Gemeinderat,
22. Sitzung vom 26.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 87 von 118
festzustellen: Dafür ist plötzlich kein Geld oder nur
wenig Geld vorhanden!
Ein ähnliches Problem stellen die Musikschulen dar.
Sie sind – auch darüber haben wir schon öfters debattiert –
verhältnismäßig echte Stiefkinder. Das bestätigt, was ich schon gesagt habe,
dass eben hier eine andere Art der Politik gemacht wird, die nicht unsere ist.
Auch hinsichtlich Theaterbereich ist es sehr
interessant zu diskutieren, wie dort das Geld eingesetzt wird. Auch das sollte
man immer wieder von Neuem durchdenken. Gerade wenn es so grundsätzliche
Diskussionen gibt wie jetzt hier im Zusammenhang mit der so genannten
Theaterreform, sollte man einmal überlegen, ob der Geldeinsatz immer so sein
muss wie bis jetzt.
Wir wissen, dass es in anderen Theatern und in
anderen Ländern, aber auch in anderen Institutionen in Österreich ganz andere
Möglichkeiten gibt. Da gibt es verschiedene Meinungen. So sagt zum Beispiel
Peter Loidolt, der Intendant der Festspiele Reichenau: „Theaterleute sollen
sich darauf konzentrieren, höhere Subventionen zu bekommen. Besser weniger
produzieren, aber das attraktiver." – Das ist auch ein Ansatz! Man
sollte durchaus auch einmal überdenken, ob man nicht zu sehr streut und zu viele
Theater und Institutionen bedient, die dann – wie wir heute Vormittag
wieder hören konnten – nicht wirklich davon leben können und
dahingrundeln, wie man so schön sagt, weshalb dann natürlich auch der Ausstoß
nicht wirklich entsprechend ist, weil sie in einer gewissen Abhängigkeit
gehalten werden, ohne dass sie Perspektiven haben.
Es gibt auch Vergleiche mit deutschen Bühnen, die im
Wesentlichen mit einem bedeutend geringeren Budget auskommen müssen. Diese
sprechen auch, wenn sie zu uns kommen, oft davon, welch paradiesische Zustände
hier bei uns herrschen! – Das sollte man einmal ernsthaft überdenken.
Man sollte das Ganze vielleicht auch einmal insofern
grundsätzlich reflektieren, als die Intendanten und Regisseure ununterbrochen ihre
künstlerische Freiheit beschwören, die ihnen ja unbenommen ist, wobei sie
gleichzeitig vollkommen vor den Unwegbarkeiten des Marktes geschützt sind. Das
führt dazu, dass Besucherzahlen häufig als irrelevant betrachtet werden. Wenn
das Publikum ausbleibt, dann vertritt man die Auffassung, dass das nur ein
Beweis dafür ist, wie unverständig die Bevölkerung ist, die in Wirklichkeit nur
aus ihrer Unmündigkeit herausgeholt werden müsste. – Sie kennen die
Formulierungen, die dann in Antworten auf die Ausführungen des Kontrollamtes
verwendet werden: Es habe sich um besonders anspruchsvolle Produktionen
gehandelt, weshalb dort niemand hingegangen sei. – Das sagt schon alles:
Das Publikum ist also nicht anspruchsvoll genug für die Produktionen!
Wir meinen, es darf sehr wohl auch in Theatern
gerechnet werden, denn es ist sicherlich ein großes Problem, wenn immer die
sorglose Gewissheit herrscht, dass sowieso mit Subventionen wieder aufgefangen
wird, was an Minus gemacht wird. Das ist ein ganz schlechter Ansatz für jede
Art der Leistungserbringung und daher natürlich auch im kulturellen Bereich!
Die unablässige Mahnung, es sei Pflicht der
Öffentlichkeit, Theater zu subventionieren, ist an sich weltfremd und
ärgerlich. Würden nämlich die öffentlichen Subventionen die Eintrittspreise
nicht so erheblich senken, dass noch Leute bereit sind, ins Theater zu gehen,
dann könnten unter Umständen sehr viele Theater sehr bald nicht mehr aufführen
und es würde sich zeigen, dass möglicherweise zum Teil auslaufende Modelle am Leben
erhalten werden.
Gerade deswegen setzen ja die Theaterleute auf den
Staat, den sie sonst häufig nicht so sehr lieben, wie man hört, überhaupt wenn
gerade eine „falsche" Regierung am Ruder ist. Mit dieser Beschwörung der
Kultursubventionen setzen sie den Staat unter Druck, in Wirklichkeit bewahrt
sie aber der Staat davor, ihre Überlebenschancen erproben zu müssen. Sie suchen
also eine Art Lohnabhängigkeit unter dem Schein der Freiheit und fühlen sich
dann mitten im falschen Leben wohl. – Diesen Ansatz müsste man auch im
Sinne der Kulturschaffenden überdenken, und zwar dahin gehend, ob man ihnen
damit nicht den falschen Weg weist.
Ein anderes gutes Beispiel für den falschen Einfluss
von Geld ist der Film. Heute konnte ich noch kurz im Kulturbericht lesen,
welchen Erfolg der österreichische Film hat. – Es stimmt: Es gibt insofern
ein paar Erfolge, als es Preisverleihungen gibt. Wenn man sich aber den
Marktanteil der österreichischen Kinospielfime anschaut, der bei
2,09 Prozent liegt – und das ist unglaublich wenig! – dann muss
man doch einmal feststellen, dass da irgendetwas im Argen liegt. Beispiele aus
anderen Länden sind sicherlich nicht ganz repräsentativ: Frankreich hat einen
Anteil von 44 Prozent, aber auch Tschechien hat 30 Prozent, und Dänemark
hat 25 Prozent, und das sind doch ganz andere Werte!
Im Hinblick darauf ist vollkommen unverständlich,
dass man hier nicht einmal eine grundlegende Änderung herbeiführt und das ganze
System völlig neu überdenkt und sich sagt: So kann es nicht weitergehen! Da muss
irgendetwas faul sein! Da sind wir in einer Sackgasse! – Stattdessen wird
im Wesentlichen Jahr für Jahr dasselbe bezahlt, die Institutionen bleiben ganz
gleich. Dann wird irgendwann festgestellt: Hurra! Wir haben irgendwo einen
Preis gewonnen! Und damit ist die Welt wieder in Ordnung.
Es gäbe da viele andere Möglichkeiten: So gibt es
etwa beim dänischen Filminstitut zwei Intendanten, die ein gleich hohes Budget
haben und in vollkommener Konkurrenz zueinander stehen. Abschließend wird dann
verglichen, wer mehr Erfolg gehabt hat. – Warum sollte man nicht
versuchen, eine solche Methode, bei der es auf den Erfolg ankommt, auch einmal
auf den österreichischen Film umzulegen?
Bei uns wird mit einer elitären
Fokussierung ein Zustand perpetuiert, der den wirtschaftlichen Erfolg einer
Filmproduktion notorisch denunziert. Es ist bei uns, wie gesagt, vollkommen
egal, welchen Erfolg ein Film hat. Erfolg wird manchmal geradezu lächerlich
gemacht, da das Wesentliche hier die ästhetische und elitäre
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