Gemeinderat,
21. Sitzung vom 25.05.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 105
man möge, wenn man schon über zwei Jahre einen
Wohnsitz in Wien hat, nicht fordern, dass der an einem Ort ist, sondern dass es
genügt, wenn man zwei Jahre in Wien gemeldet ist, das haben wir ja schon
mehrfach angeregt, wiewohl wir von vornherein nicht für die Ausweitung von
einem auf zwei Jahre waren. Aber dem Antrag werden wir zustimmen.
Mit dem zweiten Antrag habe ich nicht nur
Schwierigkeiten, sondern beim zweiten Antrag wird mir schlecht. Das ist, so wie
er da liegt – das kann man nicht anders sagen –, ein durch und durch
rassistischer Antrag und sonst nichts. Dass er gesetzwidrig ist, dass er den
EU-Gesetzen nicht entspricht et cetera, geschenkt, theoretisch könnte man ja
die Gesetze ändern lassen, aber was da gefordert wird, ist – und nachdem es
auch noch erläutert wurde, ist es noch schlimmer –: Keine Gemeindewohnungen –
weil die Gemeindewohnungen zu einem Teil aus öffentlichen Mitteln gespeist
werden – für Menschen, die nicht Deutsch können.
Das heißt eigentlich in der Konsequenz: Überhaupt
keine Leistungen, in denen öffentliches Geld ist, für Menschen, die nicht
Deutsch können. Es wäre also logisch, als Nächstes zu fordern, kein
Straßenbahnfahrschein oder zumindest keine Jahreskarte für jemanden, der nicht
vorher einen Deutschkurs macht. Das wäre quasi das Logische nachher. (StR
Johann Herzog: Sozialhilfeempfänger!)
Sozialhilfe? Ich habe es eh gewusst, dass es noch schlimmer ist als der
Antrag an sich. Schönbrunn Tiergarten geht nicht ohne öffentliche Gelder. Kein
Eintritt für Leute, die nicht Deutsch können! Das ist schwierig, denn es sind
sehr, sehr viele Touristen und Touristinnen dort. Vielleicht müssen Sie sich da
was einfallen lassen. Oder Schwimmbadbesuch. Das kostet alles Geld in Wien und
ist alles gefördert durch öffentliche Gelder genauso wie der Wohnbau. Wieso
soll im Wohnbau jemand, der eine Hausordnung nicht lesen kann, nicht im
Gemeindebau wohnen? Wo wohnt er denn sonst? Na, in einem anderem Haus mit einer
Hausordnung, die er dann auch nicht lesen kann. Oder soll das heißen, wenn
einer keine Hausordnung lesen kann, darf er nicht in Wien wohnen? Was heißt
denn das in der Konsequenz?
Der Antrag ist undurchdacht, er ist gesetzwidrig, er
ist rassistisch. Natürlich lehnen wir den Antrag ab, das brauch ich eh nicht zu
sagen, er hat auch keine Chance auf Zustimmung. Das, was allerdings gestimmt
hat, ist: Es hat sehr lange gedauert, bis die Sozialdemokratie das auch so
gesehen hat, wie es die Grünen
immer schon gesehen haben, nämlich, dass der soziale Wohnbau unabhängig vom
Pass für alle Menschen, die sozial eben einen Anspruch haben auf eine
Gemeindewohnung, offen sein muss. Das hat lang gedauert, in Wirklichkeit hat es
so lange gedauert, bis die EU das verpflichtend vorgeschrieben hat. Aber
geschenkt. Jetzt ist es so weit, und jetzt werden wir uns sicher nicht irgendwelche
neue Spielregeln einfallen lassen, die heißen: Wenn man zu wenig gut Deutsch
kann – was immer das auch genau heißt –, dann darf man nicht in eine
Gemeindewohnung.
Der Antrag ist eigentlich unglaublich, so wie er
daliegt. Wir werden den Antrag ablehnen und sind sehr zufriedener damit, dass
der Antrag ausschließlich von einer Fraktion unterstützt wird und damit klar in
der Minderheit sein wird. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist jetzt der Amtsf StR
Dr Michael Ludwig. – Bitte schön.
Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Herr
Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die Mercer-Studie ist ja schon angesprochen worden, und
das war für uns in Wien ja sehr erfreulich, dass in dieser internationalen
Studie, die die Lebensqualität von 215 Städten weltweit miteinander
verglichen hat, Wien an den dritten Platz gereiht worden ist, nur knapp hinter
zwei Schweizer Städten, nämlich Genf und Zürich. Das heißt, dass wir innerhalb
der Europäischen Union überhaupt den Spitzenplatz eingenommen haben. Herr GR
Niedermühlbichler hat auf diese Studie schon kurz hingewiesen.
Was mich als Wohnbaustadtrat bei dieser Studie ganz
besonders freut, ist aber der Umstand, dass beim Thema Wohnen in den drei
Kategorien, die sich mit diesem Themenfeld beschäftigen, die Stadt Wien 10 von
10 möglichen Punkten bekommen hat, nämlich, was den Erhaltungszustand der
Gebäude betrifft, die Ausstattung der Wohnungen und im Gesamtbereich Wohnen
ebenfalls 10 von 10 möglichen Punkten. Das spricht natürlich sehr für die
jahrzehntelange richtige Wohnbaupolitik in Wien und dafür, dass wir als
Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dem Wohnen immer einen ganz besonderen
Stellenwert eingeräumt haben.
In diesem Gesamtkomplex haben die Gemeindewohnungen
immer eine ganz besondere Bedeutung gehabt, eigentlich schon ausgehend vom
roten Wien in den 20er Jahren, wo auch schon in der Ersten Republik mehr als
65 000 Gemeindewohnungen errichtet worden sind.
Und was mich jetzt besonders freut, auch als
Sozialdemokrat, ist, dass es zu diesem Umstand eine so starke Zustimmung gibt,
auch von Seiten der FPÖ beispielsweise. Das war in der Geschichte nicht immer
so, und es war auch in den letzen Jahren nicht immer so, denn es wurde gerade
auch von den konservativen Parteien immer wieder verlangt, dass die
Gemeindewohnungen privatisiert werden sollen, dass sie verkauft und veräußert
werden sollen, während wir uns immer dagegen ausgesprochen haben, dass wir die
großen traditionellen Gemeindebauten veräußern, sieht man jetzt von
Stiftungshäusern und anderen Gebäuden ab, die in den Besitz der Stadt Wien
gekommen sind. Also wir bekennen uns zu dem Gemeindebau, und es freut mich,
dass wir uns hier in der Wertschätzung der Gemeindewohnung und auch des
Gemeindebaus treffen.
Ich sehe nur einen Widerspruch in
Ihrer Argumentation und auch in Ihrer Wertschätzung den Gemeindebauten
gegenüber, und der hängt sehr eng mit der Integrationsfrage zusammen. Sie
weisen auf die Fassmann-Studie hin. Das ist eine Studie, die von der Akademie
der Wissenschaften durchgeführt worden ist und unter der Leitung von
Prof Fassmann, der in dieser Studie darauf
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