Gemeinderat,
13. Sitzung vom 25.10.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 80
Dr Matthias
Tschirf: Das ist die Unwahrheit, und das wissen Sie!) Die
Wiener ÖVP – und das ist schwarz auf weiß nachzuweisen – hat im Wahlkampf einen
Folder drucken lassen (GR Dr Matthias
Tschirf: Nein!), einen Folder drucken lassen für einen ÖVP-Bezirksrat,
nämlich den Mustafa Iscel, der zum Glück nach meiner Pressekonferenz dann
zurückgetreten ist. Das heißt, das zeigt, wie wichtig es war, eine
Pressekonferenz abzuhalten, denn erst dann haben Sie den Rücktritt dieses
Bezirksrats veröffentlicht. Vorher war Ihnen das kein Anliegen in der
Öffentlichkeit. (Beifall bei der FPÖ. –
GR Dr Matthias Tschirf: Das ist die Unwahrheit!)
Da hat es im Nationalratswahlkampf eben ein
offizielles Flugblatt, einen Folder mit ÖVP-Logo gegeben, mit offiziellem
ÖVP-Logo, in dem eben dieser Völkermord der Türken an den Armeniern geleugnet
wurde, was auch von der Tageszeitung "Die Presse" zitiert wird.
Überschrift: "VP-Bezirksrat: Es gab keine Massenmorde an den Armeniern."
Wollen Sie sagen, "Die Presse" sagt die Unwahrheit? Also sicherlich
nicht. (GR Norbert WALTER, MAS: Sie
brauchen nur nachzulesen, was dort tatsächlich gestanden ist!) Dieses
Flugblatt mit offiziellem Logo der ÖVP wird ja auch gezeigt: "Ihre starke
Stimme im Nationalrat" mit offiziellem ÖVP-Logo. Darauf steht dann auch in
türkischer Sprache – ich übersetze jetzt: „Wenn Sie nicht wollen, dass der
Völkermord an den Armeniern anerkannt wird, wählen Sie ÖVP!" Wählen Sie
ÖVP! Na, wie muss sich ein Armenier fühlen bei so einem Flugblatt der ÖVP? (GR Dr Matthias Tschirf: Das ist die
Unwahrheit!) Dem kann ja nur schlecht werden, wenn er so etwas sieht. Und
da werden Sie doch nicht behaupten, dass "Die Presse" die Unwahrheit
geschrieben hat. (GR Dr Matthias Tschirf:
Das ist die Unwahrheit! Sie sagen ganz bewusst die Unwahrheit!) Dann
sollten Sie bitte die Tageszeitung "Die Presse" sofort klagen, wenn
Sie so etwas behaupten. Das ist einfach unrichtig, was Sie hier sagen. (Beifall bei der FPÖ.)
Jetzt sieht es so aus, als wären diese unfassbaren
Aussagen eben wirklich offizielle ÖVP-Parteilinie gewesen zum damaligen
Zeitpunkt, denn Sie wollen doch niemandem weismachen, dass Sie nicht gewusst
haben, was Ihr Bezirksratskandidat druckt mit einem offiziellen Logo. Das sind
genau diese vorgegebenen Drucke, die sich alle anderen Bezirksratskandidaten
genauso drucken haben lassen. (GR Dr
Matthias Tschirf: Das ist die Unwahrheit! Sie sagen die Unwahrheit!) Sie
wollen doch der Bevölkerung nicht weismachen – und das wissen Sie doch selber
ganz genau, das ist ja undenkbar –, dass ein potenzieller Mandatar, der
kandidiert, das nicht mit der Parteispitze abklärt, bitte. Das gibt es ja in
keiner Partei, die im Grunde genommen eine ordentliche Struktur hat. Und wenn,
dann müssten Sie sich einmal Gedanken über Ihre Strukturen machen. Da kann ja
irgendwas nicht stimmen an Ihren Vorgaben. (Beifall
bei der FPÖ.)
