Gemeinderat,
10. Sitzung vom 27.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 96
Einschränkung sie leben.
Welche Wohnmöglichkeit haben behinderte Menschen
außerdem in Wien. Es gibt so genannte Wohngemeinschaften für behinderte
Menschen. Nur, was die Stadt unter Wohngemeinschaften versteht, ist für
behinderte Menschen nicht befriedigend.
Wohngemeinschaften im herkömmlichen Sinn zeichnen
sich nämlich dadurch aus, dass ich frei wählen kann, wo und mit wem vor allem
ich gemeinsam leben möchte. Und dass es in diesen Zwangswohngemeinschaften, wie
ich sie nenne, für behinderte Menschen zu vielfältigen Problemen kommt, liegt
auf der Hand. (GRin Erika Stubenvoll:
Frau Kollegin, Schauen Sie sich das doch einmal genauer an!) Ich habe es
mir angesehen und ich habe auch ausführlich mit dem Zentrum für Kompetenzen
darüber geredet. Es existiert eine lange Liste von Beschwerden und es gibt in
diesen so genannten Wohneinrichtungen eine Menge von Problemen.
Nun, es gibt ja bereits innovative Ansätze und ich
möchte mit Ihnen gemeinsam daran arbeiten, Visionen für die Zukunft für
behinderte Menschen in dieser Stadt zu kreieren. Einer dieser innovativen
Ansätze ist zum Beispiel ein Konzept, das von Betroffenen entwickelt wurde. Es
leben fünf behinderte Menschen und fünf nicht behinderte Menschen zusammen mit
einem hauptamtlichen Mitarbeiter und diesen behinderten Menschen ist es
möglich, sich auch die nichtbehinderten Menschen auszusuchen, mit denen sie
gemeinsam leben möchten. Das ist ein erfolgreiches Projekt, das bereits in
Deutschland Einzug gehalten hat, in Österreich ist es dem Fonds Soziales Wien
vorgestellt worden. Was mit diesem Konzept im Fonds passiert, das entzieht sich
leider meiner Kenntnis.
Um die dritte Möglichkeit zu erwähnen, wo behinderte
Menschen in Wien leben können, das sind die eigenen vier Wände, die eigene
Wohnung, in der Sie leben und in der ich auch lebe. Das heißt, indem man frei
wählen kann, wo auch immer es einem gefällt. Leider ist das bisher nur sehr
wenigen Menschen in Wien möglich. Es ist aber diesen 20 Menschen, die in
dem Modellprojekt persönlicher Assistenz berücksichtigt wurden, möglich. Das
ist sehr schön und fein, nur für die anderen, die bereits in Einrichtungen in
Wohngemeinschaften leben, ist das leider nicht möglich, die haben auch keine
Chance, aus diesen Einrichtungen wieder herauszukommen. (GRin Erika
Stubenvoll: Das stimmt überhaupt nicht, denn die Durchlässigkeit wird ja
angestrebt, das ist ja das Ziel, zum selbstständigen Wohnen zu gelangen!)
Bisher haben in diesem Modellprojekt Menschen Eingang
gefunden, die bereits selbstständig leben. Menschen, die in Einrichtungen
leben, wurden in dieses Modellprojekt nicht aufgenommen. (GR Kurt Wagner:
Das heißt ja nicht, dass es nicht schon andere Vereine haben, wir haben 20
Trägerorganisationen!) Was konkret? (GR Kurt Wagner: Zum Beispiel
betreutes Wohnen!) Betreutes Wohnen, das habe ich ja angeführt, das sind
die so genannten Wohngemeinschaften. (GR Kurt Wagner: Da haben Sie Menschen,
die brauchen mehr Betreuung, und das rund um die Uhr!) Ich spreche, Herr
Kollege Wagner, vom selbstbestimmten Wohnen, so wie Sie und ich auch die
Möglichkeit haben zu bestimmen, wo, wie und wann man lebt und vor allem, mit
wem man gemeinsam lebt, das ist ja die wichtige Sache. Das ist selbstbestimmtes
Wohnen, wie wir es als ÖVP verstehen. (Beifall
bei der ÖVP – GRin Erika Stubenvoll: Aber es gibt eine große Zahl Behinderter,
die keine Betreuung haben, die ganz selbstständig leben!)
Gut, liebe Kollegen von
der SPÖ, ich freue mich, in der nächsten Behindertenkommission dann ausführlich
dieses Thema mit Ihnen besprechen zu können und ich werde Ihnen dann auch gerne
das Konzept vorstellen, so wie wir als ÖVP uns selbstständiges Wohnen,
selbstbestimmtes Leben für behinderte Menschen vorstellen. (Beifall bei der
ÖVP)
Also, für alle diese
Einrichtungen, die ich gerade angesprochen habe - und ich bezeichne sie als
solche, weil es keine echten Wohngemeinschaften gibt -, müssten Übergangsplätze
zur Verfügung stehen. Warum Übergangsplätze? Weil auch behinderte Menschen in
dieser Stadt wählen können müssen, wo und mit wem sie leben.
Die Übergangsplätze hätten außerdem das Positive an
sich, dass sich Trägerorganisationen überlegen müssten, sich wirklich effizient
und effektiv nach den Bedürfnissen der behinderten Menschen zu richten und sich
mit den Bedürfnissen der behinderten Menschen auseinander zu setzen. Und ich
denke, das bringt auch eine Verbesserung in Richtung Qualität. Das nützt nicht
nur uns, sondern das nützt auch behinderten Menschen in dieser Stadt. (Beifall bei der ÖVP. – GR Kurt Wagner: Es
gibt viele Organisationen und Möglichkeiten!) Ja, aber es gibt keine Wahlmöglichkeit für behinderte
Menschen. (GR Kurt Wagner: Kennen Sie Jugend am Werk, ÖHTB, die existieren
schon seit vielen Jahren!)
Ja, ich kenne alle diese
Organisationen, Herr Kollege, und ich lade Sie ein, mit mir diese
Organisationen zu besuchen und die betroffenen Menschen, die in diesen
Einrichtungen leben, zu sprechen und zu fragen, ob das so ist, wie Sie hier
vorgeben und ob es wirklich eine Wahlmöglichkeit für behinderte Menschen in
dieser Stadt gibt, was die Wohnsituation betrifft.
Gut, meine sehr geehrten
Damen und Herren, es ist wichtig und richtig, dass für den Sozial- und
Gesundheitsbereich ausreichend Steuermittel eingesetzt werden, denn gerade in
diesem Bereich ist es wichtig. Aber es geht darum, die vorhandenen Mittel
effizienter einzusetzen. Doch leider habe ich hier den Eindruck, dass man Geld
ausgibt, ohne den Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik mit vollzogen zu
haben.
Wir stimmen dem Antrag der
Grünen nach einer Grundsicherung
nicht zu, denn für uns sind einige Details noch offen und deshalb bringen meine
Kolleginnen und Kollegen Dr Matthias Tschirf, Ingrid Korosec,
Dr Aigner einen Beschlussantrag ein mit folgendem Text:
„Der
Gemeinderat der Stadt Wien spricht sich dafür aus, dass die Sozialrichthilfen,
seither auf hohem Niveau, vereinheitlicht werden und eine bundesweite
Harmonisierung der Richtlinien für den Bezug dieser
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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