Gemeinderat,
18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 104
Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten
begrenzt ist.
Als nächster Redner hat sich Herr GR Lasar gemeldet.
Ich erteile es ihm.
GR David Lasar
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Nachdem sich die Republik
Österreich 2001 im Washingtoner Abkommen verpflichtet hatte, Unterstützung
für die Erhaltung und Restaurierung jüdischer Friedhöfe zu leisten, wurden bis heute
keine Schritte zur Erhaltung des Friedhofes gesetzt, weder in Währing noch
sonst wo. (GRin Mag Sonja Kato: Das stimmt nicht!)
Nach der Ankündigung des
Wiener Restitutionsbeauftragten Dr Scholz, dass man auf dem Währinger
Friedhof eine parkähnliche Situation schaffen wird – wobei ich persönlich
Ihnen sagen möchte, dass man meines Erachtens aus einem Friedhof keinen Park
machen sollte –, ist bis heute auf diesem Gelände nichts geschehen, außer
dass vielleicht ein paar morsche Bäume gefällt wurden. Ende Februar 2006
hat der damalige Finanzstadtrat Sepp Rieder eine Stiftungslösung vorgeschlagen,
an der sich Bund, Stadt und private Geldgeber beteiligen sollten.
Meines Erachtens das
einzig Richtige hat Herr Bgm Häupl getan: Er hat nämlich den Bund entsprechend
aufgefordert, und wie ich jetzt auch diesem Beschlussantrag entnehmen kann, ist
das das einzig Richtige, denn nach dem Washingtoner Abkommen ist der Bund dazu
verpflichtet, für diese Friedhöfe aufzukommen. (GR Dr Matthias Tschirf:
Da haben Sie das Washingtoner Abkommen nicht verstanden!) Die Bundesländer hätten hier höchstens einen freiwilligen Beitrag
leisten sollen, aber bis heute ist diesbezüglich auch nichts geschehen!
Noch etwas möchte ich hier
anmerken und Herrn StR Pokorny in Erinnerung rufen: Ich habe das Projekt
„Steine der Erinnerung“ abgelehnt, und zwar mit gutem Grund, wie sich heute
erwiesen hat. – Ich möchte jetzt aus der Aussendung des Herrn StR Pokorny
einiges zitieren:
„Kulturstadtrat
Dr Andreas Mailath-Pokorny begrüßte die von der Stadt Wien unterstützte
Initiative, die Erinnerung an die Menschen aufleben zu lassen, die im Bezirk
gelebt haben. Die ‚Steine der Erinnerung’ seien eine nachträgliche Verbeugung
vor den Opfern des Holocausts. Das Projekt ‚Steine der Erinnerung’ sei eine besonders
würdige Form des Gedenkens und eine nachträgliche Verbeugung vor den Opfern des
Nationalsozialismus, betonte Mailath-Pokorny.“
Herr Stadtrat! Ich hoffe,
er ist hier im Raum! Haben Sie Ihre „Steine der Erinnerung" in der letzten
Zeit einmal gesehen? – Sie sind voll Hundekot! (Mag Sonja Kato:
Das liegt aber nicht an uns!) Das liegt aber auf der Straße, liebe Dame!
Diese Steine, die Sie bewilligt haben, liegen mitten auf der Straße und sind
heute mit Hundekot, Dreck, Vogelmist und Kaugummi bedeckt! Das ist Ihre
Erinnerung an Millionen Holocaust-Opfer? – Dazu sage ich: Nein danke! Ich
verzichte gerne auf solche Erinnerungen! Und das sage nicht nur ich Ihnen
hier in diesem Haus, sondern das sagen etwa auch andere Juden auf der Straße!
Ich sage Ihnen noch einmal: Räumen Sie diese Steine
weg! Sie sind eine Schande für die Wiener Stadt! Investieren Sie das Geld
lieber in den Währinger Friedhof! Ich sage Ihnen heute laut und deutlich: Es
ist absolut niederschmetternd und niederträchtig, wenn dort Steine auf dem
Boden liegen und man sich noch gedenkend vor dem Hundedreck verbeugen muss! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf von GRin Mag Sonja Kato.)
Sie haben ja keine Ahnung davon!
Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen nur sagen: So
wie der Währinger Friedhof heute aussieht, meine Damen und Herren, kann und
darf es nicht bleiben! Das ist – wie ich Ihnen noch einmal sagen
möchte – der Stadt Wien als Kulturstadt in keiner Weise würdig! –
Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet hat
sich Herr GR Dr Wolf. Ich erteile es ihm.
GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Der jüdische Friedhof Währing ist ein
kulturhistorisches Denkmal. Der Friedhof ist Zeugnis für die Geschichte der
jüdischen Bevölkerung Wiens des 19. Jahrhunderts. Er wurde 1784 gegründet
und bestand bis 1880. Seither ist er eine Kulturschande für Wien. Man muss
nicht auf den jüdischen Glauben zurückgreifen, in dem Gräber einen Ort des
Lebens und der Friedhof einen Ort der Ewigkeit darstellen und die
Unversehrtheit jeder Grabstelle und der immerwährende Bestand des Friedhofs
wesentliche Werte sind, um die Geschichte dieses jüdischen Friedhofs als
grauenhaft zu empfinden. Er wurde von den Nazis geschändet, Leichen wurden
exhumiert und Gräber aufgelöst, und es wurde ein Löschteich angelegt. Und dass
nach dem Krieg dort ein Gemeindebau errichtet wurde, der außerdem nach Arthur
Schnitzler benannt wurde, ist entweder zynisch oder zeugt von mangelnder
Geschichtskenntnis. (Beifall bei der
ÖVP.)
Seit Jahrzehnten verfällt dieser Friedhof, und ein
Kompetenzstreit zwischen Wien und dem Bund nach dem Motto „Der böse Bund ist
schuld!“ führt dazu, dass dieser Friedhof weiter verfällt. Nach dem
Washingtoner Abkommen 2001 ist die Zuständigkeit nicht eindeutig. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Kennen Sie den Text?) Die Republik ist verhalten, hier einzutreten, und ich
glaube, Herr Stadtrat, wir sind einer Meinung, dass das Bundesland Wien Teil
der Republik Österreich ist! (Beifall bei
der ÖVP.)
Aber es soll mir recht sein, wenn
Sie den Bund in Gestalt des Bundeskanzlers, der nämlich ressortzuständig ist,
oder auch in der Gestalt der Präsidentin des Nationalrats, Frau Mag Prammer,
auffordern, hier endlich zu handeln. Es ist notwendig, dass diese Kulturschande
für Wien endlich beseitigt wird! Ich gehe davon aus … (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Es ist so viel
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