Gemeinderat,
15. Sitzung vom 22.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 68
haben das wirklich satt,
meine Damen und Herren von der Regierung. Wir haben es satt. Wir finden Sie
phantasielos, wir finden Sie innovationsfeindlich, wir finden, Sie gehen an den
Bedürfnissen der arbeitslosen Menschen und auch der ArbeitnehmerInnen in dieser
Stadt, in diesem Land vorbei. Wir wünschen uns grünes Licht für
Arbeitsmarktpolitik. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Als nächster Redner hat sich Herr GR Ekkamp gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Franz Ekkamp
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages
und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Meine sehr verehrten Damen und
Herren!
Ich denke, das Thema
spricht für sich, und ich sage auch von hier aus: Jeder einzelne Arbeitnehmer,
der arbeitslos wird, ist zu viel, und wir haben alle gemeinsam daran zu
arbeiten, aber dass gerade die ÖVP das heute in den Vordergrund stellt, das,
denke ich, ist schon ein mutiger Schritt angesichts der Kompetenz, die sie seit
dem Jahr 2000 in der Regierung gehabt hat. Ich will jetzt gar nicht über Zahlen
diskutieren, ob das jetzt 370 000 oder 380 000 Arbeitslose sind, es
ist die höchste Arbeitslosigkeit in der Zweiten Republik. Das sei jetzt nur so
angemerkt, aber es ist traurig genug. (StRin
Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Die höchste Arbeitslosigkeit in Wien!)
Ja, aber Wien kann sich nicht hundertprozentig abschotten. Sie wissen auch
genau, Frau Stadträtin, dass sich auch Österreich von einer internationalen
Entwicklung nicht komplett abschotten kann. Das wissen Sie, und wenn Sie es
nicht wissen, dann müssen Sie halt irgendwo nachlesen.
Trotzdem denke ich, man
soll eine Diskussion in dieser Art und Weise doch sehr sachlich führen. Es geht
ja um Menschen. Man darf auch nicht ausblenden, dass zum Beispiel Wien – und
ich glaube, das ist an manchen gerade in der ÖVP vorbeigegangen –
220 000 Nichtwienerinnen und Nichtwienern einen Arbeitsplatz bietet.
Im Vergleich zu Niederösterreich mit gleicher Einwohnerzahl haben wir um fast
250 000 Arbeitsplätze mehr.
Genauso ist es bei den
Lehrlingen. Von den 16 000 Lehrplätzen, die zugegeben zu wenig sind,
bietet Wien 4 000 Jugendlichen aus anderen Bundesländern einen
Arbeitsplatz. Das heißt, die Beschäftigungsquote ist in Wien sehr hoch.
Trotzdem sollte man
versuchen, auf drei Themen noch einzugehen. Der Herr Kollege Tschirf hat es
schon gesagt: Maßnahmen im Bereich der Wirtschaft. Jetzt denke ich daran,
Maßnahmen im Bereich der Wirtschaft zu setzen, ist ganz, ganz wichtig. Nur
gewisse Sachen können wir gar nicht beeinflussen. Ich denke zum Beispiel an die
Abschaffung des Investitionsfreibetrages für Klein- und Mittelbetriebe. Das
können wir nicht beeinflussen. Die Gruppenbesteuerung für Konzerne bringt den
Klein- und Mittelbetrieben nichts. Wenn ich daran denke, dass man die Kaufkraft
noch geschwächt hat und wenig vom Bund investiert worden ist – das ist eine
Tatsache –, so wirkt sich das natürlich auf die Wirtschaft und auch auf die
Arbeitsplätze aus, und Wien kann das nicht beeinflussen.
Was Wien macht und auch
beeinflusst: Es fördert und investiert. Ich erinnere – zwei Tage lang
diskutiert – an die 2,3 Milliarden EUR an Aufträgen an die
Wirtschaft. Das ist wesentlich mehr als im Jahr 2005. Das steigert die
Beschäftigung. Ich erinnere an die Maßnahmen im Wiener
Wirtschaftsförderungsfonds. 40 Millionen für Technologie und Forschung,
68 Millionen für High-Tech-Immobilien, 103 Millionen für die
Modernisierung und Internationalisierung der Wirtschaft. Wien redet nicht, Wien
handelt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Zweiter Punkt:
Arbeitsmarktpolitik. Ich glaube, das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt.
Wir bemerken natürlich, dass sich die Wirtschaft nicht nur in Wien, sondern in
ganz Europa und auch in Österreich umstrukturiert; gerade im Bereich der
Industrie. Das darf doch auch an Ihnen nicht vorbeigegangen sein, meine Damen
und Herren. (Zwischenrufe von GR Dr Matthias Tschirf und StRin Mag
Katharina Cortolezis-Schlager.) Kollegin, Lautstärke ersetzt nicht den
Inhalt einer Aussage.
Das heißt, gerade in der Industrie passiert es, dass
kostenintensive Arbeit, kostenintensive Produktion ausgelagert, abgesiedelt
oder verlagert werden. 25 Prozent der Arbeitsplätze in der Industrie sind
in den letzten Jahren verschwunden. Das können Sie genauso nicht verhindern,
das ist die Globalisierung, meine sehr geehrten Damen und Herren, weg von der
klassischen Sachgütererzeugung. Die Wiener Wirtschaft, glaube ich, handelt. Ich
habe es Ihnen schon gesagt.
Jetzt darf ich Ihnen noch ein Zitat oder eine Aussage
Ihrer Präsidentin der Wiener Wirtschaftskammer vorlesen. Sie meint auch, dass
sich die Wiener Wirtschaft im internationalen Vergleich hervorragend bewährt
und dass immer mehr Unternehmen Wien als Standort wählen, weil es eben ein
unternehmerfreundliches Klima in Wien gibt. Forschung und Entwicklung nehmen
einen hohen Stellenwert ein. Lesen Sie es nach auf der Homepage.
Meine Damen und Herren! Über den WAFF – weil Sie die
Bildungsmaßnahmen angesprochen haben –, wird dann die Kollegin Lueger etwas sagen.
Ich glaube, Wien macht hier sehr viel, auch im Bereich der Stiftungen. Wenn ich
wieder eine Verknüpfung mache mit Auslagerung, wo viele Menschen zum Handkuss
kommen, gelingt es Wien, im Gegensatz zu Niederösterreich, das abzufangen. Ich
kann das sagen, ich komme aus einem Betrieb, in dem wir niederösterreichische
Beschäftigte haben, die durch die Finger schauen, aber die Wiener bekommen
Umschulungsmaßnahmen, um wieder Fuß zu fassen am Arbeitsmarkt.
Dritter Punkt: Kampf gegen die
Jugendarbeitslosigkeit. Ich glaube, das muss uns allen am Herzen liegen. Jetzt
zitieren Sie wieder Oberösterreich, aber Sie brauchen nur in die letzte
Statistik hineinzuschauen – das ist nicht von mir, das ist bitte vom AMS; die
Jugendarbeitslosigkeit ist zu hoch, da gebe ich Ihnen Recht –: Wien
14,1 Prozent, Oberösterreich 23 Prozent. So schaut die Realität aus,
wenn man irgendwelche Zahlen vergleicht.
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