weise mit einem sehr relevanten Teil unserer Bevölkerung
umgehen und somit äußerst homophob argumentieren!
Ich komme zum Budget. (GR
Robert Parzer: Zum Rechungsabschluss!) Da haben Sie natürlich recht! Danke
für diese wichtige Korrektur! Zum Rechnungsabschluss: Wenn ich mir das Budget
vor Augen halte – und
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