Gemeinderat,
10. Sitzung vom 26.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 118
Der Umstand, dass Sie um etwa 100 Millionen EUR im abgeschlossenen Jahr weniger investiert haben als im Vergleichszeitraum, stimmt doppelt bedenklich. Das bedeutet erstens natürlich weniger Lebensqualität in dieser Stadt, zweitens bedeutet das aber auch weniger Arbeitsplätze in Wien. Wenn Sie das umrechnen – und jetzt kommen wir zur menschlichen Seite der gesamten Medaille –, dann bedeutet dieser Investitionsfehlbetrag 1 200 Arbeitsplätze weniger in Wien. So viele Arbeitsplätze könnten Sie nämlich mit 100 Millionen EUR an Investitionen schaffen! Und wenn man noch die 120 Millionen EUR aus den Überschüssen, die Sie nicht im Umweltbereich investieren wollen, dazu rechnet, dann könnten Sie zirka 2 500 zusätzliche Arbeitsplätze in dieser Stadt schaffen! Sie machen mit Ihrer Budgetpolitik jedoch genau das Gegenteil, und diese Arbeitsplätze gehen verloren.
Überlegen Sie sich das doch einmal menschlich: Das
würde 2 500 Menschen betreffen, und wenn Sie dann noch die Partner
und die Kinder beziehungsweise die Familien hinzurechnen, dann ist das ein
Kreis von mindestens 10 000 Menschen, denen Sie offenbar ein
redliches Erwerbseinkommen nicht zubilligen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall
bei der ÖVP.)
Angesichts dieser Tatsachen darf ich Sie einladen,
den von uns vorgestellten Umweltinvestitionsplan nochmals zur Hand zu nehmen.
Ich weiß, Sie haben ihn abgelehnt. Aber nehmen Sie heraus, was Sie wollen, denn
es ist höchst an der Zeit, dass Sie ein paar der vernünftigen Ideen übernehmen!
Ich verspreche Ihnen: Wir werden keine Urheberrechtsansprüche stellen und keine
Copyright-Gebühren einheben, wenn es um die Menschen in dieser Stadt geht!
Nutzen Sie diesen Umweltinvestitionsplan, und setzen Sie endlich einmal etwas
um!
Sehr geehrte Damen und Herren! Neben dem
wirtschaftlichen und dem ökologischen Aspekt hat diese nun anrollende
Gebührenwelle, die unaufhaltsam auf uns alle zukommt, auch einen sozialen
Negativaspekt: Die in Wien bestehende Abgabe für Müll und Abwasser ist
rechtlich eine Gebühr, faktisch aber eine Steuer. Ich habe das gerade vorher
erklärt. Eine Gebühr ist dazu da, die Kosten der Verwaltung abzudecken, aber nicht,
um Überschüsse zu erzielen. Dafür sind Steuern da. Und nachdem Überschüsse
erzielt worden sind, ist es rechtlich eine Steuer. Und den Vorwurf, dass hier
Umwegrentabilität betrieben wird, muss sich die sozialdemokratische Regierung
gefallen lassen!
Schauen Sie sich das an: Diese Abgaben werden nicht
sofort eingehoben, sondern um ein Jahr verzögert und für Sie auch noch
praktisch über die Betriebskostenabrechnungen der Häuser. Das ist eine sehr
geschickte Methode, denn die Bürgerinnen und Bürger werden vielleicht glauben,
dass es sich da um irgendwelche Machenschaften der Hausbesitzer handelt, sie
werden aber nicht an erster Stelle an die Erhöhungen der Müll- und
Abwassergebühren denken.
Obwohl Sie aber so geschickt vom Griff ins Geldbörsel
der Wiener ablenken, verursachen Sie den Bürgern dennoch Ausgabenzuwächse und
volkswirtschaftliche Inflation, und zwar in einem Bereich, in dem es, wie heute
schon von einem Kollegen angesprochen wurde, vor allem schlechter Verdienenden
besonders weh tut. Beim Wasser kann man nämlich wirklich schlecht sparen. Es
gibt hygienische Grundbedürfnisse, die Sie hoffentlich auch den schlechter
Verdienenden zubilligen! Und es gibt vor allem auch technisch kaum eine
Möglichkeit, beim Wasser zu sparen, denn es gibt in fast keinem Haus in
Wien – und schon gar nicht in den Gemeindewohnungen! – eine
Einzelzählerabrechnung pro Wohnung. Normalerweise existiert ein Zähler pro
Haus, und die Verteilung der Kosten erfolgt über Nutzwerte oder Quadratmeter
und sicherlich nicht nach dem aktuellen Verbrauch. In Anbetracht dessen
verstehe ich wirklich nicht, warum die SPÖ, die sich in der Vergangenheit immer
als Partei des kleinen Mannes verstanden hat – aber das dürfte nicht mehr
aktuell sein! – ohne soziale Abstufung den Bürgern und Bürgerinnen das
Geld aus der Tasche zieht!
Diese Art und Weise, wie Sie sich hier Körberlgeld
verschaffen, entspricht nicht nur einem Akt gröbster Budgetunwahrheit, sondern
ist auch zutiefst unsozial! Mit dem ständigen Erhöhen im Gebührenbereich des
Umweltressorts hat die absolut regierende SPÖ als soziale Kraft in dieser Stadt
endgültig abgedankt! (Beifall bei der ÖVP.)
Leider verwenden Sie den Umweltbereich zum Abzocken
und nutzen dabei den Nimbus des Wortes Umwelt weidlich aus. Das ist nicht nur
unökologisch, sondern das ist auch unwirtschaftlich. Aber es ist nun einmal
Teil der Kultur der SPÖ, mit Geld nicht zu wirtschaften, sondern es zu
transferieren. Das erleben wir nicht nur im Umweltbereich, sondern das haben
wir auch im sozialdemokratisch dominierten Finanzunternehmen BAWAG bemerkt!
Sparen Sie sich die Kritik und den Aufschrei, wenn wir das feststellen, denn
wir glauben nicht, dass Sie gerne Geld in den Sand setzen, auch wenn es der
schöne Sand der Karibik ist! Jedenfalls werden wir aber das Gefühl nicht los,
sondern es verstärkt sich eher, dass Sie es nicht besser verstehen und dass für
Sie Wirtschaften ein Fremdwort ist und bleibt! (Beifall bei der ÖVP.)
Da nun zwei große Projekte im Umweltbereich anstehen,
nämlich die Errichtung des Biomassekraftwerks und die dritte
Müllverbrennungsanlage, kann ich Sie nur beschwören: Lernen Sie bitte aus den
finanzpolitischen Fehlern der Vergangenheit! Sonst muss ich befürchten, dass
uns in Kürze eine neue Gebührenwelle ins Haus steht. – Der Volkspartei
geht es darum, eine sozial verträgliche, nachhaltige Gebühren- und
Umweltpolitik in dieser Stadt zu garantieren, die in das Konzept der
ökosozialen Marktwirtschaft ernsthaft und wirklich passt. (Beifall bei der
ÖVP.)
Zur Marktwirtschaft gehört aber
auch Föderalismus, und mich hat es doch gewundert, dass der Herr
Vizebürgermeister und Finanzstadtrat den von uns geforderten innerstädtischen
Finanzausgleich nicht ermöglicht. Die Bezirke, und zwar vor allem jene, die nicht
von der SPÖ regiert werden, werden ja förmlich ausgehungert werden,
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