Gemeinderat,
16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 96 von 129
Interventionsstelle sehr prekär, und sie hat sich in den letzten eineinhalb Jahren keinesfalls verbessert, im Gegenteil, die Lage hat sich noch weiter verschlechtert.
Es wurde jetzt seitens der Interventionsstellen
angekündigt, dass ab 1. Jänner 2007 vier weitere Bezirke, nämlich die
Bezirke 12, 13, 14 und 15, nicht mehr betreut werden können. In vier weiteren
Bezirken, also insgesamt in acht Bezirken, ist jetzt die so wichtige Arbeit der
Interventionsstellen nicht mehr aufrechtzuerhalten. Es sind vor allem Frauen
und Kinder, die diese Hilfe in Anspruch nehmen, die ihnen auf Grund eines
Gesetzes zusteht, wie ich immer wieder betone, und dass das teilweise nicht
mehr möglich ist, ist wirklich ein Skandal! Es ist traurig, dass wir die
Bundesregierung erneut auffordern müssen, endlich ihrem Auftrag nachzukommen
und nachhaltige finanzielle Absicherung zu leisten.
Das ist insbesondere unerlässlich, weil der Bedarf
steigt. Der Bedarf an finanziellen Mitteln der Interventionsstelle ist nämlich
keinesfalls nur – unter Anführungszeichen – stagnierend, sondern er
steigt. Die neuen Zahlen, die vorgelegt werden, sind sehr alarmierend. Allein
im vergangenen Jahr ist die Zahl der Meldungen der Polizei an die
Interventionsstellen um zirka 30 Prozent gestiegen. Außerdem muss man auch
bedenken, dass die Interventionsstellen auf Grund des heuer in Kraft getretenen
so genannten Anti-Stalking-Gesetzes, also Maßnahmen im Rahmen des
Strafrechtsänderungsgesetzes, auch neue zusätzliche Aufgaben erhalten haben,
denen sie durch diese chronische Unterdotierung überhaupt nicht nachkommen
können. Das ist insbesondere auch jetzt vor Weihnachten bedauerlich, da man
weiß, dass die Zahl der Gewaltfälle in dieser Zeit noch weiter steigt.
Wir wissen: 90 Prozent aller Fälle von Gewalt
gegen Frauen und Kinder geschehen im eigenen Familienkreis beziehungsweise im
weiteren sozialen Umfeld von Frauen. Das Bild von der Familie als Hort der
Gewalt, Frau Kollegin Matiasek, das hier gezeichnet wird, ist also keineswegs
fiktiv! Bedauerlicherweise zeigen nämlich die Zahlen, dass neun von zehn
Frauen, an denen Gewalt verübt wird, von den Folgen der Gewalt in der Familie
betroffen sind.
Ich finde es traurig, dass wir heute nur einen
Dreiparteienantrag und keinen Vierparteienantrag zustande bringen. Es gab
nämlich gerade im Vorfeld der Anti-Stalking-Maßnahmen eine sehr gute
parteienübergreifende Zusammenarbeit aller vier Fraktionen dieses Hauses, und
ich danke an dieser Stelle Frau StRin Wehsely für die damalige Initiative und
auch für die heutige Initiative, erneut einen Aufruf an die Bundesregierung zu
starten. Schade, dass das heute kein Vierparteienantrag ist!
Ich kann auch den von Frau Kollegin Feldmann heute
hier vorgelegten Antrag nur als populistisches Ablenkungsmanöver bezeichnen.
Offenbar soll jetzt plötzlich die Verantwortung, die der Bund ganz klar auf
Grund eines Bundesgesetzes hat, abgeschoben werden, indem man sagt: Wir
brauchen ein neues Konzept, um den Anforderungen im Gewaltbereich nachkommen zu
können. – Das ist meines Erachtens nichts weiter als ein peinliches
Ablenkungsmanöver! Die Interventionsstellen gegen Gewalt brauchen nämlich kein
Konzept, sondern sie brauchen Geld, und zwar dringend, und das ist auch der
Grund, weshalb die Wiener GRÜNEN heute selbstverständlich diesem Antrag
zustimmen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal dazu
auffordern, dass gerade im Gewaltschutzbereich dieses parteipolitische
Hickhack, wer denn nun zuständig ist und bezahlen soll, Bund oder Land, SPÖ
oder ÖVP, endlich einmal hintangestellt werden sollte! – Auch das ist
keine neue Haltung der Wiener GRÜNEN, sondern ich habe das immer wieder betont.
Da ich erwarte, dass es sich jetzt nur um eine
Übergangsperiode handelt, in der die Bundesregierung ihrem Auftrag nicht
nachkommt, meine ich, dass die Stadt Wien hier wirklich einspringen könnte. Ich
denke, es geht hiebei ja nicht um riesige finanzielle Mittel – da werden
Sie mir zustimmen, Frau Stadträtin! –, sondern es wäre gerade jetzt vor
Weihnachten sowohl symbolisch als auch faktisch für die betroffenen Frauen und
für die betroffenen Wienerinnen und Wiener extrem wichtig, dass die Stadt Wien
dafür einspringt, dass die Interventionsstellen in allen Bezirken ihrer Arbeit
nachgehen können. – Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Frau GRin
Mag Krotsch. – Bitte.
GRin Mag Nicole Krotsch (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter
Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!
Es war mir ein Anliegen, mich zu der Postnummer zum
Kleinprojekte-Topf zu melden, um die Wichtigkeit dieses Kleinprojekte-Topfs
darzustellen und zu untermauern. Ich kann mit meinen Ausführungen aber nicht
beginnen, ohne zuerst auf den Rundumschlag von Frau Kollegin Matiasek
einzugehen.
Frau Kollegin! Sie haben den Sinn des
Gender-Mainstreaming-Projekts überhaupt nicht verstanden! Es geht darum, mit den
Piktogrammen auf den Schildern die Gleichberechtigung von Mann und Frau, also
aller WienerInnen, darzustellen. Und dabei geht es auch darum, die Männer im
öffentlichen Raum entsprechend darzustellen, denn wo bleiben jetzt die Männer,
die auch Kinder wickeln und Kinder in der U-Bahn und in der Straßenbahn auf dem
Arm halten? Es geht also um die Gleichberechtigung, und Sie haben den Sinn des
Gender Mainstreamings verfehlt! (Beifall
bei der SPÖ.)
Ganz verwundert bin ich auch über Ihren Rundumschlag
zum Thema Gewalt! Wir waren gemeinsam in Simmering im Frauenhaus, und es wurde
uns dort vor Ort geschildert, was Frauen und Kindern im familiären Umfeld
passieren kann. Gewalt zieht sich durch alle sozialen Schichten. Laut Amnesty
International widerfährt in Österreich jeder fünften Frau Gewalt im familiären
Umfeld.
Aber nun kurz zum
Kleinprojekte-Topf: Es ist die Förderungspraxis der MA 57, generell die
Notwendigkeit darzustellen, bestehende Beratungseinrichtungen
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