Gemeinderat,
18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 104
hat, sagen, dass es uns nichts mehr wert ist. Daher
haben wir diesen bedeutenden Nachlass um 73 Millionen, damals noch
Schilling, angekauft, und ich glaube, dass das auch eine einzigartige und
richtige Vorgangsweise war.
So sehr ich mich über den gemeinsamen Beschluss freue,
so sehr glaube ich doch, dass wir uns auch bei der Wortwahl – wenn wir denn
jetzt ein bisschen absehen von der unmittelbaren parteipolitischen Debatte und
auch den Emotionen, die dahinterstehen – ein bisschen besinnen sollten.
Abgesehen von der Wortwahl wie „Enteignung" und anderes mehr, meine ich
auch, was einen möglichen schlampigen oder nachlässigen Umgang mit dem jüdischen
Erbe anbelangt. Ich glaube schlicht und einfach, dass die Fakten und auch das
tatsächliche Bemühen der Stadt Wien dagegensprechen. Da geht es nicht nur um
die vielen Maßnahmen, die in den letzten Jahren getroffen wurden und die
letztendlich sicherstellen sollen, dass das jüdische Erbe in dieser Stadt
erhalten bleibt, sondern es geht darum, dass auch sichergestellt und ermöglicht
wird, dass es eine lebendige jüdische Gemeinde in dieser Stadt gibt. Wir sind
der Meinung, dass dieses Wien zu einem guten Teil selbstverständlich immer auch
ein jüdisches Wien war und auch sein soll und auch in Zukunft sein soll, daher
tun wir vieles, um dieses lebendige jüdische Leben in dieser Stadt auf
vielfältigste Weise auch zu unterstützen und zu ermöglichen.
Prof Ehalt hat dankenswerterweise einen kleinen
Ausschnitt herüberbringen lassen, nur damit Sie das sehen. Ich bitte Sie, auch
Einsicht zu nehmen. Falls Sie ein solches Exemplar haben wollen, wir haben
drüben genug an Publikationen, die alleine im Kulturbereich in der jüngsten
Vergangenheit herausgekommen sind und die sich mit den verschiedensten
jüdischen Themen in dieser Stadt beschäftigen. Das ist, wie gesagt, nur ein
kleiner Ausschnitt, der Ihnen zeigen soll, dass wir uns bis hin zu
Publikationen natürlich sehr intensiv damit beschäftigen, gerade im
Wissenschaftsbereich zahlreiche Maßnahmen zu setzen, um das auch zu
dokumentieren, aber natürlich auch im großen Bereich.
Lassen Sie mich ein Wort nur – weil das auch ein
Anliegen war, das heute angesprochen wurde – zu diesem, glaube ich, doch sehr
wichtigen Projekt des „Weges der Erinnerung" sagen – wir hatten ja die
Debatte hier schon einmal geführt, und da ich privat selbst in unmittelbarer
Nachbarschaft zu diesem „Weg der Erinnerung" lebe: Also so ist ja nicht, wie
das heute dargestellt wurde, dass man sich da vor Hundstrümmerln zu verneigen
hat. Ich glaube, man macht damit eigentlich ein sehr wesentliches und wichtiges
Projekt lächerlich und schlecht, das im Übrigen von der jüdischen Gemeinde und
vor allem auch von vielen, die da Verwandte wieder erwähnt finden an den Orten,
an denen sie gelebt haben, als sehr wichtig und positiv empfunden wurde. Ich
meine, dass sich dieses Projekt das nicht verdient hat. Es geht in der Tat
darum, vielleicht in Vergessenheit geratene Opfer des Nationalsozialismus auch auf diese Weise wieder in Erinnerung zu
rufen.
Ich weiß selbst – noch einmal: ich wohne dort –, wie
sehr das angenommen wird. Dass natürlich etwas, was sich im öffentlichen Raum
befindet, nicht immer unangetastet bleibt, ist das eine, aber dass wir damit
viele, viele Menschen, die Opfer des Nationalsozialismus sind, der
Vergessenheit entreißen und, glaube ich, trotzdem eine sehr würdige Form der
Erinnerung finden, ist unbestritten, insbesondere auch bei jenen, die sich das
gewünscht haben und die das wollten. Es ist ja nicht so, dass das sozusagen die
Stadt Wien macht. Wir unterstützen das gerne und aus Überzeugung, aber es ist
ein privater Verein, der das umzusetzen hat und der das auch umsetzt.
Meine Damen und Herren! Mit diesem
Restitutionsbericht, aber auch mit dem heutigen Antrag wird einmal mehr
dokumentiert, dass es diese Stadt sehr ernst meint mit der Betreuung und mit
der Wachhaltung jüdischen Erbes, aber auch mit der ernsthaften Aufarbeitung und
mit dem offensiven Zugehen und Herangehen und dem Suchen nach möglichen Erben
und rechtmäßigen Ansprüchen. Es ist ja auch bekannt, dass wir diesen
Restitutionsbericht und auch die Maßnahmen der Restitution auch noch auf das
jüdische Museum ausweiten. Es wird dort derzeit dieser Screening-Prozess
fortgesetzt und durchgeführt, weil ja nicht von Haus aus gesagt ist, dass das,
was sich im jüdischen Museum der Stadt Wien befindet, automatisch unbedenklich
ist.
Das heißt, das ist der nächste größere
Aufgabenbereich, der sich uns stellt und den wir mit derselben Sorgfalt und mit
derselben Wachsamkeit und Sensibilität angehen werden wie bisher. Ich hoffe,
dass wir im nächsten Restitutionsbericht dazu schon das eine oder andere
berichten können.
In diesem Sinn bitte ich noch einmal um Zustimmung zu
diesem Bericht. Danke schön. (Beifall bei
der SPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Wir kommen zur Abstimmung über das Geschäftsstück.
Wer für das Geschäftsstück ist, den bitte ich um ein
Zeichen mit der Hand. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.
Mir liegen zwei Beschluss- und Resolutionsanträge
vor. Ich lasse zunächst über jenen von SPÖ, Grünen
und ÖVP abstimmen.
Wer für diesen Beschluss- und Resolutionsantrag ist,
den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Auch dieser Antrag ist einstimmig
angenommen.
Wir kommen nun zum Antrag der Grünen betreffend Enteignung der Rothschildstiftung.
Wer für diesen Antrag ist,
den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Auch dieser Antrag ist einstimmig
angenommen.
Wir kommen zur Postnummer 38 der Tagesordnung.
Berichterstatter ist Herr GR Baxant. Ich bitte ihn,
die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatter GR Petr Baxant: Ich
bitte um Zustimmung.
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Ringler. Bitte
schön.
GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus):
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