Gemeinderat,
18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 104
geschehen,
wie in den letzten fünf Jahren notwendig war!) Das ist
richtig! Das wäre aber seit 1945 notwendig gewesen. In 30 Jahren hätten
sozialdemokratische Bundeskanzler diese Schande beseitigen können! Auch das ist
richtig!
Es geht jedenfalls darum, dass endlich gehandelt
wird, um diesen unwürdigen Zustand zu beenden. Ich gehe davon aus, dass der
Antrag, den wir aus Formalgründen zu einem anderen Tagesordnungspunkt
einbringen werden, endlich dazu führt, dass der jüdische Friedhof Währing
wieder in einen Zustand gebracht wird, der dieser Stadt würdig ist. – Ich
danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zu Wort gemeldet hat
sich Frau GRin Klicka. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Marianne Klicka
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Allein schon dieser Untertitel, nämlich „der
nachlässige Umgang mit dem jüdischen Erbe“, stellt eine ungeheure Provokation
dar! Mir fehlen wirklich die Worte. Wenn Sie mir vorwerfen, dass ich jetzt
sage, dass Sie die Stadt Wien durch das Wort „weiße Enteignung“ durch den
Krankenanstaltenverbund sozusagen auf die Reihe der Nationalsozialisten
stellen, dann muss ich Ihnen im Hinblick auf die geschichtliche Entwicklung
sagen: Die erste Enteignung hat tatsächlich unter dem nationalsozialistischen
Regime stattgefunden. Und Sie stellen die Stadt Wien jetzt mit Ihrer
ungeheuerlichen Aussage auf dieselbe Stufe! (Beifall
bei der SPÖ.)
Es ist eine unfassbare Frechheit, dass Sie dieses
Wort wieder verwenden und darauf beharren. Es ist keine Gleichsetzung mit
diesem kriegerischen Regime und der Geschichte des Nationalsozialismus möglich!
Das ist so ungeheuerlich, dass mir dazu die Worte fehlen!
Wir haben heute auf der Tagesordnung des
Gemeinderates auch den siebenten Bericht des amtsführenden Stadtrates über die
Übereignung von Kunst- und Kulturgegenständen. Auch in diesem Bericht zeigt
sich, wie hervorragend sorgsam die Stadt Wien mit dem Erbe des in der NS-Zeit
enteigneten Besitzes von Kunst- und Kulturgegenständen umgeht. Es wird in jeder
Weise verantwortungsvoll und sorgsam vorgegangen.
Die hervorragende Zusammenarbeit mit der jüdischen
Gemeinschaft zeigt sich auch in zahlreichen Unterstützungen und
Hilfestellungen, welche die Stadt Wien leistet. Wir haben erst vor Kurzem im
Zusammenhang mit der Restitution des Hakoah-Sportplatzes Vereinbarungen
abschließen können, ebenso für die neue Zwi Perez Chajes-Schule im 2. Bezirk,
die in der Simon-Wiesenthal-Gasse, welche früher Ichmanngasse geheißen hat, errichtet
wird. Genauso stellen wir sehr große Mittel, nämlich über
11,6 Millionen EUR, für die Verlegung des Maimonides-Zentrums vom 19.
Bezirk auf das Hakoah-Gelände im 2. Bezirk zur Verfügung.
Wir sind auch sehr stolz, dass wir für den Verein
ESRA eine große Unterstützung durch den Fonds Soziales Wien zur Verfügung
stellen können. Es ist dies jener Verein, der die Initiative ergreift, um den
Menschen, die das unmenschliche Regime überlebt haben und aus der Zeit des
Nationalsozialismus mit großen psychischen Problemen behaftet sind, Hilfe und
Unterstützung im psychosozialen und sozialtherapeutischen Bereich zur Verfügung
zu stellen.
Es ist schon richtig, dass die Stiftung, wie vorhin
schon gesagt wurde, während des NS-Regimes enteignet wurde. Im Jahr 1947 hat
jedoch der letzte männliche Vertreter dieses Zweigs der Familie auch seinen
Besitz wieder an die Republik Österreich übergeben. Während der beiden
Weltkriege und im Zuge dieser Enteignung ist allerdings das Stammkapital
verloren gegangen. Bei der Wiederherstellung der Stiftung im Jahr 1956 wurde
das Stiftungsvermögen, nämlich die Liegenschaften und Baulichkeiten, der Stadt
Wien, dem Stiftungszweck entsprechend, zur Weiterführung übertragen. Anlässlich
dieses Wiederinkrafttretens des Stiftbriefes erfolgte jedoch keine Umwidmung
der Liegenschaften in Stammvermögen, und eine Umwidmung des Stammvermögens hat
auch bis heute nicht stattgefunden.
Der Antrag der GRÜNEN, von dem Sie jetzt vor wenigen
Minuten gesprochen haben, wurde erst heute um 10.17 Uhr eingebracht. Wir
werden den Antrag noch lesen. Ich habe jetzt noch keine Kenntnis davon. Etwas
kann ich aber jetzt schon sagen: Die Stadt Wien hat nichts zu verbergen. Wir
gehen korrekt mit Stiftungsgeldern und -gütern um, und wir werden diesem Antrag
auch zustimmen, weil wir eben aufklären wollen, nichts zu verbergen haben und
uns unserer Verantwortung in diesem Sinne auch sehr bewusst sind. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR
Mag Ebinger.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Meine Damen und
Herren!
Es ist schon irgendwie faszinierend, mit welcher
Entrüstung die sozialistische Mehrheitsfraktion all das von sich weist! Mir
fällt dabei nur ein, dass es, bevor die schwarz-blaue Regierung sich ernsthaft
mit der Restitution auseinandergesetzt hat, in dieser Stadt keinen von den
Verantwortungsträgern gestört hat, dass zum Beispiel viele persönliche
Gegenstände von Johann Strauss im Museum waren und nicht bei den Nachkommen,
denen sie eigentlich zustehen. Damit konnte man einfach leben. Schauen wir uns
doch die Restitutionsberichte an, was da jetzt alles zurückgegeben wird! 50
oder 60 Jahre war das aber einem jeden egal!
Wenn wir jetzt über den jüdischen Friedhof Währing
sprechen, dann müssen wir auch eine entsprechende Unterscheidung treffen. Es
gab fünf Friedhöfe, die Josef II aus hygienischen Gründen über den
Linienwall hinaussetzen ließ. Davon gibt es laut den Unterlagen eigentlich nur
mehr einen, weil der jüdische Friedhof gar nicht dazugezählt wird. Es gab
einmal auch einen Währinger Friedhof, der seit 1920 ein Park ist, nämlich der
Währinger Park.
In Wirklichkeit geht es jetzt um
zwei Friedhöfe,
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