Gemeinderat,
11. Sitzung vom 28.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 71
unabhängige Institution des Pflegeombudsmanns weiter als Anlaufstelle für BewohnerInnen der Wiener Wohn- und Pflegeheime erhalten und die klare Trennung der Aufgaben zwischen Pflegeombudsmann und Patientenanwaltschaft bestehen bleibt. Die Zusammenführung unter eine Verwaltung analog zur Volksanwaltschaft ist anzustreben.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
beantragt." (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Nun zur Wiener
Psychiatriereform: Seit über 20 Jahren wird an der Umsetzung der Wiener
Psychiatriereform gearbeitet, die sich mit der Verbesserung der Lebensqualität
psychiatrischer Patienten auseinander setzt. Das ausführende Organ der Reform,
der Psychosoziale Dienst, hat seine Kompetenzen erst kürzlich um den eingangs
angesprochenen Bereich Drogen erweitert. Durch die Diskussion um das
Otto-Wagner-Spital rückt auch die Versorgung und Betreuung psychisch kranker
Menschen wieder stärker in den Blickpunkt.
Daher stellen meine Kollegin GRin Ingrid Korosec und
ich folgenden Beschlussantrag:
„Die zuständige Stadträtin für Gesundheit und
Soziales möge dem zuständigen Gemeinderatsausschuss im September 2006 über
die Ergebnisse und Probleme der Wiener Psychiatriereform berichten und die
konkreten und mittelfristigen Ziele und Maßnahmen bis 2010 darlegen.
In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige
Abstimmung des Antrags." (Beifall
bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm:
Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Ramskogler. - Bitte.
GRin Mag Sonja Ramskogler (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und
Herren!
Wir haben hier den Akt, den wir besprechen und
diskutieren wollen, in dem es darum geht, dass es eine neue Organisationsform
gibt, nämlich dass die Drogenkoordination Wien nun beim PSD und gemeinsam mit
dem PSD noch bessere Zusammenarbeit leisten soll und in einer neuen Form
gestaltet wird. Das heißt, es geht hier darum, dass die Zusammenarbeit, die
jetzt schon zwischen dem Psychosozialen Dienst und der
Drogenkoordinationsstelle Wien stattfindet, eine noch bessere wird.
Wir haben auch - und das haben beide Kolleginnen
erwähnt - schon im Vorstand des Psychosozialen Dienstes darüber diskutiert, und
wir haben uns dort auch damit auseinander gesetzt, warum diese Veränderung
sinnvoll ist. Es ist ganz wichtig, glaube ich, auch zu sagen, warum dies
sinnvoll ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie entstehen
Sucht und Abhängigkeit? Sucht und Abhängigkeit können entstehen, weil das
Bedürfnis nach Steigerung der Erlebnisfähigkeit ein Charakteristikum von
Menschen ist. Um diese Steigerung der Erlebnisfähigkeit zu erlangen, verwenden
manche Menschen Drogen. Diese Betroffenen haben kaum Chancen, sich dem zu
entziehen, da der Drogenkonsum sehr vom Psychischen abhängig ist, und wenn
Drogen längerfristig konsumiert werden, so entsteht in erster Linie psychische
Abhängigkeit.
Diese psychische Abhängigkeit ist jener Punkt, warum
es dann so weit kommt, dass auch körperliche medizinische Ursachen eine weitere
Rolle spielen. Daher ist es absolut notwendig, dass die psychische Versorgung,
aber auch die medizinische Versorgung, die wir im PSD Wien haben, eine ist, die
sich ganz besonders mit Suchterkrankungen, mit Abhängigkeiten beschäftigt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Vergessen Sie auch
nicht: Egal, in welcher Schicht, egal, in welcher Altersgruppe, es kann im
Prinzip jeden und jede treffen, von Sucht und Abhängigkeit betroffen zu werden.
Sie können persönlich betroffen werden, aber man kann auch als Angehöriger
betroffen werden, seien es Eltern oder in irgendeiner Weise Bekannte.
So macht es aber auch einen Unterschied, wie man
dabei vorgeht. Geht man so vor, dass man restriktiv versucht, die Droge oder
auch die Sucht dementsprechend so zu behandeln, dass man sagt, man schaut
darüber hinweg und möchte sie am liebsten nicht haben? - Nein! Unser Ansatz ist
jener, dass man darauf aufmerksam macht, dass es eine Behandlung gibt und dass
diese Eingliederung und Zusammenarbeit insbesondere in einem psychologischen
Kontext stattfinden kann.
Aber, sehr geehrte Damen und Herren, an welche Drogen
denken Sie nun, wenn wir uns über Drogen unterhalten? An welche Drogen denken
Sie? Herr Ebinger, Sie würden sagen: Alkohol? Unter anderem genau das wäre der
richtige Ansatz! Nun würde ich meinen, im Prinzip würde man bei der
Drogenarbeit in Wien über andere Drogen sprechen, aber Herr Mag Ebinger
hat die richtige Antwort: Auch Alkohol ist natürlich die große Droge. (GR
Mag Gerald Ebinger: Ich habe ja gar nichts gesagt!)
Nein, das möchte ich auch gar nicht falsch verstanden
sehen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es im gesellschaftlichen Kontext
so abläuft, dass man, wenn man über Drogen spricht, glaubt, dass das die so
genannten Substanzen sind, die am Markt erhältlich oder nicht erhältlich sind,
legal oder nicht legal, wie es die Kollegin gesagt hat. Aber nein, eine der
Drogen ist natürlich Alkohol!
Es beschreibt auch der Gesundheitsbericht, der uns
jetzt vorliegt, dass Alkoholabhängigkeit jene Todesursache darstellt, die -
2004 und jetzt immer mehr - bei Kindern und Jugendlichen zur häufigsten wird.
Das heißt, das ist ein gesundheitspolitisches Thema, auf das wir aufmerksam
werden müssen, und zwar nicht erst irgendwann, sondern bereits jetzt und auch
in Zukunft. Es wird sich in Zukunft mit unserem Michael Dressel auch der
Drogenberater dafür einsetzen, dass es insbesondere bei Kindern und
Jugendlichen einen Schwerpunkt in Bezug auf Alkohol geben wird: Wie man hier
vorbeugend-präventiv handeln kann, um diese Droge, die leider viel zu sehr
gesellschaftlich akzeptiert wird, wegzubekommen und somit einfach eine
Drogenpolitik zu gestalten, die insbesondere die psychische Gesundheit fördert.
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