Gemeinderat,
58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 104
Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Warum der
sozialdemokratische Klub diesen Antrag abgelehnt hat, kann ich Ihnen leicht
erzählen. (Zwischenruf von GR
Christian Oxonitsch.) Es ist ja überhaupt keine Frage, wenn man
diesen Grundsatz, den ich jetzt auch hier formuliert habe und den meine
politischen Freunde kennen, akzeptiert, dann ist dazu jeder
Gemeinderatsbeschluss, der den Bürgermeister in einer bestimmten Hinsicht an
ein bestimmtes international organisiertes Unternehmen bindet, absurd.
Ich kann Ihnen im gegenständlichen Fall dazu sagen,
dass ich mich selbst einsetzen werde und all jene, die dazu auch rechtsbefugt
sind, wie beispielsweise die AVZ oder andere, dass sie, falls es notwendig sein
sollte, diesen Bank-der-Regionen-Vertrag auch entsprechend verteidigen und
schützen. Und ich sage es noch einmal, eine Arbeitsplatzgarantie gebe ich nicht
ab, habe ich nicht abgegeben und kann ich auch gar nicht abgeben. Darin stimmen
wir ja auch überein. Ich verstehe es daher voll und ganz, dass hier die
sozialdemokratischen Vertreter das abgelehnt haben.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke, Herr Bürgermeister. - Die nächste Zusatzfrage
stellt Herr Dipl Ing Margulies. - Bitte.
GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Herr Bürgermeister!
Das ist eine relativ einfache Zusatzfrage,
insbesondere deshalb, weil Sie zuvor erwähnt haben, dass die Bank Austria eine
Bank wie jede andere ist - wenngleich ich davon ausgehe, dass die Stadt Wien
nicht jeder anderen Bank eine Verpflichtungserklärung, eine Haftungserklärung
über 31,5 Milliarden EUR geben würde. Das ist in etwa das Dreifache
des gesamten Wiener Budgets.
Da aber die Bank Austria jetzt eine Bank wie jede andere
ist, möchte ich Sie einfach Folgendes fragen: Wenn ich zu einer Bank gehe und
sage, macht eine Haftungserklärung für mich, dann zahle ich dort ja eine
gewisse Provision, je nachdem, wie hoch die Summe ist, ein bisschen mehr oder
ein bisschen weniger. Wie hoch ist die Summe der Erträge daraus, dass die Stadt
Wien eine Haftungserklärung für die Bank Austria und die AVZ-Stiftung abgegeben
hat, die nach dem Stand Ende 2004 in einer Größenordnung von 31,5 Milliarden EUR
– 450 Milliarden ATS - liegt? Wie hoch sind die laufenden Erträge, die der
Stadt Wien aus der eigentlich für eine ganz normale Bank abgegebenen
Verpflichtung zugute kommen?
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Gemeinderat!
Diese Frage kann eigentlich nicht Ihrem Wissensstand
entsprechen, das halte ich für absurd. Sie wissen ganz genau, woraus die
Haftung für die Stadt Wien entstanden ist und noch immer besteht. Es war die
alte Konstruktion der Zentralsparkasse, wobei die Stadt Wien eine Haftung
gegenüber der AVZ gehabt hat - und zwar eine Insolvenzhaftung, um es genauer zu
sagen -, die sich wesentlich unterscheidet von Haftungen, wie es sie zum
Beispiel in Deutschland gibt, wo das Land Nordrhein-Westfalen ja Bankhaftungen
gehabt hat, die bereits auf Verlustabdeckungen hingegangen sind.
Bei uns hat es eine Insolvenzhaftung gegeben, und mit
der Umwandlung der AVZ in eine Stiftung ist ganz klar, dass es nur mehr jene
Haftungen gibt, die bis zu diesem Zeitpunkt der Umwandlung in eine Stiftung
angefallen sind. Diese Verpflichtung ist eine abschmelzende, und zwar eine sehr
rasch abschmelzende Verpflichtung, die sich bei der Umwandlung, bei dem
Loslöseprozess der Bank Austria aus ihrer Vergangenheit entsprechend ergeben
hat.
Das hat einen gewissen Vorteil natürlich auch für
uns, und der Lohn, wenn man so sagen kann, ist zweifelsohne der, dass wir dann
die Konstruktion gefunden haben, dass es nicht in das Budget der Stadt Wien
eingeht, sondern dass die normale Bedienung über die AVZ in den Wissenschafts-
und Technologiefonds geht, der nach wie vor - entgegen anders lautenden
öffentlichen Meldungen - selbstverständlich ordnungsgemäß dotiert wird und die
Arbeit für den Wissenschafts- und Technologieförderungsfonds entsprechend
ermöglicht; sehr er-folgreich, wie ich meinen würde. (GR Dipl Ing Martin
Margulies: Aber für das Budget ist es null!)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke. - Da ich übersehen habe, dass Kollege Barnet
bereits nach der Beantwortung eine erste Zusatzfrage gehabt hätte, hat er jetzt
das Recht, zwei Fragen hintereinander zu stellen.
Ich bitte um die erste Zusatzfrage.
GR Günther Barnet (Bündnis
Zukunft Wien - die Stadtpartei): Herr Bürgermeister!
Wir brauchen jetzt nicht mehr Höflichkeiten
auszutauschen, den "Guten Morgen"-Gruß haben wir erfolgreich
absolviert.
Ich gebe Ihnen Recht, wenn es darum geht zu sagen,
dass ein Verhältnis zwischen Politik und Banken nicht mehr bestehen sollte und
dass die Politik die Arbeitsplätze nicht so garantieren kann. Das ist schon
klar.
Aber wenn man sich die Gestion der Bank Austria, die
Sie angesprochen haben, im Vertrag der Regionen ansieht, hat die in zwei Jahren
einen Überschuss von 4,6 Milliarden EUR erzielt und soll jetzt trotzdem
zumindest in Österreich bis zu 700 und in Summe mit den im Osten Beschäftigten
bis zu 3 000 Personen an Beschäftigten abbauen. Das ist natürlich
schwer verständlich, dass eine Bank, die 4,6 Milliarden EUR
Überschuss in zwei Jahren erzielt und davon 263 Millionen in einem Jahr an
die HVB abliefert, weitere Mitarbeiter - 700 in Österreich, überwiegend in Wien
- abbauen soll. Es ist natürlich wirklich schwer nachvollziehbar, wenn man das
bei Gewinnen macht.
Ich frage Sie aber in diesem Zusammenhang etwas, weil ja
Sie wieder den Bezug zur Politik hergestellt haben, indem Sie sich nicht nur in
diesem Interview zum Hüter der Verträge gemacht haben, sondern auch gesagt
haben: Wer diesen Vertrag nicht einhält, den klagen wir. Das ist ein Interview
von Ihnen, wiedergegeben in der "Wiener Zeitung", die dafür bekannt
ist, dass sie nichts
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