Gemeinderat,
18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 104
Wir kommen zur Postnummer 24. Sie betrifft die
2. Gemeinderats-Subventionsliste.
Berichterstatter ist Herr GR Strobl. Ich bitte ihn,
die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatter GR Friedrich Strobl:
Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Geschäftsstück.
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Die
Debatte ist eröffnet.
Zum Wort gemeldet ist Herr GR DDr Schock.
GR DDr Eduard Schock (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter!
Meine Damen und Herren!
Die Freiheitliche Fraktion wird - wie wir das in der
Präsidiale ja angekündigt haben - hier zu diesem Tagesordnungspunkt einen
Antrag einbringen, die Förderung der österreichischen Arbeitnehmer betreffend.
Wir haben uns in der Präsidiale darauf verständigt, hier aus dem Ressort
Wirtschaftspolitik eben über die geplanten neuen Facharbeiter aus Osteuropa
eine Debatte abzuführen.
Meine Damen und Herren! Es ist natürlich die Aufgabe
der Politik, hier eine Interessensabwägung vorzunehmen, und es ist ja auf
Bundesebene ein ganz veritabler Interessenskampf im Gange, ein Kampf zwischen
den Interessen der Arbeitnehmer in Österreich und der Industrie, einiger großer
Industriebetriebe, auf der anderen Seite. Wir wollen mit unserem Antrag hier
ganz bewusst Stellung beziehen: Wir wollen die Abwägung der Interessen mit
unserem Antrag zugunsten der Interessen der österreichischen Arbeiternehmer
vornehmen!
Es ist natürlich das Interesse der vielen
Arbeitslosen in Wien und in ganz Österreich, auch vor allem der vielen
arbeitslosen Facharbeiter, möglichst bald eine passende Stelle zu finden. Und
es ist das Interesse der Jugendlichen in dieser Stadt, aber auch in ganz Österreich,
möglichst bald auch eine Lehrstelle zu finden, wo sie dann die Chance auf einen
guten Arbeitsplatz in Zukunft haben.
Es ist daher auch verständlich - und es war ja auch
in der Vergangenheit so -, dass der Gewerkschaftsbund in diesem
Interessensstreit ganz klar Stellung bezogen hat. Es ist auch so gewesen, dass
die Arbeiterkammer in diesem Konflikt der Interessen ganz klar Stellung bezogen
hat, dass der Präsident der Arbeiterkammer, Präsident Tumpel, jetzt etwa einen
Stopp der Zuwanderung gefordert hat, damit eben der Arbeitsmarkt in Österreich
auch nach der EU-Erweiterung geschützt ist.
Aber, meine Damen und Herren, es gibt natürlich auch
andere Interessen, legitimerweise auch die Interessen der Wirtschaft und der
Industrie. Das Interesse der Industrie ist es natürlich, möglichst viele
Arbeitnehmer zur Auswahl zu haben.
Hier ein paar Zitate zu dem angeblichen Bedarf, der
da besteht, dem angeblichen Bedarf nach diesen Facharbeitern: Da ist jetzt von 800
zusätzlichen Facharbeitern für ganz Österreich die Rede. Der Generalsekretär
der Industriellenvereinigung, Herr Beyrer, hat aber bekannt gegeben, es fehlen
5 000 Facharbeiter. Zwei Tage später hat derselbe Generalsekretär
dann gegenüber einer Zeitung gesagt, die Industrie braucht 5 000 bis
7 000 zusätzliche Fachkräfte; da waren es also schon 2 000 mehr. Die
Industrie hat dann über das Fehlen von 15 000 Facharbeitern geklagt.
Kammerchef Leitl hat sich am 15. Februar 20 000 Facharbeiter
zusätzlich gewünscht. Und die Wirtschaftskammer hat zuletzt
50 000 Fachkräfte bis 2009 gefordert.
Meine Damen und Herren! Schauen Sie sich diese Zahlen
an: 800, 5 000, 7 000, 15 000, 20 000, 50 000 - so
hoch ist der angebliche Bedarf! Das Interesse der Industrie ist es natürlich,
möglichst billige Arbeitskräfte zur Verfügung zu haben. Je mehr es davon gibt,
desto tiefer sinkt durch die Konkurrenz am Arbeitsmarkt natürlich der Lohn, und
Lohndumping ist die Folge. Es müssen ja heute österreichische Arbeitskräfte
bereits um 5 EUR in der Stunde, um 6 EUR in der Stunde arbeiten.
Meine Damen und Herren! Ich meine daher, wir dürfen
dieser Entwicklung nicht länger zusehen! (Beifall bei der FPÖ.) Wir
müssen diese Interessensabwägung vornehmen.
Der Wirtschaftsminister hat diese Interessensabwägung
für sich ja bereits vorgenommen, und die schaut für ihn so aus: Schon in zwei
Jahren offene Grenzen am Arbeitsmarkt, also um zwei Jahre früher als notwendig,
statt 2011 bereits 2009; und heuer bereits - und im nächsten Jahr - schon im Vorgriff
zusätzlich Tausende neue Facharbeiter, um eben im Interesse der großen
Industriebetriebe möglichst schnell möglichst viele Arbeiter nach Österreich zu
holen, damit das Lohnniveau bei uns noch mehr sinkt.
Meine Damen und Herren! Es ist ja legitim, dass ein
Wirtschaftsminister diese Interessen vertritt - wer sonst, wenn nicht der
Wirtschaftsminister! Er muss ja diese Interessen vertreten, er muss die
Interessen auch der großen Wirtschaftsbetriebe, der Industriebetriebe
vertreten.
Aber, meine Damen und Herren, es braucht ein
Gegengewicht, ein politisches Gegengewicht! Ein Gegenwicht, das die Interessen
der 300 000 Arbeitslosen in Österreich vertritt, ein Gegengewicht,
das auch die 20 000 jungen Menschen in diesem Land vertritt, die eine
Lehrstelle bisher vergeblich suchen, eine Lehrstelle etwa gerade als Schweißer
oder auch als Dreher.
Meine Damen und Herren! Wir meinen daher, dass es
Zeit ist, dass auch der Wiener Gemeinderat ganz klar Position bezieht, dass
dieses Haus diese Interessensabwägung ganz klar zugunsten der österreichischen
Arbeitnehmer entscheidet. Wir, die GRe Schock und Stark, bringen daher für die
Freiheitliche Fraktion folgenden Beschlussantrag ein:
„Der Wiener Gemeinderat fordert den Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit auf, umgehend von dem Vorhaben, 800 Facharbeiter
aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten auf dem österreichischen Arbeitsmarkt
zuzulassen, Abstand zu nehmen und stattdessen die beschäftigungslosen
Facharbeiter in Österreich durch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen wieder
in den Arbeitsmarkt zu integrieren und die Ausbildung von Facharbeitern zu
verbessern.
Dazu möge er umgehend ein Konzept
umsetzen, das
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