Gemeinderat,
20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 108
der Arbeit in verschiedensten Facetten gefeiert,
nicht der „Tag der Sozialleistung". Ich glaube, das Leistungsprinzip, der
Leistungsgedanke ist wichtig! (Beifall bei der ÖVP und bei Gemeinderäten der
FPÖ.)
Wir müssen die ursprünglich vorhandene Bereitschaft
zur Leistung stärken, die man ja bei den Kindern und Jugendlichen darin sieht,
dass man sich als Kind und als Jugendlicher mit anderen messen möchte. Das ist
im Sport so, das ist im Spiel so: Man will gewinnen, man will ja etwas leisten.
Man will von seiner eigenen Hände Arbeit leben und nicht darauf warten, welche
Sozialleistungen sich über einen ergießen. Ich glaube, diese prinzipiell
vorhandene Leistungsbereitschaft, die bei den Jugendlichen da ist, gilt es zu
stärken. Das ist die Aufgabe des Schulsystems, das ist natürlich auch die
Aufgabe bei der Lehrlingsausbildung. Es ist die Aufgabe der Politik, diese
Rahmenbedingungen zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)
Verabschieden wir uns von der Sozialromantik, die da
herrscht und die in eine Gleichmacherei münden kann. Es gibt unterschiedliche
Talente, es gibt unterschiedliche Fähigkeiten, es gibt aber auch
unterschiedliche Anforderungen im Leben.
Meine Damen und Herren! Ich bin der festen
Überzeugung, wir brauchen keine Akademikerquote von 90 Prozent - wobei wir
dann nicht wissen, was wir mit den Akademikern, die wir teuer ausbilden, tun
können, und die dann Taxi fahren -, wenn uns die Facharbeiter abgehen. Das ist,
glaube ich, auch die Aufgabe, zu sagen: Es ist eine Lehre eine Zukunftschance,
Karriere mit Lehre! Und viele andere, die bis 27, 28 studieren, sind dann zu
recht frustriert, weil es den Akademikerjob nicht gibt - und das
Akademikergehalt schon gar nicht -, und bereuen es vielleicht zutiefst, dass
man nicht früher einen anderen Weg eingeschlagen hat.
Es geht daher auch darum, die Facharbeiterausbildung
mit Durchlässigkeiten zu fördern. Man muss es der Wirtschaft auch schmackhaft
machen, Ausbildungsplätze zu schaffen. Es gilt aber auch, die Verantwortung der
auszubildenden Betriebe einzumahnen. Nur über Facharbeitermangel zu jammern,
aber davor keine Lehrstellen zur Verfügung zu stellen, das ist auch etwas, mit
dem ich ein Problem habe. (Beifall bei der ÖVP.)
Im Endeffekt schafft die Wirtschaft die Jobs, nicht
der Staat. Wir können die Rahmenbedingungen schaffen. Vielleicht sollten wir
auch darüber nachdenken, das Arbeitsrecht im Bereich des Lehrlingswesens so zu
adaptieren, dass die Unternehmer darauf nicht damit reagieren, dass sie
Lehrstellen gar nicht mehr zur Verfügung stellen. Vielleicht würde hier ein
bisschen weniger Schutz zu einem Mehr an Lehrstellen führen, meine Damen und
Herren!
Chancen für unsere Jugend: Wir haben in Wien gewisse
Probleme, die sollten wir gemeinsam angehen, aber vor den tatsächlichen
Erfordernissen einer Leistungsgesellschaft. Spätestens beim Bewerbungsgespräch
wird man dann sehen, ob die Zeugnisse tatsächlich auch von Leistung gedeckt
sind. Wenn wir unsere Schüler mit Inflationszeugnissen ins Rennen schicken,
dann fangen die Unternehmer zu prüfen an, und wenn man dann draufkommt, dass
man eigentlich nichts weiß, dann ist das ganz tragisch!
Ich glaube, das sollten wir uns auch vor Augen
halten, wenn wir über das Schulsystem reden. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächster zu Wort gelangt Herr GR Bacher-Lagler. Ich erteile es ihm.
GR Norbert Bacher-Lagler (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde ist ein sehr
umfangreiches. Meine Vorredner haben ja schon gezeigt - außer ein paar Ausnahmen
-, dass sie sich in Wirklichkeit konzentrieren auf militärische Grundsätze, auf
Lehrlingsfreifahrten und eventuelle andere Begünstigungen, aber sie haben
meiner Ansicht nach das Thema zum Teil sehr verfehlt.
Wien als Ballungszentrum hat natürlich eine sehr
umfassende Gestaltung der Wirtschaft, und in den letzten Jahren hat sich - im
Unterschied zu den anderen Bundesländern - auch der Bedarf wesentlich
verändert. Wien ist ein Bundesland, eine Stadt, ein Ballungszentrum, das sehr
bildungsintensiv ist, sehr gut ausgebildete Facharbeiter und ArbeitnehmerInnen
benötigt. Dadurch ist es auch notwendig, die Maßnahmen dementsprechend zu
setzen.
Wien ist aufgrund seiner Lage in der Grenzregion zur
Slowakei, zu Tschechien und auch zu Ungarn viel mehr an diesen Markt gebunden
als die anderen Bundesländer. Die letzten Studien zeigen auch ganz eindeutig,
dass Wien eine Bildungsstadt ist, die es notwendig macht, junge Menschen
frühzeitig darauf vorzubereiten. Das beginnt schon in den Hauptschulen. Wir
müssen dementsprechend auch zur Kenntnis nehmen, dass man die Sprache nicht
dazu nutzen soll, Jugendliche auszugrenzen. Denn auch das ist ein Schwerpunkt
und ein Vorteil der Jugend, in einer Stadt mehrsprachig aufzuwachsen. Wir
sollten diese Herausforderung aufnehmen! (Beifall bei der SPÖ.)
Der Wiener Arbeitsmarkt benötigt nicht nur - da gebe
ich Ihnen recht - Akademiker und Maturanten. Die Struktur des Wiener
Arbeitsmarktes hat sich insofern verschoben, als die Sachgüterproduktion
rückgängig und der Dienstleistungssektor stark im Wachsen ist. Der Wiener
Arbeitsmarkt hat auch gezeigt, dass die Anzahl der Pendlerinnen und Pendler aus
den anderen Bundesländern stetig zunimmt.
Der Wiener Arbeitsmarkt hat aber
auch gezeigt, dass die jeweiligen Unternehmungen in Wien, außer ein paar
Ausnahmen, eventuell durch Förderungen von Blum, entsprechend Lehrlinge
ausbilden. Wir brauchen hier spezifisch eine Änderung der dualen
Berufsausbildung. Das Spektrum muss erweitert werden, nicht nur die
betriebliche Ausbildung, sondern auch parallel die schulische Ausbildung.
Jugendlichen, die keinen Lehrplatz im Betrieb bekommen, soll man die Chance
geben, in einer Schule zu einer Lehrabschlussprüfung zu kommen, um
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular