Gemeinderat,
15. Sitzung vom 22.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 68
Das heißt, wir müssen auch im Bereich der
Jugendarbeitslosigkeit einiges unternehmen.
Es ist hier auch der Berufsbildungsfonds angesprochen
worden. Da gebe ich Ihnen Recht, aber ich würde den sogar bundesweit machen,
damit es nicht nur beschränkt ist auf irgendeine Branche und nur auf Wien. Wir
sehen, in Vorarlberg funktioniert es, in Oberösterreich nicht. Das ist eine
Aufgabe für die neue Bundesregierung.
Meine Damen und Herren! Es gäbe noch viel zu sagen.
Ich glaube, wir müssen uns gemeinsam anstrengen, dass die Arbeitslosigkeit
nicht nur in Wien, sondern in ganz Österreich gesenkt wird. Ich denke, Wien tut
einiges und wird auch in der Zukunft einiges dazu beitragen, dass die
Arbeitslosigkeit weiter sinkt und dass es den Menschen in unserer Stadt wieder
besser gehen wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Herr GR Lasar. – Bitte schön.
GR David Lasar (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter
Herr Stadtrat!
Ihr soziales Gewissen kann man eigentlich schon an
der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik erkennen. Wenn ich mir nur die Diskussion
der letzten zwei Tage angehört habe, dann habe ich nichts anderes mitbekommen,
als dass in unserer Wienerstadt eigentlich in diesen Bereichen alles in Ordnung
ist.
Da möchte ich Ihnen schon einiges dagegenhalten. Wenn
ich mir nur die Sozialpolitik ansehe im Bereich der Drogen, im Bereich des
Arbeitsmarktes – was heute das Thema ist –, muss ich sagen, sind Sie
konzeptlos. Sie haben kein Konzept, so wie in anderen Bereichen auch nicht.
Ich sage Ihnen jetzt noch Folgendes: Wissen Sie
überhaupt, wie viele Arbeitslose wir derzeit bis September 2006 haben? Ich
werde es Ihnen sagen: Über 71 000! Und Sie sprechen hier in diesen
Bereichen von Konzepten, die Sie am Arbeitsmarkt haben.
Dann gibt es noch Folgendes, da gibt es noch die
Arbeitslosen, die in Schulungen versteckt werden, damit sie hier in Wien die
Zahlen noch ein bisserl verschönern. Da hat mir zum Beispiel – das ist ja das
Skurrile daran – ein 58-jähriger Arbeitsloser, der mit einem Kleinbus bei einer
Kaffeefirma gefahren ist und leider arbeitslos geworden ist, erzählt, dass man
ihm einen Englischkurs angeboten hat. Also ich frage Sie jetzt, was soll der
bitte, wenn er für irgendeine Kaffeefirma gefahren ist, mit einem Englischkurs
anfangen?
Ein zweites Beispiel: Da gibt es eine Dame, die ist
Hilfsarbeiterin, 54 Jahre alt. Sie ist jahrzehntelang am Fließband
gestanden. Wissen Sie, was sie dieser Frau angeboten haben? Ich sage es Ihnen,
denn auf das kommen Sie sicher nicht: einen EDV-Kurs.
Das ist Ihre Politik, die Sie am Arbeitsmarkt haben?
Das ist, bitte, lächerlich.
Ich sage Ihnen noch etwas: Sie sind auch das
Schlusslicht bei den Lehrstellen in Wien.
Jetzt möchte ich vielleicht zu den Unternehmen
kommen, die auch sehr wichtig sind und die in Wien auch sehr durch den Rost
gefallen sind bei Ihrer Politik. Wir haben auch hier einen neuen Negativrekord:
17 Prozent. Aber ich werde es Ihnen in anderen Zahlen ausdrücken. Damit
werden in Wien täglich bereits zwölf Unternehmen zahlungsunfähig, und das haben
Sie ganz alleine hier in Wien verbrochen.
Sie, meine Damen und Herren, sprechen hier von einer
sehr verantwortungsvollen Politik im Sozial- und Arbeitsmarktbereich und von
Wirtschaftskompetenz. Also da sage ich Ihnen wirklich, da passt der heutige
Titel, die „Rote Laterne". (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr
Dipl-Ing Margulies hat sich gemeldet. – Bitte.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr
Vorsitzender!
Es ist wirklich jedes Mal faszinierend, gerade wenn
es um Arbeitsmarktpolitik geht, wie dieses Pingpongspiel Stadt – Bund
eigentlich meines Erachtens nach tatsächlich eine innovative
Arbeitsmarktpolitik lähmt.
Nichtsdestoweniger einen Satz vorweg: Ich habe schon
oft genug das Gefühl, dass insofern die Quadratur des Kreises versucht wird,
als man sich weigert, einen tatsächlichen notwendigen Weg zu beschreiten, wenn
die vorhandene Arbeit auf Grund der gestiegenen Produktivität eigentlich
weniger Arbeitszeit erfordern würde. Wer tatsächlich Arbeitsplätze schaffen
will, wird ob dieser Situation verunsichert. Schauen Sie sich doch tatsächlich
an, was geschieht. Der Bund spart ein bei seinen eigenen Posten, weil er sagt,
er muss effizienter arbeiten. Er ist damit ein Vorbild für die Wirtschaft. Die
Wirtschaft spart ein, weil sie sagt, sie muss effizienter arbeiten. Das Land
Wien spart ein, weil Sie sagen, wir müssen effizienter arbeiten. Die
politischen Vorbilder machen Dienstverträge, die unerträglich sind. Prekäre
Beschäftigungsverhältnisse gibt es in der Stadt Wien, prekäre Beschäftigungsverhältnisse
gibt es beim Bund. Und dann wundert man sich, dass die Arbeitslosigkeit nicht
sinkt, wenn gleichzeitig die Leute auch noch länger arbeiten sollen und so
weiter und so fort.
Was gibt es da für ein Mittel? Es gibt das Mittel der
Umverteilung von Arbeitsplätzen – unter Anführungszeichen – durch
Arbeitszeitverkürzung. Es wird nicht mehr gehen, dass wir zu einer Reduktion
der Arbeitslosigkeit kommen, sodass Menschen Beschäftigungsverhältnisse haben,
für die sie wirklich auch anständig bezahlt werden und mit denen sie wirklich
gescheit über die Runden kommen, wenn es nicht zu einer durchgehenden
Arbeitszeitverkürzung kommt – in Wien, auf Bundesebene, in Wirklichkeit global.
Wir
werden das merken, Sie werden es alle merken, denn früher oder später kommt es
auch. Und da könnte der öffentliche Dienst tatsächlich eine Vorreiterrolle
einnehmen, da muss der öffentliche Dienst in Wirklichkeit eine Vorreiterrolle
einnehmen. Das muss nicht nur die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit sein,
es kann bei Papakarenz-Modellen, bei Karenzmodellen und allem Möglichen der
Fall sein. Da kann die Stadt Wien auch
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