Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 108
Staatsbürgerschaft für jene, die unsere Gesetze nicht
lesen können - wie sollen sie sie befolgen? -, und Rückführung aller
Kriminellen, die haben bei uns nichts zu suchen. Schließlich im Gegensatz zu
Herrn Akagündüz: Österreich zuerst! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Korun. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Alev Korun (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Kollege Jung! Wenn man schon aus Interviews und
Zeitungen zitiert, dann sollte man das fairerweise auch korrekt tun. Herr
Akagündüz, der Nationalteamspieler, hat nicht gesagt: „Ich bin zuerst
Türke" - schauen Sie im "Standard" nach -, er hat gesagt: „Ich
bin 50 Prozent Türke, 50 Prozent Österreicher, und zu
100 Prozent bin ich Moslem." (GR Mag Wolfgang Jung: Das hat er
auch gesagt! Das sagt er später!) Ferner hat er auch gesagt: „Das sollte
kein Widerspruch sein." Und das ist auch kein Widerspruch! (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich stehe
heute da als eine, die aus einem so genannten anderen Kulturkreis, aus
Kleinasien, eingewandert ist, eine, die angeblich eine integrationsunwillige
Moslemin ist. Denn ich habe die so genannte Moslemstudie, die Frau
Innenministerin Prokop präsentiert hat, sehr wohl ernst genommen und mir auch
angeschaut.
Dann habe ich überlegt: Im
Wiener Gemeinderat sitzen meines Wissens zumindest vier Personen, die aus
moslemischen Familien kommen. Wenn die Rechnung der Frau Innenministerin
aufgeht, dass fast 50 Prozent der Muslime in Österreich angeblich integrationsunwillig
sind, dann müssten zumindest zwei von uns hier im Gemeinderat
integrationsunwillig sein. Ich habe mir gedacht, ich nehme das gerne auf meine
Kappe und laufe sozusagen als integrationsunwillige Muslimin herum. Denn unsere
Innenministerin sollten ja alle Staatsbürger und Staatsbürgerinnen, die wir
sind, und auch alle Menschen, die in Österreich leben, ernst nehmen.
Die ÖVP hat heute angeblich ein Konzept gegen die
Sprachlosigkeit präsentiert. Ich möchte ein Konzept gegen die Schamlosigkeit
der ÖVP präsentieren. Es ist nämlich schamlos, auf dem Rücken einer religiösen
Minderheit Politik machen zu wollen und Stimmen akquirieren zu wollen.
Die so genannte Integrationsstudie der
Innenministerin - nein, nicht die Studie, aber die Interpretation der Frau
Innenministerin bezeichnet zum Beispiel so genannte wertkonservativ-religiöse
Menschen als integrationsunwillig. Na gut, aber wenn wir das wieder ernst
nehmen - wofür ich wirklich bin -, dann müsste man wahrscheinlich mindestens
die Hälfte der ÖVP-Wähler- und -Wählerinnenschaft als integrationsunwillig
bezeichnen.
Nachdem die Frau Innenministerin gesagt hat: „Wer
integrationsunwillig ist, hat bei uns nichts zu suchen", frage ich mich,
ob sie demnächst einen Gesetzesantrag in den Nationalrat einbringen wird, in
dem sie die Ausbürgerung dieser so genannten integrationsunwilligen
Menschen beantragen wird. (GR Dr Wolfgang Aigner: Das ist ein Skandal!
Unglaublich! - Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Frechheit! - GR Dr Wolfgang
Aigner: Wir sind schon hier!) Es ist eine Frechheit, Menschen nach ihrer
Religion pauschal zu verunglimpfen. Und das hat die Frau Innenministerin
gemacht! (Beifall bei den GRÜNEN. - Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich war auch bei der Pressekonferenz, in der diese so
genannte Integrationsstudie präsentiert wurde, und habe das selber live
miterlebt. Die Frau Innenministerin hat zum Beispiel zum Punkt
Integrationswilligkeit die Gleichbehandlung und Gleichheit der Geschlechter
angesprochen, wobei ich mich ihr voll und ganz anschließe. Natürlich gehört es
zum Allgemeingut in Österreich - hoffentlich! -, das von allen Menschen hier
geteilt wird, dass die Geschlechter gleich sind.
Aber dann frage ich mich, warum der Herr Gemahl der
Innenministerin vor zirka einem Jahr mit dem Spruch für Furore gesorgt hat:
„Die Frauen gehören in die Kuchl, und aus!" Das war jetzt ein
wortwörtliches Zitat. Da muss ich die ÖVP und die Frau Innenministerin wieder
fragen: Ist ihr Mann vielleicht nicht integrationswillig genug? (Heiterkeit
und Beifall bei den GRÜNEN.) Oder hat er hier vielleicht nichts zu suchen,
wenn er den allgemeinen gesellschaftlichen Konsens in Österreich in Frage
stellt und sagt: „Die Frauen gehören in die Kuchl, und aus"? (GR Mag
Harald STEFAN: Ist er ein Moslem? - Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Wenn ein Österreicher so argumentiert und wenn
Menschen, die integrationsunwillig sind, hier bei uns nichts zu suchen haben,
dann lege ich der Frau Innenministerin nahe, einmal ein ernstes Wort mit ihrem
Herrn Gemahl zu sprechen. Und für sie als Politikerin stellt sich natürlich,
wie gesagt, die Frage, ob sie nicht sozusagen für den Landesverweis von
integrationsunwilligen Menschen ist, weil sie das ja auch sonst fordert.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollte eigentlich
noch sehr viel bringen, aber die Zeit wird knapp. Um die Absurdität und auch
die Unstimmigkeit der ÖVP-Forderung, Schüler und Schülerinnen in Wien sozusagen
durch die halbe Stadt zu kutschieren, zu belegen, möchte ich ein Zitat aus der
APA vorlesen, datiert mit 16.2.2000. Da sagt der damalige Schulsprecher der
Wiener ÖVP, Walter Strobl - Zitat (StR Dr Johannes Hahn: Die 5 Minuten
sind vorbei!) -: „Aber dass Kinder zwischen den Bezirken hin und her
chauffiert werden, kommt nicht in Frage. Rudolph hält mit seinen Aussagen das
Ausländerproblem am Köcheln", sagt Strobl damals über den FPÖ-Gemeinderat.
„Rudolph hält mit seinen Aussagen das Ausländerproblem am Köcheln. Besonders
wichtig wäre die verstärkte vorschulische Sprachbildung im Kindergarten unter
Einbeziehung der Mütter." (GR Dr Matthias Tschirf: Gibt es eigentlich
eine Redezeit?)
Das ist Ihre Politik! Ihr
Koalitionspartner auf Bundesebene hat offensichtlich große Arbeit geleistet,
was Ihre Umfärbung in Richtung Hetze und Rassismus betrifft, und das ist
eigentlich sehr, sehr traurig. (GR Dr Matthias Tschirf: Es ist traurig, was
Sie sagen!) Sie sollten
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