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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 24.01.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 73 von 89

 

Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!

 

Ich bitte um Zustimmung zu den Poststücken.

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Die Debatte ist eröffnet.

 

Ich bitte Frau GRin Mag Korun ans Rednerpult.

 

GRin Mag Alev Korun (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Bei den zwei Poststücken geht es um das wichtige Thema Deutsch- und Alphabetisierungskurse in Wien. Es ist hier kein Geheimnis, dass die Wiener GRÜNEN immer für Deutsch- und Alphabetisierungskurse waren, solange und soweit sie freiwillig sind und es keinen Zwang zum Besuch dieser Deutschkurse gibt. Die Wiener SPÖ hat bis jetzt diese Linie zumindest offiziell vertreten oder auch medial vertreten, und sie hat wie die GRÜNEN gesagt: Der Spracherwerb sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern funktioniert nur, wenn er freiwillig erfolgt. Wir sehen nun die Tendenz, dass von dieser Linie abgegangen wird, weshalb ich mich zu Wort gemeldet habe.

 

Bei den zwei Geschäftstücken Post 20 und Post 21 geht es um ganz unterschiedliche Summen. Bei Post 20 handelt es sich um die Kurse aus der Sprachoffensive, die bis jetzt freiwillige Kurse beinhaltet hat. Wir sehen in dem, was in den letzten Monaten passiert ist - auch mit den Einrichtungen der NGOs, die Deutsch- und Alphabetisierungskurse anbieten -, eine Entwicklung, einen Trend in Richtung Zwang, sodass man als Stadt Wien davon abrückt, NGOs zu unterstützen und zu fördern, die freiwillige Deutsch- und Alphabetisierungskurse anbieten, teilweise mit dem Argument: Na ja, es gäbe jetzt Integrationsvereinbarungen, die die Leute nun einmal zu erfüllen haben, zumindest die Neuzuwanderer, und man solle ihnen quasi unter die Arme greifen.

 

Unserer Meinung nach ist das nicht ein Unter-die-Arme-Greifen, weil man bei diesem Zwang, der von der Bundesregierung eingeführt wurde und der von der Wiener SPÖ bis jetzt auch abgelehnt wurde, mitmacht und weil man in diesen Zwang nicht nur die Betroffenen - die sind sozusagen von diesem Zwang wegen der Bundesregierung sowieso betroffen -, sondern auch die Kurseinrichtungen, die NGOs und die MigrantInnenvereine mit einbezieht und denen sagt (GR Godwin Schuster: Was meinen Sie daraus schließen zu können?): Wenn ihr nicht diese BMI-Zertifizierung macht, wenn ihr dem nicht zustimmt, dass ihr die Zwangs-Deutschkurse auch anbieten könnt, und wenn ihr das nicht tut, dann werden die Kurse, die ihr anbietet, nicht gefördert. (GR Godwin Schuster: Wer sagt das?)

 

Das sagen einige NGOs, mit denen wir gesprochen haben. Ein konkreter Fall ist der Verein "Peregrina", der im Jahr 2005 acht Kurse gefördert bekommen hat und bis zum heutigen Tag für 2006 nur fünf Kurse gefördert bekommen soll. Der Verein "Peregrina" sagt, es wurde von der Stadt Wien auch immer gesagt: Zwang ist kein Weg, eine Sprache zu erlernen, Zwang ist kein Weg, Alphabetisierung zu schaffen (GR Godwin Schuster: Ja!), und deshalb sei die Stadt Wien auch dagegen.

 

Nun haben aber die Vereine - und es geht nicht nur um den Verein "Peregrina", es geht beispielsweise auch um den Verein "Orient Express" - aufgrund der Förderrichtlinien und der Gespräche in den letzten Monaten, wahrscheinlich im letzten halben Jahr, den Alphabetisierungskurs, den sie dort seit Jahren immer wieder gemacht haben, nicht mehr gefördert bekommen. "Orient Express" hat den Deutschkurs auch nicht gefördert bekommen und bietet derzeit keine von der Stadt Wien geförderten Deutsch- und/oder Alphabetisierungskurse an.

 

Wir finden, das kann nicht der Weg sein. Es kann nicht sein, dass die Stadt Wien offiziell und öffentlich propagiert: „Zwang ist kein Weg, um eine Sprache zu erlernen, wir sind für Angebote und wir sorgen für diese Angebote", und selbst geht man bei den Deutschkursen im Rahmen der Sprachoffensive, die bis jetzt völlig freiwillig besucht wurden und die auch bei den Betroffenen sehr gut angekommen sind - die waren sehr gut besucht -, in eine Richtung, von der ich nicht sagen möchte, dass es ein nur sanfter Zwang ist. Denn es ist kein sanfter Zwang, wenn man den Einrichtungen sagt: Ihr bekommt weniger Förderung, wenn ihr euch weigert, die so genannten Integrationskurse, also die Zwangs-Deutschkurse, anzubieten.

 

Ein zweiter Punkt des aktuellen Trends ist, dass die Kurse tendenziell aus den Händen der NGOs genommen werden. Das wird im Antrag zur Post 20 damit argumentiert, dass man auf die Zusammenarbeit mit dem Verband Wiener Volksbildung verweist, sodass die Volkshochschulen sozusagen die Organisation von Deutsch- und Alphabetisierungskursen übernehmen.

 

In konkreten Fällen schaut das mitunter so aus, dass Angehörige oder Vorstandsmitglieder von Migrantenvereinen, die bis jetzt Deutschkurse angeboten haben, von SP-Bezirksräten erfahren, dass die Kurse, die sie gemacht haben, nun von der Volkshochschule fortgeführt werden und dass die Lehrer und Lehrerinnen von der Volkshochschule übernommen werden. Wir denken, das kann nicht ernst gemeint sein, dass man im Antrag schriftlich von einer konstruktiven Zusammenarbeit redet und dass man sagt, man nimmt den Vereinen die Organisationsarbeit ab, erleichtert ihre Arbeit, aber faktisch wandert die Verantwortung für diese Deutschkurse immer mehr oder tendenziell immer mehr von den Vereinen Richtung Volkshochschulen.

 

Vierter Punkt: Der Gutschein in der Post 20, der sehr gelobt wird. Dabei geht es darum, dass die Stadt Wien sich auch an den Kosten von Kursen beteiligt, die zur so genannten Integrationsvereinbarung Verdonnerte besuchen müssen. Dieser Gutschein ist nur 12 Monate nach dessen Ausstellung gültig – das steht auch in dem Akt so drinnen –, und das erinnert uns sehr an die Bestimmung, dass die so genannte Integrationsvereinbarung ja auch in einer gewissen Frist absolviert werden muss. Wenn das nicht der Fall ist, entfällt, wie die meisten von Ihnen wahrscheinlich wissen, die Kostenbeteiligung des Bundes. Und wir fragen uns, warum dieser Gutschein auf bloß 12 Monate beschränkt wird, wenn die Stadt Wien

 

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