Gemeinderat,
16. Sitzung vom 15.12.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 129
damit ausreichend Platz vorhanden ist und auch Möglichkeiten bestehen, den Radverkehr ohne große Unterbrechungen organisieren zu können.
Ich füge aber gleich dazu, dass ich deine
beziehungsweise Ihre Fraktion ersuche, auch die entsprechenden Breiten für den
öffentlichen Raum zu akzeptieren. Es kommt nämlich immer wieder die teils
heftige Kritik, dass wir schon wieder Autobahnen bauen, wenn eine Widmung eine
gewisse Straßenbreite vorsieht, damit wir für alle Verkehrsteilnehmer Platz
bekommen. Wir bauen aber keine Autobahnen, sondern wir machen Platz für Alleen,
für Radfahrwege, für Fußwege und natürlich auch für parkende und fahrende
Autos!
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke.
3. Zusatzfrage: Herr GR Mag Gerstl, bitte.
GR Mag Wolfgang Gerstl
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Stadtrat!
Ich glaube, es sind sich wahrscheinlich bis auf die
Freiheitlichen ohnedies alle Fraktionen hier im Gemeinderat einig darüber, dass
wir den Radwegverkehr in Wien ausbauen wollen und müssen. Ich glaube, in jeder Fraktion
finden sich dafür genügend Anhänger. Ich meine aber, dass wir bei der jetzigen
Zunahme des Radverkehrs besonders aufpassen müssen, dass wir nicht versuchen,
Gutes zu tun, gleichzeitig aber mehr Schaden verursachen.
Sie haben schon dargestellt, dass sich die
Unfallzahlen sozusagen in Relation nicht gesteigert, sondern stabilisiert
haben, dass sich die absoluten Zahlen aber sehr wohl gesteigert haben. Wir
hatten im Vorjahr 657 verletzte Radfahrer in Wien, die Anzahl der
Todesfälle ist Gott sei Dank zurück gegangen. Die Situation ist aber immer noch
unbefriedigend, wenn es nicht nur um die Radfahrer, sondern um alle
Verkehrsteilnehmer dort geht, wo sie nebeneinander fahren. Diesfalls kommt es
sehr oft zu Unfallsituationen, die es in Zukunft wirklich verstärkt zu
vermeiden gilt.
Das betrifft das Verhältnis Fahrradfahrer und
Fußgänger einerseits und Fahrradfahrer und Autofahrer andererseits. Sie haben
erwähnt, dass es am stärksten unfallmaßgeblich ist, dass die Radfahrer sehr oft
zu schnell unterwegs sind. Ein zweiter Bereich ist, dass es eine Gruppe von
jugendlichen Radfahrern gibt, die sehr oft auch bei Rot fahren und dabei nicht
einmal ein Unrechtsbewusstsein haben. Ich glaube, gegen diese beiden Gruppen
sind gerade im fließenden Verkehr im Verhältnis zu allen anderen
Verkehrsteilnehmern besondere Maßnahmen zu setzen. Dafür werden auch bauliche
Maßnahmen notwendig sein.
Daher meine Frage an Sie: Welche baulichen Maßnahmen
können Sie sich vorstellen, dass es zu weniger Berührungen zwischen den einzelnen
Verkehrsteilnehmern kommt, damit der Schutz zwischen den einzelnen
Verkehrsteilnehmern, Radfahrern, Fußgängern und Autofahrern, stärker
gewährleistet wird? Dazu muss auch die Geschwindigkeit, insbesondere im
Kreuzungsbereich, wesentlich reduziert werden.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Bitte,
Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dipl-Ing Rudolf Schicker: Herr Gemeinderat!
Sie sprechen ein Thema an, das hohe Sensibilität
erfordert. Es geht tatsächlich darum, dass wir den Weg, der jetzt seit zwei
Jahren endlich greift, weiterführen, damit die Zahl der Unfälle und
Verkehrstoten in Wien weiter sinkt. Wir haben dabei seit zwei Jahren sehr große
Erfolge, auch in Übereinstimmung mit den anderen österreichischen Städten und
mit den Maßnahmen auf Bundesebene. Verkehrssicherheit ist ein ganz wesentliches
Vorrangthema. Denn es ist nicht einzusehen, dass immer noch eine größere Zahl
an Menschen, als eine Schulklasse umfasst, in einem Jahr in Wien im Verkehr zu
Tode kommt! Das ist insgesamt zu viel! Wir wollen diese Zahl herunterdrücken.
Wir haben die Vision, dass es überhaupt keine
Verkehrstoten mehr gibt, wir wissen aber, dass es Tote im Verkehr oft auch aus
anderen Gründen gibt. Manche nützen das Auto in lebensmüder Absicht. Dagegen
kann man auch organisatorisch nichts machen. Grundsätzlich gelingt aber eine
Reduktion, wenn man die Durchforstung des Straßenraumes weiter betreibt und
sich die Frage stellt: Wo sind Punkte, wo gehäuft Unfälle auftreten? – Und
das tun wir sehr intensiv. Wir haben die Konfliktsituationen zwischen Autofahrern
und Fußgängern weitestgehend analysiert. Es gibt Kreuzungen, bei denen wir sehr
große Erfolge hatten, bei anderen funktioniert das nicht ganz so gut, wir haben
aber auch dort deutliche Senkungen erreicht.
Es gibt, wie Sie vollkommen richtig formuliert haben,
mit dem Anwachsen des Radverkehrs natürlich auch mehr Konfliktsituationen. An
manchen Abschnitten haben wir immerhin Steigerungsraten von bis zu
30 Prozent innerhalb eines Jahres, wobei das auch witterungsbedingt ist.
Da muss man schauen, ob sich die Situation einfach durch bessere Information
oder auch durch bauliche Maßnahmen entschärfen lässt oder ob man eine gänzlich
andere Führung von Radwegen und eine andere Relation zu den Fußgängern anpeilen
muss. Der größte Effekt ist dort zu holen, wo man auf „g’scheit und sicher
unterwegs“ und auf gemeinsame Rücksichtnahme setzt.
So gibt es zum Beispiel die Situation, dass
Autofahrer nicht gerne vor Zebrastreifen stehen bleiben. Wir haben das genau
untersucht und haben herausgefunden, dass Fußgänger genauso wenig gerne stehen
bleiben, wenn es eine Rotlichtampel gibt. Oft gehen sie dann halt bei Rot
drüber, so dass die Unfälle in einem Fifty-fifty-Verhältnis von Fehlverhalten
durch Autofahrer und von Fehlverhalten durch Fußgänger entstehen. Die einen
bleiben beim Zebrastreifen nicht stehen, die anderen gehen bei Rot hinüber, und
dem kann man nicht durch bauliche Maßnahmen begegnen, sondern man muss
psychologisch und informativ arbeiten.
Beim Radverkehr ist es
die beste Lösung, dass man erlaubt, die Fahrbahn zu benützen, damit die Fußwege
eben nicht benützt werden. Damit fällt ein großer Teil des Konfliktpotenzials
weg, und dazu gehört zum Beispiel auch das Fahren gegen die Einbahn sowie dass
man auf der Fahrbahn Mehrzweckstreifen markiert. Damit wird
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