Gemeinderat,
14. Sitzung vom 21.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 91
nicht politische Indoktrination bedeuten – das sollte man auch hier festhalten –, und soweit wir den Bildungsplan durchgelesen haben, können wir dem auch zustimmen. Aber eines möchte ich hier auch festhalten – ich habe das vorhin schon erwähnt –: Es kann nicht sein, dass die Kinder mit Migrationshintergrund zuerst in ihrer Heimatsprache oder Muttersprache unterrichtet werden oder ausgebildet werden und dann erst die deutsche Sprache erlernen. Wir wollen die deutsche Sprache zuerst vermitteln, darauf aufbauend sollen dann Fremdsprachen gelehrt werden und nicht umgekehrt.
Aber genau gleich auf diesem Bildungsplan aufbauend
fragt man sich schon: Wo bleibt denn der von uns seit Jahren geforderte
kostenlose Kindergarten? Wenn es schon so ist, dass die Pflichtschulen umsonst
sind und dort Bildung vermittelt wird, und jetzt auch gesagt wird, im
Kindergarten wird Bildung vermittelt, warum ist es dann nicht möglich, dass der
Kindergarten umsonst zur Verfügung gestellt wird? Die Pflichtschule ist ja, wie
gesagt, auch gratis. Wir Freiheitlichen fordern das schon seit Jahren. Geben
Sie doch bitte den Familien auch eine Chance, indem sie für diesen Kindergarten
nicht so viel monatliches Geld berappen müssen. Mittlerweile fordern das ja
auch schon die Kinderfreunde, und ich glaube, die stehen Ihnen ja nicht sehr
fern.
Ein wichtiges Thema ist auch die Subventionspolitik
im roten Wien. Man kann da feststellen, die fällt oftmals sehr einseitig aus.
Da werden Hunderttausende Euro jährlich in SPÖ-nahe Vereine gesteckt, und das
ist alles sehr leicht zu beschließen mit der absoluten Rathausmehrheit. Das ist
ja wohl auch ein Musterbeispiel von roter Arroganz und Missachtung der Demokratie
und auch eine Verhöhnung der Opposition. Fest steht wohl nur eines: Hier wird
das Geld des Steuerzahlers mit beiden Händen zum Fenster hinausgeworfen, weil
man sich viele Förderungen auch sparen könnte. Aber das ist ja wohl die
Überheblichkeit, mit der hier die SPÖ in dieser Stadt regiert.
Wir wünschen uns auf alle Fälle mehr Transparenz und
Nachvollziehbarkeit und lehnen diese Freunderlwirtschaft ab. Wir wünschen uns
analog zum Bundesgesetz für Jugendförderung auch so ein Gesetz in Wien, wo eben
nach ganz klaren Parametern Jugendvereine gefördert werden, zum Beispiel bei
politischen Organisationen der Mandatsstand hier in diesem Gremium, die
Mitgliederanzahl. Es sollten auch laufend Evaluierungen bei den Jugendvereinen
durchgeführt und diese Vereine dann gemäß diesen Parametern gefördert werden,
so wie es auch im Bund der Fall ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum
Schluss. VBgm Rieder hat gesagt, die größte Wirtschaftsleistung kommt aus Wien.
Er hat gesagt, die größte Kaufkraft ist in Wien, und er hat gesagt, die größte
Steuerleistung ist in Wien. Wenn wundert es? Wien ist ja auch die mit Abstand
größte Stadt in Österreich. Aber auch die größte Arbeitslosigkeit, die größte
Jugendarbeitslosigkeit ist in Wien anzutreffen, die größte Kriminalität ist in
Wien anzutreffen, und der größte und schnellste Bildungsverfall ist leider auch
in Wien anzutreffen.
Der Klubobmann Oxonitsch hat gestern gesagt, Wien ist
die Stadt der Zukunft. Das wäre ja sehr schön, und eine Investition in Bildung
und Jugend ist auch eine Investition in die Zukunft, nur vermissen wir leider
diese Investitionen in diesem Budget. Das rote Wien lebt leider weiterhin in
der Falle des Kurzzeitdenkens, es wird nicht ausreichend gefördert, und wenn,
dann falsch.
John F Kennedy hat gesagt, es gibt auf Dauer nur
eines, was teurer ist als Bildung, nämlich keine Bildung. Und ich glaube, das
sollten wir uns alle hier auch ins Stammbuch schreiben. (GR Mag Thomas
Reindl: Der Kennedy wird sich im Grab umdrehen, wenn er von Ihnen zitiert
wird!)
Das Budget ist nicht einmal Symptombekämpfung der
Probleme und schon gar nicht werden die Probleme an der Wurzel angepackt. Dazu
fehlt leider hier im roten Wien der Mut, und deswegen lehnen wir das vorliegende
Budget ab. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Jerusalem. Ich
erteile es ihr.
GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr
verehrten Damen und Herren!
Ich mache heute dem Herrn Gudenus und mir ein
Geschenk: Ich erkläre ihm das nicht mehr mit dem muttersprachlichen Unterricht,
und wir werden beide wahrscheinlich sehr froh darüber sein. Ich habe nur
15 Minuten, daher nur zwei sehr wichtige Dinge, die mir ganz besonders am
Herzen liegen.
Beim ersten Punkt geht es um
Kinder, die aus sozioökonomischen Gründen benachteiligt sind und hier in Wien
leben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wende mich natürlich an alle,
weil ich das geschäftsordnungsmäßig muss, aber ich wende mich ganz besonders an
die Damen und Herren von der Sozialdemokratie, die hier so besonders zahlreich
der Bildungsdebatte lauschen. Ich verstehe nicht, und ich denke, viele in Wien
verstehen es nicht, warum ausgerechnet in dieser Stadt, die seit Jahrzehnten von
Ihnen regiert wird, Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien auch
vom Schulsystem weiter benachteiligt, benachteiligt und benachteiligt werden.
Ich dachte, dass anlässlich von Pisa, wo man nachgewiesen hat, dass die
Herkunft der Kinder, die Herkunftsfamilie so wahnsinnig ausschlaggebend dafür
ist, ob ein Kind in der Schule einen Aufstieg vor sich hat, ob
Chancengerechtigkeit und Chancengleichheit herrscht, ja oder nein, dieses in
Wien zündende Problem als solches auch von Ihnen erkannt wird. Aber
offensichtlich ist das nicht von großer Bedeutung.
Deswegen sage ich noch
einmal: Immerhin 22 Prozent der Jugendlichen mit 16 Jahren verlassen
in Wien die Schule und können nicht sinnerfassend lesen. Da müssen alle
Alarmglocken schrillen – schrillen! –, vor allem im roten Wien. Und ich
behaupte ja, dass es in Wien nicht 20 Prozent sind, sondern
22 Prozent und mehr. Denn die, die bereits mit 16 in den Parks – unter
Anführungszeichen – herumkugeln und von derartigen Test gar nicht mehr erreicht
werden, müsste man ja ebenfalls noch dazuzählen. Dieselben 22 Prozent oder
fast dieselben können auch einfache Rechenoperationen nicht lösen und können
auch einfache Probleme nicht
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