Gemeinderat, 18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 104
der Wiener Landesregierung vom 24. Juli 1956
bestand das Stiftungsvermögen nur mehr aus den beiden Krankenanstalten samt
dazugehörigen Liegenschaften.
Anlässlich der Wiederinkraftsetzung des Stiftsbriefs
wurde keine Umwidmung der Liegenschaften in das Stammvermögen vorgenommen. Eine
solche Umwidmung ist bis heute nicht erfolgt. Die Liegenschaften waren daher ab
ihrem Erwerb durch die Stiftung bis heute sonstiges Stiftungsvermögen und kein
Stammvermögen.
Nach der Übersiedlung des Krankenhauses
Maria-Theresien-Schlössel in das Sozialmedizinische Zentrum Baumgartner Höhe
standen die Gebäude der ehemaligen Krankenanstalt leer. Ein Nachnutzer für den
Weiterbetrieb des Krankenhauses im Sinne des Stiftungszwecks konnte nicht
gefunden werden. Die Liegenschaft Wien 19, Hofzeile 18 bis 20 wurde von
der Stiftung samt den darauf befindlichen Objekten an die Stadt Wien zu einem
Kaufpreis von 6,68590074 EUR verkauft.
Eine Erfüllung des Stiftungszwecks laut Stiftsbrief
kann in heutiger Zeit nur mehr teilweise in Form eines Zuschusses zu den
Errichtungs- und/oder Betriebskosten an Dritte, die die
Nachfolgekrankenanstalten errichtet haben und betreiben, erfolgen. Zu diesem
Zweck konnte der Verkaufserlös zur Gänze als Zuschuss der
Nachfolgekrankenanstalt Otto-Wagner-Spital zur Verfügung gestellt werden. Dies
entsprach dem Stiftungszweck.
Die zweckmäßige Verwendung der Mittel aus der
Rothschild-Stiftung wurde der Stiftungsverwaltung vom KAV durch Übermittlung
der entsprechenden Konzepte, Pläne und Rechnungen nachgewiesen. Im Übrigen war
die Zustimmung des außerordentlich erfahrenen, pflegschaftsgerichtlich als
Kurator der begünstigten Patientinnen und Patienten der Rothschild'schen
Stiftung bestellten Rechtsanwalts, Herrn Dr Michael Graff, gegeben.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke,
Herr Bürgermeister. - Zusatzfrage, Herr GR Dipl-Ing Margulies, bitte.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub
im Rathaus): Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Ich
würde mich ja freuen, wenn Sie dann der Aktuellen Stunde beiwohnen würden, denn
es ist natürlich jetzt nicht die Möglichkeit zur inhaltlichen
Auseinandersetzung gegeben. Eine Bemerkung nur vorweg: Auch 1998, als der
Beschluss gefasst wurde, war schon das GSBG in Kraft. Selbstverständlich war
auch zum damaligen Zeitpunkt davon auszugehen, dass von der Mehrwertsteuer de
facto 90 Prozent im Sinne der Vorsteuer wieder abgezogen werden können und
refundiert werden, wie es auch beim Krankenanstaltenverbund der Fall ist. Das
heißt, der Verweis auf die unterschiedliche Brutto- und Nettobudgetierung ist
insofern unrichtig zur Aufklärung der Differenz.
Ein zweiter Punkt, der mich offenkundig jetzt ein
bisschen stutzig gemacht hat, ist, dass Sie jetzt ganz offen zugeben: Die
Wiener Landesregierung beschäftigt sich mit Sachen, die sie nichts angehen.
Denn wenn das Maria-Theresien-Schlössel nicht Stiftungsstammvermögen ist, dann
braucht es ja keinen Beschluss der Landesregierung als Stiftungsbehörde, dann
hätte es keines pflegschaftsrechtlichen Beschlusses im Sinne einer Aufforderung
als Stellungnahme bedurft, dann hätten Sie ganz einfach gesagt: Stiftung, mach!
Nichtsdestoweniger: Ich gehe davon aus, dass bis zum
Beschluss am 11.11.2002 - vielleicht hat sich tatsächlich die Rechtslage oder
die Rechtsinterpretation nachher geändert - sowohl die Landesregierung als
Stiftungsbehörde als auch die Stiftungsverwalter der Ansicht waren, es handle
sich um Stammvermögen.
Ganz konkret an Sie daher die Frage: Haben Sie vor
diesem Zeitpunkt, wo alle noch davon ausgegangen sind, es wäre Stammvermögen,
für sich persönlich eigentlich schon den Entschluss ernsthaft ins Auge gefasst,
den Erlös aus dem Verkauf des Maria-Theresien-Schlössels tatsächlich direkt dem
Krankenanstaltenverbund weiterzuleiten?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Herr
Bürgermeister, bitte.
Bgm Dr Michael Häupl:
Ich weiß nicht, was Ihre persönliche Frage dazu soll. Ich habe keine
persönliche Beziehung dazu, sondern: Was meine Verantwortung dabei ist, ist, dafür
zu sorgen, dass Beschlüsse, die in der Wiener Landesregierung - ob jetzt aus
Ihrer Sicht korrekt oder nicht korrekt, sei dahingestellt – in diesem
Zusammenhang gefasst wurden, auch ordnungsgemäß gefasst werden. Und daher kann
ich die persönliche Fragestellung, die da formuliert wurde, in keiner wie auch
immer gearteten Weise nachvollziehen.
Für mich war in diesem Zusammenhang entscheidend,
dass eine durchaus wertvolle Liegenschaft nicht ungenutzt stehen bleibt, dass
ich Ruinen in diesem Bereich so wenig brauchen kann wie auch in anderen
Bereichen, dass es letztendlich einen Lösungsvorschlag dafür gegeben hat und
dieser Vorschlag auch die Zustimmung des Kurators gefunden hat, der es ja, wie
wir wissen, wirklich nicht notwendig hat, uns hier irgendeinen Gefallen zu tun.
- Das war für mich das Wesentliche dabei, und daher ist dieser Beschluss aus
meiner Sicht auch korrekt.
Aber es tut mir, ehrlich gesagt, ein bisschen leid,
denn ich hätte mir eigentlich erwartet, dass Sie Ihre Bemerkung, die Sie in einer
entsprechenden Aussendung öffentlich gemacht haben, nämlich: Enteignung
jüdischer Stiftung - zum zweiten Mal wird enteignet!, zurücknehmen, denn das
sage ich schon auch in aller Offenheit: Die nationalsozialistische Enteignung
des Stammvermögens der Rothschild-Stiftung zu vergleichen mit der Vorgangsweise
in einem demokratischen Rechtsstaat, wo Sie, wenn hier irgendetwas falsch
gewesen wäre, vier Jahre Zeit gehabt hätten, eine entsprechende Verständigung
der Staatsanwaltschaft vorzunehmen, das, kann ich nur sagen, halte ich wirklich
für kühn. Und da sage ich jetzt bewusst: Auch als Sozialdemokrat habe ich das
nicht notwendig, mir das gefallen zu lassen! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich erwarte mir hier also eine Richtigstellung von
Ihnen.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke,
Herr Bürgermeister. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr GR Ing
Mag Dworak. Ich bitte darum.
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