Auch der ÖVP-Chef Gio Hahn, der ja mit rund minus
10 Prozent in Wien im Grunde genommen am 1. Oktober auch der große
Wahlverlierer war – nämlich minus 10 Prozent ist doch bitte eine
ordentliche Watschen, die man da vom Wähler bekommen hat in Wien –, hat als großer Verlierer natürlich auch in dieser Frage, in dieser
heiklen Frage wieder einmal geschwiegen. Das hat er mit dem Bundeskanzler
gemeinsam. Da schweigt man wie ein Grab und sagt nichts dazu und findet auch
nicht rechtzeitig eine Klarstellung. Erst nachdem wir eine Pressekonferenz
gemacht haben, ist er dann offensichtlich soweit in die Defensive gedrängt
worden, dass man dann endlich eine Entscheidung getroffen hat, dass dieser
Bezirksrat, wie ich einer Presseaussendung von gestern entnehme, zurückgelegt
hat. Aber das haben Sie vorher nicht mitgeteilt. Ich wundere mich, warum Sie
das erst nach meiner Pressekonferenz mitgeteilt haben. Da haben Sie wahrscheinlich
nachher etwas repariert, was Sie vorher noch gar nicht in Angriff nehmen
wollten.
Wenn man hergeht und diese Situation beleuchtet und
davon ausgeht, dass damals die Wiener ÖVP im Nationalratswahlkampf mit einem
Flugblatt dieses Bezirksrates, der zurückgetreten ist, in dem letztlich die
Leugnung des Völkermordes von 1,5 Millionen Menschen vorgenommen wird und
das offensichtlich bewusst zur Wählermaximierung verwendet, na, dann sage ich
nur "Gute Nacht!" Das ist wirklich schäbig. Das ist wirklich schäbig.
Ich stehe ja mit meiner Meinung nicht alleine da.
Natürlich sind Konsequenzen in so einem Fall nötig. Ich bin froh, dass
zumindest in diesem einen Bereich die Konsequenz gezogen wurde. (GR Dr Matthias Tschirf: Bei Ihnen werden
nie Konsequenzen gezogen!) Bei uns war man wesentlich schneller, da hat es
nicht einmal zwei Stunden gedauert. (GR
Norbert WALTER, MAS: Wo denn?) Bei Ihnen dauert es über Wochen seit der
Nationalratswahl. Bei uns hat es zwei Stunden gedauert. Das ist eben genau der
Unterschied. Und bei Ihnen hängt noch immer der Dollfuß im Bundesparlament im
Klub der ÖVP. Da haben Sie überhaupt keine Berührungsängste zu Diktatoren. Das
muss man einmal festhalten, und das ist vielleicht auch einmal aufzuarbeiten. (Beifall bei der FPÖ. – GR Norbert WALTER,
MAS: Auch die Blauen sollten konsequent sein!)
Aber ich habe auch wahrgenommen,
zumindest in der Tageszeitung "Österreich" habe ich wahrgenommen,
dass offensichtlich die SPÖ und auch die Grünen
diesem Beschlussantrag, den wir heute einbringen, nicht zustimmen werden, was
mich wirklich schmerzt und auch verwundert. Das sage ich ganz offen. Noch dazu
mit einer wirklich unsinnigen Begründung. Die unsinnige Begründung, die
angeführt wird – in dem Fall hat der Herr Bürgermeister diese Begründung
gegenüber der Zeitschrift "Österreich" angeführt –, lautet, das sei
nicht verfassungskonform. Also ich frage mich, hat er bis dato
Beschlussanträge, die Sie eingebracht haben, verfassungswidrig hier eingebracht?
Hat er damals, als wir die unglaublichen Aussagen eines iranischen
Staatspräsidenten gemeinsam hier in einer Resolution, in einem Antrag
verurteilt haben, auch nicht verfassungskonform gehandelt? Und gerade da
konstruiert er dann die Lösung, dass das bei diesem Völkermord, wo es wirklich
heute noch genauso wie damals eine Notwendigkeit wäre, einmal dagegen
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