Gemeinderat,
11. Sitzung vom 28.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 71
von Ihrer Fraktion zu Recht - und das möchte ich
betonen, wirklich zu Recht! - der Vorwurf, dass hier nichts untersucht wurde.
Es wurde von der Bundesregierung keine Studie gemacht, und was das Ergebnis
war, das haben ja wir alle dann festgestellt. Ich möchte nicht, dass mit dieser
Gründung einer Gesellschaft… (Zwischenruf von GRin Mag Sonja Ramskogler.)
Diese Kritik müssen Sie sich gefallen lassen. Es ist
auch die Idee einer Verordnung nicht schlecht, wenn sie untersucht wird, wenn
Studien zugrunde liegen und wenn sie einen Sinn macht. Hier ist es vielleicht
umgekehrt. Ich bin überzeugt davon, dass diese Gesellschaft sinnvoll sein wird,
aber, bitte, ich sage jetzt nur eines: Ich wünsche mir, dass der Koordinator so
schnell ein Konzept und einen Finanzierungsplan vorlegt, wie Sie uns diesen
Gesellschaftsvertrag vorgelegt haben!
Es wäre doch wirklich für alle wichtig zu wissen:
Wird es in der neuen Gesellschaft Geld für Studien und für Forschung geben? Was
wird für Prävention ausgegeben werden, für Langzeittherapie, für
niederschwellige Einrichtungen? Das alles gehört in einem Konzept und mit einem
Finanzierungsplan hergezeigt. Dann würde ich mit viel mehr Freude diesem
Geschäftsstück heute zustimmen. So muss ich es leider wirklich mit Bauchweh
tun. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum
Wort gemeldet ist Frau GRin Praniess-Kastner. - Bitte.
GRin Karin Praniess-Kastner
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Grundsätzlich begrüßen wir, dass die
Drogenkoordination in den Psychosozialen Dienst übersiedelt und dort als
Gesellschaft mit beschränkter Haftung neu gegründet wird - und zwar dann, wenn
es zu einer Optimierung der Zusammenarbeit zwischen dem Psychosozialen Dienst
und der Drogenkoordination kommt. Wir freuen uns auch auf ein Konzept dafür -
da schließe ich mich den GRÜNEN an -, wie diese Optimierung der Zusammenarbeit
erfolgen soll. Denn Suchtproblematik beinhaltet medizinische, soziale und
psychologische Aspekte, und wir erwarten uns von der neu gegründeten
Gesellschaft, dass die medizinischen und sozialen Aspekte gleichermaßen
berücksichtigt werden.
Eine koordinierte, ganzheitliche Betreuung nützt
letztendlich den Betroffenen, dem Suchtkranken und den Angehörigen. Außerdem
ist nahezu jede Abhängigkeit mit psychischen Problemen verbunden. Oft sind
diese auch der Grund für Menschen, in Abhängigkeit zu geraten und zu legalen
oder illegalen Drogen zu greifen. Für diese Probleme ist der Psychosoziale
Dienst die richtige Organisation.
Wir PolitikerInnen sind aufgefordert, geeignete
Rahmenbedingungen zu schaffen, um den kranken und abhängigen Menschen optimale
Hilfe zuteil werden zu lassen. Unsere Drogenpolitik geht davon aus, dass Sucht
ein multifaktorielles Problem ist. Nicht nur die persönliche Geschichte und
Konstitution bestimmen den Weg des Süchtigen in die Abhängigkeit, sondern auch
seine sozialen Beziehungen, sein Umgang mit Stress und die gesellschaftliche
Akzeptanz der Droge. Daher sind für uns differenzierte Lösungsansätze sehr
wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)
Suchtkranken müssen Therapien angeboten werden, und das Ziel muss eine soziale
und arbeitsmarktpolitische Reintegration sein.
Erfreulich an der Zusammenführung finde ich auch,
dass der Suchtprävention künftig mehr Bedeutung beigemessen wird und dass auch
dem Thema Alkohol ein zusätzlicher Schwerpunkt zukommt. (Beifall bei der ÖVP.) Unser wichtigstes Anliegen ist die
Prävention. Hier gilt es, auf eine Stärkung des Selbstwertes des Kindes und des
Jugendlichen Rücksicht zu nehmen und auf die Bewusstseinsbildung in der
Gesellschaft zu achten.
Es fehlt bisher an öffentlichen Symposien und
Enqueten, und es fehlt auch leider an Bewusstseinsbildung der Öffentlichkeit.
Ich denke, dass man da noch einiges mehr machen könnte. Wir erwarten eine
flächendeckende, offensive Informations- und Aufklärungskampagne über legale
Drogen, aber auch, dass den neuen illegalen Drogen Rechnung getragen wird. Wir
fordern ein, dass die angekündigten Synergieeffekte, die durch die
Reorganisation erzielt werden, auch zu einer höheren Effizienz führen. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Nun zu der angekündigten Umstrukturierung im Pflegebereich: Der bisher
unabhängig agierende Pflegeombudsmann Dr Vogt soll abgeschafft werden,
seine Aufgaben sollen künftig von der Patientenanwaltschaft übernommen werden.
Der Pflegeombudsmann Dr Vogt wurde infolge des
Lainz-Skandals 2003 von der damaligen StRin Pittermann als unbürokratische und
niederschwellige Anlaufstelle für den Pflegebereich installiert. Im Unterschied
zur Patientenanwaltschaft liegt die Aufgabe des Pflegeombudsmanns darin, sich über
die rechtlichen Belange hinaus um die Menschen und ihre Probleme zu kümmern. Im
Vordergrund steht nicht die Klärung von Rechtsfragen - was bereits jetzt per
Gesetz unter die Zuständigkeit des Patientenanwalts fällt -, sondern Fragen der
Betreuung und Lebensqualität.
Die Abschaffung der Stelle des Pflegeombudsmanns
beraubt die BewohnerInnen der Wohn- und Pflegeheime eines Mittels, ihre
Probleme, die durch das Leben in dieser Institution entstehen, aber meist kein
Verstoß gegen geltendes Recht sind, menschlich und unbürokratisch zu lösen. Die
Abschaffung der Institution in der gegenwärtigen Form bedeutet einen
wesentlichen Rückschlag für die Kultur des Beschwerdemanagements im
Pflegebereich. Interessierte Beobachter können überdies den Eindruck bekommen,
dass die zuständige Stadträtin, Frau Mag Brauner, sich durch diese
Anlassgesetzgebung eines unbequemen Kritikers, der auch medial gut wahrgenommen
wurde, entledigen möchte. (Beifall bei
der ÖVP.)
Der Verdacht, dass es sich bei der geplanten
Strukturänderung um einen Lex Vogt handelt, liegt nahe. Daher stellen meine
Kollegin GRin Ingrid Korosec und ich folgenden Beschlussantrag zu Post 56:
„Der Gemeinderat spricht sich dafür aus, dass die
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