Gemeinderat,
10. Sitzung vom 27.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 96
Doch dann wurde das Vindobona
um 1,35 Millionen EUR großzügig umgebaut und erweitert, und der
Erfolg war: Die Kabarettszene hat über die Wettbewerbsverzerrung revoltiert,
und das Vindobona selbst ist jetzt eine Renovierungsruine. Der Umbau wurde
wesentlich teurer als geplant. Der Stadtrat verweigert weitere Gelder, und
jetzt ist sogar der laufende Betrieb gefährdet. Sogar ein Alfred Dorfer muss um
seine Auftrittshonorare bangen.
Auch beim KosmosTheater - nächstes Beispiel - ein
ähnliches Bild: Seit Ostern 2005 gibt es angeblich eine Einigung: Die laufende
Förderung wird erhöht und über vier Jahre zugesichert. Danach kann ein von der
Stadt Wien zu nennender Rechtsträger die Mietrechte gegen eine Ablöse von
500 000 EUR übernehmen. Diese Regelung wurde damals von der Stadt
Wien als positiv und machbar bewertet. Und seither geht in der Sache nichts
weiter. Am 12. Mai hat der Herr Stadtrat bei einer Pressekonferenz zum
Thema Theaterreform wörtlich gesagt: „Mit dem KosmosTheater wurde auf Basis einer
Subventionserhöhung um 120 000 EUR ab der Saison 2006 und 2007 und
einer Vertragsverlängerung bis Herbst 2009 eine öffentliche Ausschreibung der
künstlerischen Leitung ab der Saison 2009/2010 in Aussicht genommen." -
Gespräche, keine Entscheidungen. Mit heutigem Tag hat der Verein, der das
Theater Kosmos trägt, immer noch keine gültige Subventionszusage - die ist
nämlich verkoppelt mit einer Einigung über die Dinge, die ich Ihnen gerade
gesagt habe - für die Zeit ab 1. Juli 2006. Das heißt, das Theater ist
gefährdet, wenn nicht in den nächsten Stunden hier eine Entscheidung erfolgt
beziehungsweise man die alte Einigung endlich realisiert.
Das Ateliertheater - und damit komme ich schon zum Ende
- ist der nächste Fall: Fast ein Dreivierteljahrhundert alt ist diese
Mittelbühne. Sie kündigt an, mit 30. Juni ihre Tätigkeit einzustellen,
weil sie kein Geld bekommen hat. Es liegt ein Subventionsantrag - nach Angaben
der Theaterleitung in Höhe von 60 000 EUR, nach Angaben des
Stadtrates von 40 000 EUR - vor. Und bevor jetzt zugesperrt wird oder
werden muss, geht es laut Mailath-Pokorny darum, dass man jetzt Gespräche
führen muss.
Herr Stadtrat! Intransparenz und Inkompetenz sind die
Merkmale dieser Kulturpolitik. Es ist nun an der Zeit, dass Sie die
Konsequenzen ziehen und zurücktreten! (Beifall
bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei GemeinderätInnen der SPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum
Wort gemeldet ist nun Herr GR Woller. - Bitte sehr.
GR Ernst Woller (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr
geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Es macht tatsächlich Freude, zum Rechnungsabschluss
Kultur zu sprechen. Es macht deshalb Freude, weil der Rechnungsabschluss so
erfreulich ist. Nun, ich bin schon 18 Jahre hier im Haus, und es gibt
immer wieder Schallmauern. Ich kann mich erinnern, vor etwas mehr als zehn
Jahren wurde hier die Schallmauer von 1 Milliarde österreichischen
Schilling für das Kulturbudget durchbrochen. Es war dann einige Jahre später
die Schallmauer von 2 Milliarden österreichischen Schilling für das
Kulturbudget. Wir haben heute mit dem Rechnungsabschluss 2005 wieder eine
Schallmauer, nämlich das erste Mal einen Rechnungsabschluss für die Kultur mit
über 200 Millionen EUR. Das ist höchst erfreulich und darauf können wir
sehr, sehr stolz sein! Das ist ein Erfolg für die Wiener Kultur, und das ist
insbesondere ein Erfolg für den Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny! (Beifall bei der SPÖ.)
Die Zahlen werden natürlich immer unterschiedlich
eingeschätzt, insbesondere von der Opposition. Tatsache ist eines: Der
Rechnungsabschluss 2005 war um 5,5 Prozent höher als der Voranschlag - der
Rechnungsabschluss 2005 ist auch um 3,6 Prozent höher als jener des Jahres
zuvor -, und wir haben, wie gesagt, erstmals mit 205 Millionen EUR
die 200 Millionen-Grenze für die Wiener Kultur übertroffen.
Noch deutlicher wird der Vergleich, wenn wir die Ära
Andreas Mailath-Pokorny insgesamt anschauen. In den Jahren 2001 bis 2005 ist
der Rechnungsabschluss der Stadt Wien von 171 Millionen EUR auf
205 Millionen EUR gestiegen - das ist eine Steigerung von 20 Prozent
-, und der Anteil des Kulturbudgets am Gesamtbudget der Stadt Wien ist von
1,7 Prozent auf 2,12 Prozent gestiegen. Also, wenn man das nicht als
Erfolgsbilanz der letzten fünf Jahre bezeichnen kann, dann weiß ich nicht, was
ein Erfolg ist.
Nun, die Opposition sieht das natürlich immer anders.
Zur Kritik von Herrn GR Schreuder muss man sagen: Wenn du hier sagst, dass es
bei einzelnen Punkten auch ein Minus gibt, dann hängt das hauptsächlich damit
zusammen, dass wir dafür die Gelder woanders finanzieren konnten,
beispielsweise beim Depot-Umbau der Wiener Stadtbibliothek - das wurde an die
MA 34 übergeben, daher gibt es hier nominell ein Minus. Ebenso gibt es bei
den Museen ein Minus, weil durch die Ausgliederung der Museen eine Rücklage
gebildet worden ist, die übrigens heuer schon sehr gut verwendet worden ist.
Herr GR Dr Wolf hat hier gesagt - und ich habe ganz
genau aufgepasst, das ist wirklich das Beste, was ich bisher in Budgetdebatten
und Rechnungsabschlussdebatten gehört habe -, die Kritik am Stadtrat ist, dass
er die Ausgaben überzogen hat. Also, das ist wirklich das Beste, was ich hier
jemals gehört habe!
Herr GR Dr Wolf! Sie sind zwar
erst seit einem Jahr hier, aber eigentlich wäre es auch eine Aufgabe, sich
zumindest gewisse Dinge anzueignen. Mir war schon klar, dass es für einen
Quereinsteiger nicht leicht ist. Mir war schon klar, dass es keine gescheite
Idee von Gio Hahn war, den kompetenten Andreas Salcher gegen den inkompetenten
Dr Wolf auszutauschen. Das ist nämlich ein Verlust für die Wiener Kultur -
sage ich einmal so -, das ist ein Verlust für die Kulturdebatte. Ich glaube
sogar, es ist schlecht für die ÖVP - das könnte mir egal sein -, aber es ist
jedenfalls ein Fehler. Es ist jedenfalls atemberaubend, denn: Herr Dr Wolf, es
ist ein Erfolg, wenn man mehr Geld bekommt von der Stadt Wien! Es
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