Gemeinderat,
14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 96 von 108
Öffentlichwerden dieses Berichts keinerlei Einverständnis,
Verständnis, Nachvollziehbarkeit der Kritik des Kontrollamtes gezeigt haben und
eigentlich ziemlich arrogant, salopp gemeint haben, das wäre doch ohnehin alles
in Ordnung und der Kontrollamtsbericht würde ja zeigen, dass sie auf einem
guten Reformweg sind.
Ja, es sind einige Reformschritte passiert, aber der
Kontrollamtsbericht zeigt in ausgezeichnetem Detail, wo es
Einsparungspotenziale gibt – und da fallen einem nicht nur die viel zitierten
goldenen Tischtücher beim Symphonikerball ein, die wohl nur einen kleinsten Teil
des Einsparungspotenzials ausmachen, sondern vor allem stellt sich auch die
Frage der Pensionsreform, der Gehaltsangleichungen und Ähnliches mehr. Wir
denken – und deshalb war es mir auch wichtig, das an dieser Stelle noch einmal
deutlich zu sagen –, dass diese Vorgangsweise keine adäquate Vorgangsweise für
einen zu fast 100 Prozent von der öffentlichen Hand subventionierten
Verein darstellt. Aus meiner Sicht kann es die Stadt Wien nicht auf sich sitzen
lassen, dass die Wiener Symphoniker weiterhin nach dem Prinzip agieren: Der
Papa wird's schon richten. In dem konkreten Fall: Der Herr Kulturstadtrat wird
schon Subventionen nachschießen.
Ich denke, dass das ein riesengroßes Problem
darstellt und dass es, da es sich um einen erklecklichen Teil des Budgets
handelt, jedenfalls ein Thema ist, dem wir uns sicherlich in den nächsten
Monaten weiterhin werden widmen müssen, von dem ich aber auch denke, dass es
zur Diskussion, wohin das Budget fließt und ob das Budget korrekt verteilt ist,
jedenfalls dazugehört.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich hoffe, dass der
Einfallslosigkeit dieses Budgets einige gute Ideen im nächsten Jahr folgen
werden, die zeigen, dass mit diesem Geld nicht nur die Oper finanziert wird.
Wir sind gerne bereit, gute Ideen einzubringen, und hoffen jedenfalls sehr,
dass in Zukunft mehr Geld nicht ausschließlich in die großen Tanker, sondern
auch in die wendigen kleinen Flitzer geht. – Danke. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm:
Herr GR Dr Wolf, bitte.
GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Mehr Geld für die Wiener Kultur – mit diesem Slogan
reden sich der Herr Stadtrat und die Mehrheitsfraktion das vorliegende Budget
schön, und ich fürchte, Sie werden das noch ausführlich tun. Mehr Geld – das
lohnt einen Blick auf die Tatsachen. Das Kulturbudget weist rund
10,8 Millionen EUR mehr aus. Davon frisst die Inflation im kommenden
Jahr gut 4 Millionen EUR weg. Schließlich haben wir nach den Prognosen
der Wirtschaftsforscher im kommenden Jahr mit einer Inflationsrate von
1,9 Prozent zu rechnen. Nach dieser Rechnung bleiben ungefähr real
6 Millionen EUR mehr zu verteilen als im heurigen Jahr. Davon
beanspruchen die Vereinigten Bühnen Wien, auf deren Finanzierung ich noch
zurückkommen werde, 7 Millionen EUR. Man sieht, wie das mit den viel
gerühmten und laut gelobten Budgetsteigerungen wirklich ist.
Vergleicht man den Entwurf mit dem Rechnungsabschluss
des Vorjahres, dann ist dieser Budgetentwurf vollends entzaubert. Die
Steigerung ist nämlich fast genau so hoch, wie der Budgetüberzug im vergangenen
Jahr war. Das ist Stillstand auf hohem finanziellen Niveau.
Genau da liegt das Problem dieses Budgets und damit
auch der Wiener Kulturpolitik. Es ist ein teurer Stillstand – kein Konzept,
kein Gestaltungswille der Kulturpolitik, keine Zukunftsorientierung, sondern
nur der Versuch, mit den Millionen irgendwie über die Runden zu kommen. Das
Durchreichen von Steuergeldern ist noch lange keine Kulturpolitik.
Keine Frage: Kunst und Kultur brauchen Geld. Wir
bekennen uns zur Finanzierung von Kunst und Kultur mit öffentlichen Mitteln.
Wir fragen aber nach: Werden die Steuergelder zielgerecht investiert? Werden
die Mittel sparsam und effektiv eingesetzt? Wird kontrolliert, was mit dem Geld
geschieht?
Vor wenigen Tagen – es wurde von meinen Vorrednern
bereits wiederholt darauf hingewiesen – hat das Kontrollamt die Prüfung von
fünf verschiedenen Kulturinstitutionen, die vom Kulturamt der Stadt Wien
finanziert oder unterhalten werden, veröffentlicht. Durchgängig wurde
kritisiert, dass die Wirtschaftlichkeit und sparsame Verwendung der
öffentlichen Mittel nicht gewährleistet sind. Das ist ein vernichtender Befund
der Amtstätigkeit des Stadtrates und nebenbei bemerkt, die volle Bestätigung
der Kritik, die meine Fraktion seit Jahren an dieser Subventionspraxis übt. (Beifall
bei der ÖVP.)
Im Bericht über die Prüfung der Vereine
„ImPulsTanz" und „Wiener Tanzwochen" hat das Kontrollamt das
Kulturamt sogar aufgefordert – ich zitiere wörtlich: „zu überlegen, ob
gegebenenfalls durch eine entsprechende Reduktion der Förderungszahlungen eine
durchgängig wirtschaftliche und sparsame Mittelverwendung sichergestellt werden
könnte.“ – Zitat Ende.
Das ist in der Tat eine vernichtende Kritik. Zahlen,
was verlangt wird, zumindest an jene Kulturinstitutionen, die sich des
Wohlwollens des Stadtrates erfreuen dürfen – das ist die Politik.
In
anderen Fällen sieht es anderes aus. Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Das Theater
Brett etwa kämpft seit Jahren um das nackte Überleben. Die Kleinbühne bringt
regelmäßig hoch interessante Theaterproduktionen aus mittel- und
osteuropäischen Ländern nach Wien und hat eine wesentliche kulturpolitische
Funktion für Wien als mitteleuropäische Kulturstadt. Das Theater Brett bekommt
aber keinerlei Unterstützung von Wien. Das Theater Brett wird von ehemaligen
tschechoslowakischen Dissidenten gemacht, die aus ihrer Heimat vertrieben
wurden und seit Jahrzehnten in Wien leben und arbeiten. Tschechien, Ungarn und
andere Reformstaaten sowie die EU unterstützen die Projekte des Theaters Brett
– nur Wien zahlt trotz flehentlicher Bitten nicht. Inzwischen ist auch die
Existenz der beiden Theatermacher gefährdet. Bekommen sie keine Subvention, die
ihnen übrigens immer wieder angekündigt und in Aussicht gestellt
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