Gemeinderat,
58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 104
Meine Damen und Herren! Es ist hier schon viel gesagt worden über die hausinterne Problematik, die die Stadt Wien hat, etwa die zu großen Betreuungsgruppen, die zu geringe Zahl von Betreuerinnen, das Problem - das es in anderen Dienstleistungsbereichen auch gibt - der instabilen Betreuungsverhältnisse, der Springerinnen und Springer, weil man eben versucht, auch ökonomisch zu maximieren, und vielleicht nicht immer nur das Wohl der Kinder im Auge hat. Also ganz so "superst", Herr Kollege Wutzlhofer, ist es wahrlich nicht - und ich formuliere das bewusst grammatikalisch falsch!
Eines vielleicht noch zum Abschluss: Die Forderung
nach einem kostenlosen Kindergartenjahr wurde hier von der Wiener FPÖ die
gesamte Legislaturperiode hindurch vertreten. Sie sind diesem Wunsch nicht
nachgekommen. Vielleicht nehmen Sie sich jetzt einmal dieses Themas primär an,
bevor Sie hier beginnen, mit Kindern Experimente machen zu wollen, die mir,
wenn sie in sozialistischer Hand sind, wahrlich gesellschaftspolitisch
gefährlich und bedenklich erscheinen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Herbert Madejski:
Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Schmalenberg. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Heidrun Schmalenberg (Bündnis Zukunft Wien - die Stadtpartei):
Sehr geehrte Damen und Herren!
"Bildung von Anfang an - eine gesellschaftliche
Herausforderung": Für mich wäre es eine bildungspolitische Herausforderung
gewesen, einmal den Titel so zu wählen, dass ihn auch jeder versteht. Denn Sie
hätten vielleicht schreiben sollen: "Geschlechtergerechtigkeit,
Wahlfreiheit und ÖVP", oder irgendetwas Ähnliches, weil der Titel nicht
mit dem übereinstimmt, was sie gebracht haben.
Wie auch immer, Gott sei Dank ist es so, dass Menschen
von Anfang an selbst lernen. Sie lernen zu leben und zu überleben von Geburt an
und auch schon davor. Die Natur hat es so eingerichtet und nicht wir, nicht ein
System, nicht eine Partei. Was wir tun können, ist, diejenigen zu unterstützen,
die den jungen Erdenbürgern das Leben geschenkt haben, nämlich die Familien,
und den Lernprozess zu unterstützen. Was Sie davon halten, Familien zu
unterstützen, haben Sie deutlich gezeigt, indem Sie das
Familienförderungsgesetz, das wir vom Bündnis Zukunft eingebracht haben,
abgelehnt haben.
Gerade in den ersten drei Lebensjahren - und das ist
von Experten festgestellt - lernen die Kinder am besten von ihren Eltern und
sind sie am besten bei ihren Eltern aufgehoben. Sie lernen Geborgenheit, sie
lernen durch Nachahmen von Mutter und Vater.
Was Kollege Wutzlhofer zur Wahlfreiheit gesagt hat,
finde ich der Würde dieses Hauses wirklich nicht entsprechend. Ich würde doch
verlangen, dass er dafür einen Ordnungsruf erhält. (Beifall beim BZW sowie
von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Ab dem dritten Lebensjahr ist der Besuch eines
Kindergartens gut und förderlich. Ich werde aber hier nicht über die
Strukturmängel der Kinderbetreuung in Wien sprechen. Der Kindergarten sollte
eine Stätte sein, wo man das Kind nicht einfach abgibt, sondern ein Ort, wo es
spielerisch lernen lernt, spielerisch soziale Fähigkeiten entwickeln soll.
Integration und der Erwerb der deutschen Sprache
könnten im Kindergarten spielerisch erfolgen. Bei einer Aktuellen Stunde erst
vor kurzer Zeit habe ich über dieses Thema gesprochen; ich habe Spott und Hohn
als Zwischenrufe von der SPÖ erhalten. Anscheinend haben Sie aber zu diesem
Thema schon ein bisschen umgedacht.
Gerade der Erwerb der Unterrichtssprache ist wichtig
dafür, dass bei Schuleintritt alle Kinder die gleichen Chancen haben. Die Frau
Stadträtin hat einen Arbeitskreis angekündigt, der sich mit dem Spracherwerb im
Kindergarten hätte beschäftigen sollen, bis jetzt hat aber keine Sitzung eines
solchen Arbeitskreises stattgefunden.
Über den Lehrermangel in den Volksschulen möchte ich
nicht sprechen, genauso wenig wie über die desolaten Schulgebäude. Was man aber
feststellen muss, ist, dass nirgendwo das Versagen der sozialdemokratischen
Bildungspolitik so deutlich festgemacht werden kann wie im Bereich der Wiener
Pflichtschulen.
Die Ergebnisse der PISA-Studie haben wir in diesem
Haus ausführlich diskutiert. Verantwortlich dafür ist die Wiener SPÖ. (GR
Mag Thomas Reindl: Frau Kollegin, machen Sie sich nicht lächerlich, bitte!)
Eine Ursache für das schlechte Abschneiden ist nicht zuletzt der hohe Anteil
von Kindern, die die Unterrichtssprache nicht beherrschen. (GR Mag Thomas
Reindl: Ist ja unerhört!) 80 Prozent und mehr Kinder mit nichtdeutscher
Muttersprache in den Volkschulen in Wien, das ist ein Grund, warum wir so
schlechte Ergebnisse haben.
Ein weiterer Grund ist, dass noch immer - und immer
mehr - Kinder Angst vor der Schule haben. Wir haben zwar eine Herabsenkung des Bildungsniveaus,
trotzdem haben aber immer mehr Kinder Angst vor der Schule. Irgendetwas stimmt
also nicht mit der sozialistischen Bildungspolitik. (GR Mag Thomas Reindl:
Wir haben auch Angst vor dem BZÖ!)
Wir haben steigende Gewaltbereitschaft in den Wiener
Schulen. Das Benehmen der Kinder wird immer schlechter, und das ist gerade für
die Lehrerinnen und Lehrer ganz besonders schwierig. Es ist aber auch schlecht
für die Kinder auf ihrem weiteren Lebensweg.
Deshalb haben wir vom Bündnis Zukunft Wien eine
Elternschule gefordert, einen Antrag eingebracht für eine Elternschule nach dem
Modell der Stadt Hamm in Deutschland, ein Modell, das niederschwellig
funktioniert und auf einem Erziehungskonsens aller mit Kindern und Jugendlichen
beschäftigten Einrichtungen und Institutionen beruht. Aber die SPÖ, Frau StRin
Laska, hat das abgelehnt mit der Begründung, dass es in Wien schon alles gibt
und dass alles wunderbar funktioniert. Wenn alles so wunderbar funktioniert,
dann frage ich Sie, warum die Gewaltbereitschaft in Wiener Schulen so stark
steigend ist, warum Vandalismus so stark steigend ist und warum wir so
schlechte Ergebnisse bei der PISA-Studie haben.
Wir brauchen in Wien einen
Erziehungskonsens, wir
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