Gemeinderat,
10. Sitzung vom 26.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 111 von 118
einem Kollegen oder einer Kollegin aus der FPÖ-Fraktion zum Thema Integration und Diversität reden zu sollen. Diese Herausforderung nehme ich immer wieder auf mich, nicht so freiwillig, aber wie auch immer.
Nur zwei Anmerkungen zu den Ausführungen der
F-KollegInnen zum Bereich Integration und Diversität. (GR Johann Herzog: Ich
war nur einer! Das war keine Personenmehrheit! Ich habe allein gesprochen!)
- Nein, auch Ihre Kollegin hat vorher geredet, Ihr Kollege, entschuldigen Sie,
zwei Kollegen von der FPÖ-Fraktion. (GR Johann Herzog: Sie sind die
"KollegInnen" schon so gewohnt, dass Sie gar nicht mehr anders
können!) Ja, wir sind Frauen in der Politik tatsächlich sehr gewohnt!
Der erste Punkt ist, es ist immer wieder sehr
aufschlussreich, wenn freiheitliche Politiker und Politikerinnen sozusagen ihre
Sorge zum Ausdruck bringen, zur Minderheit zu werden. (GR Johann Herzog: Ganz im Gegenteil!) Ich denke mir, dort, wo die
Sorge davor, zur Minderheit zu werden, so groß ist, geht es den Minderheiten
und Minderheitsangehörigen wahrscheinlich nicht so gut, weil sonst hätten
Mehrheitsangehörige nicht so große Angst davor, zur Minderheit zu werden. Das
als erster Punkt.
Der zweite Punkt, was Ihr Kollege vorhin in gewohnter
Manier, also von den freiheitlichen Kollegen gewohnt, wieder einmal gemacht
hat, war, bei der Einwanderungsfrage alles Mögliche und Unmögliche in einen
Topf zu schmeißen und Asylwerber, Familiennachzug, Arbeitsmigration und noch
ein paar Punkte durcheinander zu mischen. Wir sind der Meinung, dass diese Punkte
genau getrennt gehören, weil nicht jede Grenzüberschreitung auch dauerhafte
Einwanderung bedeutet. Nicht nur nationalrechtlich, sondern auch
völkerrechtlich sind Asylwerber und Asylwerberinnen einfach anders zu behandeln
als beispielsweise Arbeitsmigranten und Arbeitsmigrantinnen. Das nur zur
Klärung.
Aber bevor ich zum Integrations- und Diversitätsthema
komme, möchte ich zuerst die drei Anträge meiner Fraktion einbringen, die von
meiner Kollegin Monika Vana angekündigt wurden.
Der erste betrifft Berichte zum Wiener
Gender-Budgeting-Prozess. Wir bringen diesen Antrag ein, weil schöne Worte über
Gender Budgeting unserer Meinung nach zu wenig sind. Wir haben jahrelang einen
Gender-Budgeting-Prozess gefordert und sind auch sehr zufrieden, dass es
endlich zu diesem Prozess gekommen ist. Wir verlangen aber, dass nicht nur
schöne Reden gehalten werden, dass in Wien ein Gender‑Budgeting-Prozess
stattfindet, sondern dass dessen Entwicklungen sowohl im Budgetvoranschlag als
auch im Rechnungsabschluss der Stadt Wien dargestellt werden. Daher stellen
mein Kollege Martin Margulies und ich im Namen unserer Fraktion den Beschluss-
und Resolutionsantrag, der eben dieses Ziel verfolgt.
Gleichzeitig beantragen wir die Zuweisung an den
Gemeinderatsausschuss für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke.
Der zweite Antrag betrifft die Förderung der
Chancengleichheit mittels Wirtschaftsförderung. Ich werde nicht allzu viele
Worte dazu verlieren, weil er inhaltlich schon von meiner Kollegin Monika Vana
ausreichend begründet wurde. Bei diesem Antrag geht es um mehr
Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern, dass Kriterien zur Förderung der
Chancengleichheit von Frauen und Männern in Betrieben stärker berücksichtigt
werden und dass die Wiener Wirtschaftsförderung an diese Kriterien gekoppelt
wird.
Auch bei diesem Antrag beantragen wir die Zuweisung
an den zuständigen Gemeinderatsausschuss.
Der dritte Antrag betrifft die Errichtung einer
dauerhaft finanzierten niederschwelligen Beratungs- und Betreuungseinrichtung
für Sexarbeiterinnen. Es wurde schon angesprochen, dass zwei Equal-Projekte
dazu bis jetzt durchgeführt wurden beziehungsweise noch werden, wovon das eine
Projekt zeitlich befristet ist, weshalb wir der Meinung sind, dass eine auf
Dauer abgesicherte niederschwellige Beratungsstelle für alle Sexarbeiterinnen
in Wien etabliert und finanziert werden sollte.
Auch bei diesem Antrag beantragen wir die Zuweisung
an den zuständigen Gemeinderatsausschuss.
Nun zum Bereich Integration und Diversität: Der
Punkt, wo mein Vorredner von den Freiheitlichen Recht hat, ist, dass sich
zumindest das angekündigte Diversitätskonzept von seiner Vorstellung von
Integration maßgeblich unterscheidet. Auch unter Integrationspolitik verstehen
wir GRÜNE eigentlich nicht eine so genannte Eingliederung in eine
Mehrheitsgesellschaft, womit letztendlich eine Assimilation gemeint ist,
sondern was mit der Wiener Diversitätspolitik geschehen sollte (GR Dr Herbert Madejski: Integrationspolitik
heißt das!), und das wurde zumindest angekündigt, ist die Akzeptanz der
Tatsache, dass moderne Gesellschaften divers sind, also aus unterschiedlichen
Gruppen mit unterschiedlichen Lebensentwürfen bestehen. Genauso wie ein
heterosexueller Lebensentwurf nicht besser ist als ein homosexueller
Lebensentwurf, ist eine andere Muttersprache als Deutsch nicht schlechter oder
minderwertiger als die Muttersprache Deutsch. Von dieser Tatsache geht
Diversitätspolitik aus.
Wir sind der Meinung, dass Diversitätspolitik in Wien
viel konkreter durchgesetzt werden sollte. Das ist auch unsere Kritik an der
Wiener SPÖ, dass sich die Diversitätspolitik bis jetzt hauptsächlich in einer
Ankündigungspolitik erschöpft hat. Nun, wo es seit über eineinhalb Jahren eine
zuständige Magistratsabteilung in Wien dafür gibt, die nun auch mit einer
anderen Magistratsabteilung, die für die Einbürgerung zuständig ist,
zusammengeführt wurde, nach dieser langen Zeit, wo es offiziell sowohl eine
Diversitätspolitik als auch eine Diversitätsabteilung gibt, kann es keine
Ausrede geben, dass es keine konkrete Diversitätspolitik gibt.
Wir finden, es gibt keine klare
Linie in der Diversitätspolitik. Es gibt keine Konzepte. Es gibt keine Ziele. (GR Johann Herzog: Da haben Sie ausnahmsweise
Recht!) Was es gibt, ist ein Sammelsurium von Einzelmaßnahmen, die einzeln
sehr wohl Sinn machen können und auch Sinn machen. In diesem Zusammenhang
erwähne ich zum Beispiel die Sprach- und
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