Gemeinderat,
18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 104
Was nun die Planung generell betrifft, ist es ja so –
wir haben das Beispiel bei der Thermensiedlung, wir haben es bei der
Wienerbergsiedlung –, dass oft Jungfamilien der Vorzug gegeben wird, aber die
Kinderbetreuungsplätze reichen nicht aus oder es gibt dann nicht ausreichend
Schulen, wo man in der Folge dann die Kinder hingeben könnte. Es war damals in
der Thermensiedlung so, dass das Projekt schon drei Jahre gestanden ist, ehe
überhaupt einmal das Kindertagesheim errichtet wurde, und am Wienerberg wurde
es so klein konzipiert, dass die Leute ihre Kinder dort nicht unterbringen
können. Familienfreundlich? – Nein, danke! So nicht!
Etwas, das man zur Unterstützung vor allem auch vieler alleinerziehender Mütter machen könnte, ist, das Problem mit der Tagesmutterschaft auf eine Art und Weise zu lösen, die unproblematisch wäre, wenn der politische Wille dafür gegeben ist. Viele der jungen Frauen, die als Tagesmutter arbeiten möchten, können das nicht tun, weil ihre Wohnungen einfach nicht groß genug sind. Die große Wohnung bekommen sie aber nicht nur aus dem Titel heraus, dass sie Tagesmutter werden möchten. Das ist vielleicht auch noch verständlich, denn es könnte ja auch nur für einen kurzen Zeitraum sein, und es gibt nun einmal bei der Wohnungsvergabe gewisse Kriterien.
Möglich allerdings wäre, dass man schon jetzt bei der
Planung und vor allem auch dann bei der Errichtung in Wohnhäusern mit einer
bestimmten Anzahl von Wohnungen, sozusagen eine so genannte
Gemeinschaftswohnung einrichtet, wo dann eine Frau die Chance hat, als
Tagesmutter zu arbeiten, ohne, dass sie selbst die Wohnung zur Verfügung
stellen muss. Jetzt wäre das insofern auch eine sehr kommunikative
Angelegenheit, weil auch andere Mütter dieses Angebot nutzen könnten und sich
die Frauen so auch untereinander vernetzen könnten.
Wir bringen daher einen Beschlussantrag ein, dass bei
künftigen Bauvorhaben ab einer bestimmten Wohnungsanzahl eine entsprechende
Raumeinheit zur Verfügung gestellt werden soll, die dann vor allem von
Tagesmüttern genutzt werden kann. (Beifall
bei der FPÖ.)
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den
Gemeinderatsausschuss für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung beantragt.
Wichtig ist uns auch noch – und auch das ist ein
Punkt, der dort eingebracht werden kann –, dass man nicht wie bei der
Wienerberg-City wieder einmal mehr einen § 69 strapaziert, wo drinnen
steht, dass man, wenn es nicht zumutbar ist, Grundstücke für einen Spielplatz
zu verwenden, dann auf Spielräume ausweichen kann. Ich glaube, dass bei
neugeschaffenen Stadtteilen der Begriff der Zumutbarkeit gerade für Spielplätze
überhaupt nicht fallen darf, denn es ist hier ausreichend Platz gegeben, und es
ist nur eine Frage der Planung, dass man Kinder nicht in geschlossene Räume
abschiebt.
Planung und Verhalten sollen prämiert werden nach
Familienfreundlichkeit. Es gibt hier ein ganz ein tolles Modell in Aachen. Dort
wurden allerdings die Jugendbetreuungsstellen ausgenommen, denn von denen hat
man sowieso angenommen, dass sie sich besonders familien- und kinderfreundlich
verhalten. Dort hat man all jene Leute prämiert, die sich besonders für Kinder-
und Familienfreundlichkeit eingesetzt haben; sei es bei der Planung, sei es,
dass sich durchaus auch Ehepaare oder Singles, die keine Kinder haben, für
Familien verwendet haben, in welcher Form auch immer, sei es, dass sie
Kinderdienst erbracht haben, dass sie die Leute versorgt haben, wenn einmal Not
am Mann war, und so weiter. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das auch für
Wien von einer äußerst sinnvollen Tragweite wäre, würde man hier einmal die
Familienfreundlichkeit prämieren. Vielleicht kommt man dann auch auf Defizite,
die bis jetzt noch nicht so richtig bedacht wurden.
Deutschland ging sogar noch einen Schritt weiter und
hat – allerdings auf Bundesebene,
nur Wien ist groß genug, dass das hier genügen würde, das auf der Stadtebene
umzusetzen – einen so genannten Familienatlas erstellt. Hier wurde dann die
Familienfreundlichkeit mit verschiedenen Indikatoren gemessen, und das wurde in
fünf Themenkategorien zusammengefasst: die Demographie, die
Betreuungsinfrastruktur, Bildung und Arbeitsmarkt und die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf sowie Sicherheit und Wohlstand. Es war dort sehr maßgeblich,
ob in den einzelnen – und ich spreche jetzt von Wien – Bezirken oder Regionen
familienfreundliche Rahmenbedingungen existieren und eben dieses Zusammenspiel
mit den Indikatoren. Es gab dabei kein einzelnes ausschlaggebendes Kriterium,
sondern die Familienfreundlichkeit hat sich eben aus der Vielzahl dieser
Kriterien zusammengesetzt.
Es waren dabei ganz interessante Ergebnisse
festzustellen, nämlich, dass es zum Beispiel dort, wo es sich als Familie gut
wohnen und leben lässt, eine besonders geringe Arbeitslosigkeit gibt und die
Leute in solche Gegenden auch sehr gerne hingezogen sind. Bei anderen, wo es
fehlende Perspektiven für Familien gab, zeichnete sich dies durch einen starken
Bevölkerungsrückgang ab. Bedingt war dies durch eine sehr hohe
Arbeitslosigkeit, vor allem eine Jugendarbeitslosigkeit, aus Mangel an
Arbeitsplätzen.
Kurz zusammengefasst war das Resultat dieses
Familienatlas, dass Regionen, denen es nicht gelingt, ein familienfreundliches
Klima zu schaffen, auf lange Sicht ein wirtschaftliches Nachsehen haben. Jede
Region hat Möglichkeiten, sich zu einer familienfreundlichen und damit wachstumsorientierten
Region zu entwickeln. Der Familienatlas identifiziert die vorrangigen
regionalen Handlungsfelder und zeigt die Wachstumspotenziale auf, die sich
durch gezielte familienfreundliche Politik vor Ort erschließen lassen.
Es wird jetzt in Rothneusiedl geplant, und es müssen
jetzt die Dinge eingebracht werden. Wichtig dabei ist im Zusammenhang mit all
dem Vorgenannten: Zuerst planen mit allen Konsequenzen, dann bauen zum Vorteil
der Bewohner. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort ist niemand mehr
gemeldet. Die Debatte ist somit geschlossen.
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