Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 108
Führung eines selbstbestimmten Lebens ist auch die Barrierefreiheit notwendig. Die entsprechenden Maßnahmen, um den Abbau baulicher Barrieren für behinderte Menschen in dieser Stadt zu bewerkstelligen, sind ein erster Schritt, um einen gleichberechtigten Zugang zum öffentlichen Leben zu gewährleisten.
Der Grundsatz der Barrierefreiheit muss Grundlage all
unseres Handelns für behinderte Menschen sein. Ab 1.1.2006 ist bereits das
Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft, wonach alle öffentlich zugänglichen
Neubauten und Generalsanierungen barrierefrei durchgeführt werden müssen. Für
Altbauten gilt eine Übergangsfrist von zehn Jahren.
Barrierefreiheit bedeutet für behinderte Menschen die
uneingeschränkte Nutzung und Nutzbarkeit von Gegenständen und Gebrauchsgütern,
aber auch von Objekten. In diesem Sinne sollen Wohnungen und Gebäude so
errichtet werden, dass sie von allen Personen, auch jenen, die in irgendeiner
Weise auch nur vorübergehend körperlich beeinträchtigt sind, ohne fremde Hilfe
und ohne jegliche Einschränkung genutzt werden können. Durch überlegtes Bauen
lassen sich künstliche Barrieren minimieren, und somit werden die Lebensräume
für alle Menschen so angenehm als möglich gestaltet.
Deshalb bringen die KollegInnen von der SPÖ Erika
Stubenvoll, Herr Mag Ebinger von der FPÖ, Claudia Smolik von den GRÜNEN sowie
Karin Praniess-Kastner und meine Kollegin Ingrid Korosec einen Beschlussantrag
betreffend barrierefreien Zugang zu öffentlichen Gebäuden ein. Dieser
Beschlussantrag lautet:
„Die zuständigen Mitglieder des Stadtsenats werden
aufgefordert, eine Darstellung der barrierefreien Zugänge zu Amtsräumen,
öffentlichen Gebäuden, Kindergärten, Schulen und Pflegeheimen zu veranlassen und
die Ergebnisse der Wiener gemeinderätlichen Behindertenkommission zur Verfügung
zu stellen.
In formeller Hinsicht beantragen wir die Zuweisung
dieses Antrags an die amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für Bildung,
Jugend, Information und Sport, die amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe
für Gesundheit und Soziales und den amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe
für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke schön.
Der Herr Berichterstatter hat auf sein Schlusswort
verzichtet.
Wer für die Post 48 ist, den ersuche ich um ein
Zeichen mit der Hand. – Das ist einstimmig so angenommen.
Der vorliegende Beschluss- und Resolutionsantrag muss
somit auch einstimmig sein.
Darf ich fragen: Ist jemand dagegen? - Danke. Das ist
einstimmig angenommen.
Jetzt habe ich euch ausgetrickst, aber wenn alle
Parteien einen Antrag einbringen, dann kann er ja nur einstimmig sein!
Wir kommen nun zur Dringlichen Anfrage der GRÜNEN,
welche Mag Maria Vassilakou, Susanne Jerusalem, Mag Alev Korun,
Freundinnen und Freunde an den Herrn Bürgermeister gerichtet haben. Diese
Dringliche Anfrage betrifft “Chancengerechtigkeit für Kinder, deren
Muttersprache nicht Deutsch ist“, und es wurde beantragt, dass diese von den
Fragestellern mündlich begründet werde und hierauf eine Debatte über den
Gegenstand stattfinde.
Die GRÜNEN haben auf die Verlesung ihrer Anfrage
verzichtet.
Ich darf nun zur Begründung Frau GRin Mag Vassilakou
ersuchen, ans Rednerpult zu treten. Die Redezeit beträgt 20 Minuten.
GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Herr Vorsitzender!
Verehrte Damen und Herren!
Nun haben wir es schwarz auf weiß: Die PISA-Ergebnisse
betreffend die Sonderauswertung für Kinder mit Migrationshintergrund sind seit
einigen Tagen bekannt und auch veröffentlicht worden. Und wenn man auch nur
einen Beweis dafür braucht, wie die Förderung von Kindern mit
Migrationshintergrund in den Wiener Schulen nicht funktioniert, dann sprechen
diese Ziffern und Daten Bände.
Wir haben das auch schon heute Vormittag klar
erörtert. Ich wiederhole es nur und bitte Sie, sich das auf der Zunge zergehen
zu lassen! – 19 Prozent beziehungsweise 20 Prozent der 15- bis
16-Jährigen mit Migrationshintergrund, das heißt, ein Fünftel aller 15- bis
16-jährigen Kinder mit Migrationshintergrund in Wiens Schulen, haben so
schlechte Lesefähigkeiten und eine derart schlechte Lesekompetenz, dass sie
kaum verstehen können, was sie gerade lesen.
Schlimmer noch: Es macht kaum einen Unterschied, ob
man später nach Wien zugewandert ist und daher sozusagen erst im Rahmen einer
schulischen Laufbahn die deutsche Sprache erlernen musste oder ob man in Wien
geboren und aufgewachsen ist. Es gibt da also keinen Unterschied zwischen der
ersten und der zweiten Generation.
Meine Damen und Herren! Diese Daten sind hoch
alarmierend! Spätestens jetzt müssen wir uns daher dringend zusammensetzen und
überlegen, was denn zu tun ist, damit wir hier endlich weiterkommen!
Aber das ist noch nicht alles: Wir haben in den
letzten Tagen schon mehrfach darüber diskutiert, dass der Anteil der
außerordentlichen SchülerInnen, sprich, derjenigen Kinder, die dem Unterricht
nicht folgen können, zunimmt. Wir haben mehrfach an dieser Stelle darüber
diskutiert, dass der Semilinguismus vor allem für Kinder mit
Migrationshintergrund ein sehr großes Problem ist. – Unter Semilinguismus
ist zu verstehen, dass diese Kinder letztlich zum Teil weder die deutsche
Sprache noch ihre eigene Muttersprache beherrschen. Hier muss mit der
Sprachenförderung sehr, sehr früh angesetzt werden, damit dieses Problem
beseitigt werden kann.
Wir haben mehrfach an dieser Stelle erörtert, dass es
nach wie vor Tatsache ist, dass ein sehr kleiner Teil von Kindern aus
Migrantenfamilien in den AHS zu finden sind, dass sie dafür aber
überproportional in Hauptschulen und Sonderschulen vertreten sind.
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