Gemeinderat,
20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 108
Maßnahmen setzt die Stadt Wien, um dieser
besorgniserregenden Entwicklung wirkungsvoll entgegenzutreten?)
Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau
Gemeinderätin!
Ja, Sie haben recht, die Zahlen sind im Steigen
begriffen und wir haben deshalb im Rahmen unseres Frauengesundheitsprogramms
auch eine Studie durchgeführt - die Frau Prof Wimmer-Puchinger -, wo
erschreckende Zahlen herausgekommen sind, nämlich, dass 90 Prozent der
Mädchen und 80 Prozent der erwachsenen Frauen mit ihren Körperproportionen
nicht zufrieden sind, dass 82 Prozent der Mädchen und Frauen Angst davor
haben zuzunehmen, dass 52 Prozent der Mädchen schon einmal eine Diät
gemacht haben, ohne dass es dafür irgendeinen gesundheitlichen Grund gegeben
hat und, was mich besonders erschreckt und auch betroffen gemacht hat, dass
15 Prozent der Mädchen angeben, dass sie schon einmal absichtlich
erbrochen haben, um ihr Gewicht zu reduzieren. 9 Prozent der Mädchen geben
an, Abführmittel eingenommen zu haben. Das heißt, das ist ein ganz, ganz großes
Thema, wo es nicht die eine Lösung gibt, der man entgegentreten kann, sondern
wo es wichtig ist, viele verschiedene Puzzlesteine zu setzen.
So haben wir in Wien auch bereits im Jahre 1998
die erste kostenlose und anonyme Beratungsstelle für Essstörungen eingeführt,
eine Hotline, die seither mehr als 15 000 Anrufer und vor allem
Anruferinnen hatte, weil 90 Prozent der Betroffenen, die sich dort beraten
lassen, ja Mädchen oder Frauen sind. Wir merken auch beim Mädchentelefon der
Stadt Wien, dass das Thema Körpergefühl und das Thema Essstörungen, aber vor
allem das Thema „Bin ich normal, bin ich zu dick?“ bei den Mädchen eigentlich
ein ganz, ganz großes ist und haben daher eine enge Vernetzung, ein Netzwerk
mit den Schulen aufgebaut, wo Lehrerinnen und Lehrer, vor allem aber
Lehrerinnen und Schulärztinnen geschult werden.
Besonders freut es mich, Ihnen berichten zu dürfen,
dass wir seit dem Februar des heurigen Jahres eine Initiative gestartet haben,
die nicht umsonst „S O ESS" heißt, aber das letzte „S" mit
„ESS" geschrieben, wo es uns gelungen ist, verschiedene wichtige Player
ins Boot zu bekommen, um das Thema Essstörungen zu thematisieren und vor allem
nicht normale, und ich verwende absichtlich das Wort normal, Schönheitsideale
auch an den Pranger zu stellen, denn 1,85 m groß zu sein und 45 kg zu
haben, ist nicht nur nicht normal, sondern auch ungesund. Und nun ist es uns
gelungen, nicht mit dem erhobenen Zeigefinger zu arbeiten, denn das macht gar
keinen Sinn, sondern hier namhafte Wirtschaftstreibende, die vor allem in der
Modeindustrie tätig sind, an Bord zu holen, die Wirtschaftskammer an Bord zu
holen, Designer an Bord zu holen und Modelagenturen an Bord zu holen, wo ein
erster Schritt ist, dass es hier ein Kommitment gibt, dass zukünftig keine
Models, die eine kleinere Größe als die Größe 34 haben, mehr bei
Modeschauen in Österreich auftreten werden.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke,
Frau Stadträtin. Die 1. Zusatzfrage wird von Frau GRin Matiasek gestellt.
Ich bitte darum.
GRin Veronika Matiasek (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Zu diesem größeren Bereich der Essstörungen und ihren
negativen Folgen gehört auch die andere Seite, also die einen, die sich fast zu
Tode hungern und die anderen, wenn man es jetzt salopp ausdrücken würde, die
sich fast zu Tode essen. Hier sind besonders die Kinder und Jugendlichen
hervorzuheben, wo eine immer größer werdende Gruppe im Gegensatz zu denen, die
immer dünner werden, leider immer dicker werden. Und es ist so, dass es hier
einmal ein Projekt gab, in dem man diese Kinder betreut hat, das mittlerweile
so leider nicht mehr existiert und namhafte Experten wie Prof Widhalm bedauern
ja auch laut und öffentlich, dass man diesen Kindern auf der einen Seite zwar
ein Magenband finanziert, auf der anderen Seite aber keine Therapie.
Meine Frage: Können Sie sich vorstellen oder welche
Initiativen werden Sie setzen, dass man diesem Teil, vor allem Kindern und
Jugendlichen, die ja mit furchtbaren negativen Folgen nicht nur im physischen,
sondern auch im psychischen Bereich zu rechnen haben, außer über den sozusagen
technischen Teil, dass man sie nicht mehr essen lässt, auch eine entsprechende
Therapie angedeihen lässt? Welche Initiativen können Sie sich vorstellen, die
hier auf Landesebene vielleicht gesetzt werden?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin!
Amtsf
StRin Mag Sonja Wehsely:
Frau Kollegin!
Das
ist ein ganz besonders wichtiges Thema, weil es diesbezüglich eben sozusagen
beide Extreme gibt. Was mir gerade bei der Frage, die von der Frau
Gemeinderätin ursprünglich gestellt wurde, wichtig ist: Das ist halt ein Thema,
das ganz besonders Mädchen betrifft und deswegen ist es auch so besonders
wichtig, dass wir uns dem speziell widmen.
Was
die besonders dicken Kinder betrifft, ist das natürlich auch ein wichtiger
Punkt, wo auch eine Schwarz-Weiß-Welt nicht leichter wäre, wo man es so macht
und Probleme löst, wo das nicht der Fall ist. Was hier meiner Meinung nach ganz
besonders wichtig ist, das ist regelmäßige Bewegung. Daher halte ich es nach
wie vor für eine ganz, ganz schwere Fehlentscheidung der früheren Regierung,
die Turnstunden zu reduzieren, weil hier ja ein ganz, ganz wichtiger Punkt ist,
Bewegung zu einem wichtigen Teil des Lebens zu machen. Die Ernährung genauso.
Deshalb sind wir sehr stolz, dass wir in unseren öffentlichen Schulen und
Kindergärten mittlerweile bis zu 50 Prozent Bioanteil haben und uns hier
auch sehr stark bemühen, ein gesundes Essverhalten und ein gesundes Körpergefühl
auszustrahlen und auch an die Kinder zu bringen.
Aber Sie haben recht, natürlich ist das ein
wichtiger Punkt, wo wir vor allem auch eng mit den niedergelassenen
Kinderärzten und –ärztinnen zusammenarbeiten, weil es ja gar nicht so weit
kommen soll, dass wir so
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